Endlich wieder Racing!

Von Alexander Maack
Sebastian Vettel übertrumpfte in Deutschland einmal mehr die Leistungen der Konkurrenten
© getty

Auch in der Formel-1-Saison 2013 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Maack nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 9: Deutschland-GP.

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Verflixt! Kein Reifenskandal am Nürburgring. Das ist doch langweilig... Okay, Scherz beiseite. Der Deutschland-GP bot endlich wieder Rennsport ohne mühsame Diskussionen um extreme Beeinflussung des Renngeschehens durch Gummi. Die Reifen machten genau das, was sie sollten: Halten und verschiedene Strategien ermöglichen.

Deutschland-GP: Das Ergebnis im Überblick

Mit seiner Fahrt an der Spitze war Sebastian Vettel im Rennen unschlagbar. Das gilt auch für das Driver-Ranking. Dahinter beginnen aber schon die Verschiebungen, weil die Teams den Fahrern teilweise das Leben schwer machten.

Die Wertung für den Deutschland-GP:

Platz 1, Sebastian Vettel: Einen besseren Rennverlauf für den Premierensieg auf heimischem Boden kann es nicht geben. Nach einem starken Qualifying zog Vettel schon am Start seinen Plan durch und fuhr dann dauerhaft am Limit, um den Lotus-Verfolgern keine Überholchance zu bieten.

Problemlos führte Vettel das boxenstoppbereinigte Klassement dauerhaft an und ließ sich auch nicht von den neuerlichen technischen Problemen beeindrucken. Als sein KERS überhitzte und ausfiel, blieb der Heppenheimer weiter auf dem Gas und verteidigte sich erfolgreich.

Das große Loch im eigenen Lebenslauf mit dem ersten Heimsieg gestopft, zum ersten Mal in der F1-Karriere im Juli gewonnen, der einzige deutsche Sieger auf dem Ring neben den Schumacher-Brüdern, der erste deutsche GP-Sieger in der Heimat seit Schumi 2006, der erste Sieg in Europa seit fast 22 Monaten. Eine bessere Gelegenheit, um Negativserien zu beenden, muss erst geschaffen werden!

Platz 2, Mark Webber: In Le Mans starten die Fahrer fliegend. Eigentlich dachte die ganze Formel-1-Gemeinde, das sei ein Vorteil für den Australier. Am Nürburgring strafte er seine Kritik Lügen und legte den besten Start im ganzen Feld hin. Webber überholte nicht nur Polesetter Lewis Hamilton, er wäre fast auch an Teamkollege Sebastian Vettel vorbeigezogen.

Am tragischen Boxenstoppunfall und der Verletzung des Kameramanns durch seinen Hinterreifen ist der 36-Jährige vollkommen unschuldig. Es war der Fehler des Teams, ohne den Webber wohl einen Podestplatz eingefahren hätte. So blieb ihm nur eine Aufholjagd, bei der er von der Safety-Car-Phase profitierte, sich zurückrundete und danach mit starker Leistung noch auf Platz sieben vorstieß.

Platz 3, Kimi Räikkönen: Ohne Boxenfunk, dafür mit einer sehenswerten Leistung: In Deutschland profitierten beide Lotus-Piloten, weil ihr Auto im Qualifying endlich durch den Mercedes-Fehler in Q2 und Ferraris Zeitenjagd-Verzicht wieder für Reihe zwei gut war. Der Iceman schaffte es jedoch nicht, seine Reifen für die entscheidende Runde in Q3 richtig auf Temperatur zu bringen und liegt deshalb hinter Webber.

Trotzdem legte Räikkönen fahrerisch die bessere Performance auf den Asphalt als sein Teamkollege. Der Finne wurde im zweiten Stint rundenlang von den Silberpfeilen aufgehalten, der Wechsel auf die weichen Slicks kam ein, zwei Runden zu spät - der Zeitverlust geht also auf die Kappe des Teams. Räikkönen hätte Vettel sonst noch stärker bedrängen können. Ob es aber für ein Überholmanöver und den Sieg gereicht hätte, bleibt unklar. Den verspielte Lotus schon beim ersten Boxenstopp.

Platz 4, Romain Grosjean: Hop oder top ist auch 2013 das Motto des 27-jährigen Franzosen. Drei Ausfällen und dem punktlosen Rennen in Kanada stehen zwei dritte Plätze gegenüber. In der Eifel zeigte Grosjean aber wieder, warum er in den Nachwuchsklassen immer wieder Meister wurde.

Der Lotus-Pilot verfügt über extremen Grundspeed, ist aber oft nicht in der Lage, sein Material so zu schonen, wie der erfahrenere Teamkollege Räikkönen. Auf dem Nürburgring passte der aggressivere Fahrstil aber zu den Bedingungen, Grosjean leistete sich keine Fehler und fuhr so berechtigt vorne mit. Ohne die Safety-Car-Phase wäre ihm wohl Platz zwei sicher gewesen.

Platz 5, Lewis Hamilton: Es ist traurig, dass Mercedes immer ins Schwitzen kommt, sobald die Temperaturen steigen. Der Fehler scheint irgendwo in der grundlegenden DNA des Autos zu liegen, sonst wäre er bei einer derart hochprofessionellen Truppe aus Weltmeistern schon längst abgestellt. Für dieses Jahr bedeutet das wohl: Die Silberpfeile kämpfen bei niedrigen Temperaturen um den Sieg und fallen bei hohen aus der Spitzengruppe raus.

Für die Fahrer ist das demotivierend. Hamilton machte aber das Beste daraus, war in der Quali auf der Höhe und holte die Pole. Nach einem mäßigen Start fightete sich Hamilton wieder nach vorne, als die Temperaturen nach der SC-Phase fielen. Er war im letzten Stint schneller als Vettel, das Überholmanöver auf der Außenspur gegen Jenson Button in der Schlussrunde war zudem mehr als sehenswert.

Platz 6, Fernando Alonso: Am Sonntag lief eigentlich alles für Alonso. Trotz Start auf den härteren Medium-Slicks und der Safety-Car-Phase verpasste der Asturier aber den Sprung aufs Podest. Warum er so früh zum ersten Stopp kam, ist ein Rätsel. Die langlebigeren Reifen hätten wesentlich besser halten müssen, was beim Blick auf Romain Grosjean deutlich wird, der die soften Pirelli erst eine Runde später wechselte.

Schon im Qualifying hatte Alonso keine optimale Vorstellung geliefert und konnte Teamkollege Felipe Massa nicht hinter sich lassen. Wäre das Safety-Car nicht rausgefahren, hätte Alonso keine Chance gehabt, um das Podest zu fahren. Deswegen kommt er in dieser Woche nicht an den Top-Piloten vorbei.

Platz 7, Nico Hülkenberg: Der Emmericher war einmal mehr stärker als sein Auto. Im Gegensatz zu Alonso zog er keinen Vorteil aus der SC-Phase. Hülkenberg hatte sich zuvor gerade neue Reifen besorgt und verlor dadurch im Vergleich Zeit. Bei den noch zwei nötigen Stopps fiel er jeweils auf Platz 16 zurück.

Allerdings gelang Hülkenberg das, woran Räikkönen gegen Vettel scheiterte. In den letzten zehn Runden machte er sechs Plätze gut - vier in den ersten vier Runden. Teamkollege Esteban Gutierrez konnte dagegen abermals nicht mithalten. Hülkenberg fährt auf Topniveau und hat deshalb zurecht das Interesse von Lotus erregt, die schon Sondierungsgespräche für ein Engagement in der nächsten Saison aufgenommen haben.

Platz 8, Jenson Button: Was für Hülkenberg gilt, trifft auch auf Button zu. Der Brite hatte vor der Unterbrechung durch das Safety-Car gerade die Reifen gewechselt. Mit seiner Zwei-Stopp-Strategie wäre Platz fünf auf jeden Fall drin gewesen. Schon im Qualifying zeigte Button eine starke Leistung, als er seinen problematischen McLaren in Q3 brachte.

Dass Lewis Hamilton seinen früheren Teamkollegen am Sonntag in der letzten Runde so einfach überholte, wirft ein paar Fragen auf. Wegen der 13 Runden alten weichen Reifen gebe ich Button hierfür aber nur kleine Abzüge.

Platz 9, Pastor Maldonado: Der wohl größte Streitpunkt in diesem Driver-Ranking. Pastor Maldonado bekommt erstmals in der Saison Punkte. Dabei wurde er nur 15. Der Venezolaner machte aber in der Eifel einen exzellenten Job in seinem unterlegenen Auto. Im Qualifying schied er wegen Problemen mit der Benzinpumpe schon in Q1 aus.

Erst im Rennen drehte Maldonado auf und deklassierte Teamkollege Valtteri Bottas. Beide waren auf derselben Strategie unterwegs, der Barcelona-2012-Sieger fuhr jedoch zwischenzeitlich auf Platz acht, während Bottas um Position 15 kämpfte. Beim letzten Boxenstopp streikte bei Maldonado leider der Schlagschrauber. Er fiel auf Platz 16 zurück und verpasste so die Chance, gegen Nico Hülkenberg um den letzten WM-Zähler zu kämpfen.

Platz 10, Sergio Perez: Der Mexikaner konnte im Qualifying nicht mit dem eigenen Teamkollegen mithalten, profitierte aber in den ersten Runden von den weichen Reifen und überholte die Konkurrenten, die auf Medium-Slicks unterwegs waren.

Seine Rennpace war etwas besser als die von Button, obwohl beide mit einer Zwei-Stopp-Strategie unterwegs waren. Allerdings ist der Vorteil im Rennen nicht so groß, dass er die wesentlich schlechtere Vorstellung im Qualifying wettmachen würde.

Härtefall, Jules Bianchi: Eigentlich hätte der Franzose einen Mitleidspunkt verdient. Am Freitag kam er nur auf zehn Runden, weil er zuerst Pay-Testfahrer Rodolfo Gonzalez Platz machen musste und wegen Magen-Darm-Problemen sowieso angeschlagen war. Trotz der fehlenden Eingewöhnungszeit auf dem Nürburgring und trotz des etwas größeren Potenzials von Caterham hätte sich Bianchi am Samstag fast vor Charles Pic qualifiziert.

Als er im Rennen gerade Giedo van der Garde überholt hatte, löste sich sein Cosworth-Motor in Rauch und Flammen auf. Die anschließende Slapstickeinlage, als das Auto führerlos über die Strecke rollte, müsste eine ernsthafte Sicherheitsdiskussion nach sich ziehen, warum die Streckenposten nicht den Gang rausnehmen.

Meine Punkte für das Nürburgring-Wochenende:

Der Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM