Das Feuer brennt nicht mehr

Mark Webber hat als F1-Rentner künftig mehr Zeit zum Fahrradfahren - ohne Jessica Michibata
© getty

Nach zwölf Jahren geht die Formel-1-Karriere von Mark Webber zu Ende. Der Australier galt lange als künftiger Weltmeister, doch als er bei Red Bull endlich das dazu passende Auto bekam, reichte es dank Sebastian Vettel nicht zum ersehnten Erfolg. Beim Großen Preis von Brasilien will sich Webber nun standesgemäß verabschieden. Einen geschenkten Sieg wird es aber nicht geben.

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"Ich bin sehr stolz auf das, was ich erreicht habe. Ich habe nie gedacht, dass ich das schaffen würde, als ich Queanbeyan in Australien verlassen habe", sagt Webber, der als Schuljunge noch mitten in der Nacht aufstand, um die Rennen in Europa zu sehen.

Der 37-Jährige galt lange als künftiger Weltmeister. Er gewann 2006 die Lorenzo-Bandini-Trophäe für den herausragenden Fahrer der vergangenen Saison, die zuvor schon die späteren Titelträger Jacques Villeneuve, Jenson Button, Kimi Räikkönen und Fernando Alonso erhalten hatten und die später auch an Sebastian Vettel und Lewis Hamilton überreicht wurde.

Erfolge blieben trotz zahlreicher Teamwechsel in der Formel 1 jedoch die Ausnahme. Erst enttäuschte Jaguar, dann konnte Williams die hochgesteckten Ziele nicht erfüllen. Schon nach zwei Jahren beim Traditionsrennstall kehrte Webber 2007 nach Milton Keynes zurück und schloss sich seinem alten Team an, das mittlerweile Red Bull Racing hieß.

"Adrian Newey ist wahrscheinlich einer der wichtigsten Gründe, warum ich weitergemacht habe. Eines seiner Autos zu fahren ist unheimlich bereichernd", sagt Webber heute über den Technischen Direktor, mit dem er vier Konstrukteursweltmeisterschaften in Folge holte.

Erster Sieg auf dem Nürburgring

Sein eigener Durchbruch gelang Webber allerdings erst 2009. Als 32-Jähriger gewann Webber in Deutschland seinen ersten Grand Prix, obwohl er sich nur wenige Monate zuvor den Fuß gebrochen hatte. "Das war mein Tag. Mit einer Durchfahrtsstrafe noch zu gewinnen, ist ziemlich einmalig", erinnert er sich an den Triumph auf dem Nürburgring, bei dem er direkt nach dem Start mit Lewis Hamilton und Rubens Barrichello aneinandergeraten war: "Mein Renningenieur hat mich beruhigt und ich habe so hart gepusht, wie ich konnte."

Später folgte jedoch Frustration, weil er sein Erfolgsrezept durch die Regeländerungen nicht wieder auspacken konnte: "Ich konnte ja nicht ahnen, was der Wechsel von Bridgestone zu Pirelli bedeuten würde." Mit den Japanern hatte er 2010 noch bis zum letzten Rennen um den Titel gekämpft. Danach konnte Webber mit den italienischen Slicks auf Dauer nicht mehr mit Weltmeister Vettel mithalten.

"Seb ist einfach phänomenal, ein richtig harter Brocken", sagt der Australier mittlerweile. Er hat seinen Frieden geschlossen mit dem Teamkollegen, der ihn durch seine Fähigkeiten zur Nummer zwei degradierte und mit dem er unter anderem 2007 in der Türkei und bei der Multi-21-Affäre zu Beginn der laufenden Saison in Malaysia aneinandergeriet.

Dass es zu den teaminternen Reibereien kam, überrascht spätestens nach einem Blick auf die Jugend der beiden Fahrer kaum. Während der Deutsche durch die jahrelange Förderung von BMW und Red Bull unbeschwert in die Königsklasse aufstieg, hatte Webber immer wieder Probleme und lernte, bis zum letzten Moment zu kämpfen.

Gutes Aussehen als Startschuss für die Karriere

"Mark hatte damals kaum gute Resultate, deshalb habe ich ihn in ein Fotostudio geschleppt und seine Karriere mit Hilfe seines guten Aussehens lanciert", erklärte seine Lebensgefährtin und Managerin Ann Neale. Nach dem Umzug nach Großbritannien stand er mehrmals vor dem Aus. "Wir hatten schon früh in der Saison Probleme mit dem Budget", sagt der Australier über sein Formel-3-Jahr 1997. Letztlich überwies ihm ein Rugby-Mitspieler seines Vaters 50.000 Dollar und sicherte die nächsten Rennen, bis Norbert Haug ihn nach Testfahrten für das FIA-GT-Programm unter Vertrag nahm.

Aus Rennfahrersicht war die Zeit im Sportwagen ein großer Fortschritt. "Die Autos waren bombensicher, also habe ich einige Meilen mit Mercedes abgerissen. Ich habe in der Zeit viel gelernt, vor allem von Bernd Schneider, der wie ein großer Bruder für mich war", erklärt Webber: "Er hat mir viel über das Setup beigebracht und mir als Fahrer den Feinschliff verpasst."

Bernd Schneider im Interview: "Ich hatte keine 300.000 Dollar"

Vielleicht wäre Webber nie in die Formel 1 gekommen, wenn weiter alles reibungslos vorangeschritten wäre. Nach zwei Überschlägen bei den 24 Stunden von Le Mans 1999 wollte er jedoch keine Sportwagen mehr fahren. Im Jahr darauf wurde er auf Anhieb Dritter in der Formel 3000, was ihm den Testfahrerjob bei Flavio Briatores Benetton-Team brachte.

"Ich habe das Auto nicht respektiert"

"Er beharrte darauf, dass ich neben den Tests auch Rennen fahre, also unterschrieb ich bei Super Nova", erinnert sich Webber, der in der Formel 3000 nicht über den zweiten Platz hinauskam: "Ich habe das Auto nicht respektiert. Ich habe das Fahren nicht genossen und bin andauernd in den Hochgeschwindigkeitskurven gecrasht, weil ich erwartet hatte, dass das Auto mehr Grip hat."

Die Entscheidung seines neuen Managers war trotzdem richtig. Webber bekam seinen ersten F1-Vertrag 2002 bei Minardi von dem Teamchef, für den er auch im Vorjahr fuhr: Paul Stoddart. Schon bei seinem Debüt in Melbourne überraschte er.

Faustdicke Überraschung beim ersten Grand Prix

Webber nutzte eine Massenkarambolage, bei der acht Fahrer ausschieden, und brachte seinen PS02 auf Platz fünf ins Ziel. Es waren Minardis erste WM-Punkte nach einer dreijährigen Durststrecke. Seine Teamkollegen Alex Yoong und Anthony Davidson hatten keine Chance. Webber startete in 17 Rennen 17 Mal vor ihnen. Nach seinem Wechsel zu Jaguar qualifizierte er sich in Ungarn und Brasilien sogar als Dritter, obwohl das Auto keinesfalls siegfähig war.

Besonders zum Autodromo Jose Carlos Pace hat der Australier seitdem eine besondere Beziehung entwickelt. "Es ist eins meiner Lieblingsrennen", sagt Webber, der 2009 und 2011 dort gewann, wo seine Formel-1-Karriere nun ihr Ende findet.

"Es wäre großartig für ihn, das letzte Rennen zu gewinnen. Was wäre das für eine Art auszusteigen", träumte Teamchef Christian Horner nach dem Großen Preis der USA. Allerdings gewann in Austin zum achten Mal in Folge und zum zwölften Mal in der Saison 2013 Teamkollege Vettel. Nur ein Sieg mehr gelang Michael Schumacher im Jahr 2004. "Sebastian will auch diesen Rekord ansteuern", weiß Horner.

"Ich habe mein Bestes gegeben"

Dass sein Teamkollege ihm den zehnten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere nicht zum Abschied schenken wird, ist für Webber vor seinem 215. F1-Rennen kein Problem mehr. "Ich habe getan, was ich kann und mein Bestes gegeben. Aber wenn der Punkt kommt, an dem man realisiert, dass es nicht mehr so ist, wie es einmal war...", dachte der begeisterte Mountainbiker Webber zuletzt offen über seinen Abschied nach.

BlogVettel und die Erfolge: Der Preis der Dominanz

Stattdessen will er mit Porsche seine LeMans-Rechnung begleichen. Die Formel 1 verliert dabei allerdings ihr kritisches und ebenso sympathisches Aushängeschild. "Die Serie hat sich in den vergangenen paar Jahren verändert. Der Spaßfaktor ist da, aber es ist nicht mehr wie bei Jaguar oder als ich bei Red Bull angefangen habe", erklärt Webber: "Etwas wäre falsch, wenn ich enttäuscht wäre aufzuhören, weil es einen Grund für meine Entscheidung gibt. Letzten Endes brennt das Feuer nicht mehr wie früher."

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