Der Lonesome Rider ist zurück

Von Alexander Maack
Sebastian Vettel fuhr beim Wüsten-GP in Bahrain einen vollkommen ungefährdeten Sieg heraus
© getty

Auch in der Formel-1-Saison 2013 bewertet SPOX-Redakteur Alexander Maack nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 4: Bahrain-GP.

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Als ich am Donnerstag meinem Chef verkündete, dass ich beim Großen Preis von Bahrain auf einen Sieg von Sebastian Vettel tippte, antwortete er mit einem ungläubigen Blick. Die Vorzeichen stimmten aber: harte Reifen, passende Streckencharakteristik, Änderungen bei Red Bull. Am Sonntag setzte der Weltmeister aus Heppenheim bei seinem Soloritt die guten Vorzeichen perfekt um. Auto, Reifen und fahrerische Leistung passten zusammen.

Dagegen enttäuschte Mercedes-Pilot Nico Rosberg. Von der Pole-Position gestartet, konnte er gerade so den neunten Platz ins Ziel retten. Der Mercedes-Pilot verspielte mit seiner Aggressivität sämtlichen Kredit aus dem Qualifying. Im Driver-Ranking geht er deshalb leer aus.

Meine Wertung für den Bahrain-GP:

Platz 1, Sebastian Vettel: Wenn ein Red Bull vorne fährt, ist er kaum zu schlagen. Das altbekannte Vorurteil bestätigte der Heppenheimer in Sakhir. Den Grundstein legte er aber selbst: Die Übersicht und das Geschick in der Startphase waren eindrucksvoll. Vettel nutzte das KERS zum Überholen an Stellen, wo die Konkurrenz offenbar nicht damit rechnete.

Somit hatte er schon nach drei Runden die Führung inne, obwohl er beim Start von Rosberg noch blockiert wurde und deshalb kurzzeitig hinter Fernando Alonso zurückfiel. Anschließend setzte sich der 25-Jährige schnell vom Feld ab und fuhr das Rennen danach als Lonesome Rider fast mühelos nach Hause.

Betrachtet man Rosbergs Pole als Ergebnis einer zu sehr aufs Qualifying ausgelegten Abstimmung, wäre Startplatz eins für Vettel sicher gewesen. Durch die Dominanz im Rennen und die starke Startphase kann es in Bahrain keinen anderen Sieger geben als den aktuellen Weltmeister.

Der Bericht zum Rennen: Vettels Triumphfahrt in der Wüste

Platz 2, Romain Grosjean: Für den Franzosen war der dritte Rang in Sakhir der erste Podestplatz seit dem Ungarn-GP 2012. Zwölf Rennen musste der 27-Jährige warten und kassierte dafür und für seine Crashorgien nach dem Start berechtigte Kritik. Mittlerweile zeigt sich ein anderer Grosjean.

Der Franzose ist abgeklärt in den ersten Runden und konstant im Rennen. Der Ritt von Startplatz elf auf Platz drei hat mich mehr beeindruckt als die Leistung seines Lotus-Teamkollegen Kimi Räikkönen. Der Grund: Grosjean liegen die Pirelli-Reifen eigentlich nicht. Sein Fahrstil ist zu aggressiv. Lediglich im Qualifying muss er zulegen. Aber das ist das generelle Problem seines Teams.

Platz 3, Paul di Resta: Der Schotte profitierte zum zweiten Mal in Folge von seinem Force India, der auf High-Speed-Strecken fast immer gut zurechtkommt. Die vielen Geraden in Sakhir liegen dem Team. Schon im Vorjahr hatte di Resta das Feld kurzzeitig angeführt, wurde aber "nur" Sechster.

2013 sammelte er drei weitere Runden an der Spitze des Feldes und bestätigte damit den starken Eindruck des gesamten Wochenendes. Di Resta hatte seinen Teamkollegen Adrian Sutil mit Ausnahme des 3. Trainings im Griff. Er leistete sich keinen echten Fehler und teilte sich die Reifen so ein, dass er mit zwei Boxenstopps auskam.

Platz 4, Kimi Räikkönen: Der Finne bleibt der Schwabe der Formel 1: Reifen sparen kann Räikkönen aktuell wie kaum ein anderer. Seine Intelligenz beweist er im Rennen ein ums andere Mal, indem er Duellen aus dem Weg geht, die ihm schaden könnten. Deshalb fährt er dauerhaft höchsteffizient.

Damit der Iceman aber zum ernsten Titelanwärter in der Fahrer-WM wird, muss Lotus im Qualifying endlich Pace zulegen. Die Gefahr, von einem wenig umsichtigen Konkurrenten am Start herausgeschossen zu werden, ist in der vierten oder fünften Reihe einfach zu hoch.

Platz 5, Fernando Alonso: Der Spanier war der Pechvogel des Rennens. Er kam schnell an Rosberg vorbei, übernahm somit Platz zwei und wurde dennoch nur Achter. Bei seinem 200. Rennstart verweigerte das DRS den Dienst.

Wer stoppt Vettel? Jetzt mit dem GP-Rechner die Saison durchspielen

Alonso fuhr insgesamt fehlerlos und schnell weiter, sein zusätzlicher Stopp kostete ihn einen sicher geglaubten Podestplatz. Durch den Nachteil des stärkeren Luftwiderstands konnte Alonso kaum Akzente setzen. So reicht es in Bahrain nur zum fünften Rang im Driver-Ranking.

Platz 6, Lewis Hamilton: Der Mercedes-Pilot erweist sich als kontantester Punktesammler bei der Fahrerbewertung. Als einziger Pilot hat er bei allen vier Grands Prix Punkte gesammelt. Hamilton beweist konstant seine Klasse, obwohl der Mercedes im Rennen noch nicht auf der Höhe ist.

Auf dem Bahrain International Circuit arbeitete sich der 28-jährige Brite stetig nach vorne, ohne dabei seine Reifen zu überlasten. Als die Asphalttemperaturen gegen Mitte des Rennens sanken, bekam Hamilton seinen W04 endgültig in den Griff und legte sukzessive zu. Auch wenn er weiter hinten startete, war er an diesem Wochenende eindeutig der bessere Mercedes-Pilot.

Platz 7, Sergio Perez: Im vierten Saisonrennen zeigte der Mexikaner endlich, dass er nicht nur wegen der Petrodollars von Carlos Slim bei McLaren mitfahren darf. Er hielt stark gegen den eigenen Teamkollegen Jenson Button durch und ließ den Weltmeister von 2009 schließlich hinter sich.

Die Aktionen waren hart an der Grenze des sportlichen Limits. Bei der leichten Kollision in Runde 30 hätte Perez sich und seinem Teamkollegen fast das Rennen kaputt gemacht. Deshalb bekommt der 23-Jährige leichte Punkabzüge, sichert aber dennoch seine ersten sechs Saisonpunkte.

Platz 8, Nico Hülkenberg: Aktuell hat sich der Emmericher keinen Gefallen mit seinem Abschied bei Force India getan. War Sauber im vergangenen Jahr noch ein potenzieller Siegkandidat, fährt das Team 2013 bisher deutlich hinterher.

Hülkenberg trifft daran aber keine Schuld. Er dominiert seinen unerfahrenen Teamkollegen Esteban Gutierrez und fährt dauerhaft um Punkte mit. In Bahrain sprang erstmals nichts Zählbares heraus. Trotzdem holte Hülkenberg das Maximum aus dem Sauber heraus und verdiente sich damit vier Punkte.

Platz 9, Adrian Sutil: Wie viel für den 30-Jährigen in Sakhir möglich gewesen wäre, zeigt ein Blick auf die Tabelle der schnellsten Rennrunden. Sutil steht dort als Zweiter direkt hinter Vettel. Nach seinen Führungsrunden in Australien scheint den Starnberger aktuell lediglich das Glück verlassen zu haben.

In Malaysia und China fiel er unverschuldet aus. Nun folgte der dritte Nuller in Folge, weil Felipe Massa beim Start den Reifen des Force India aufschlitzte. Andernfalls hätte Sutil um den Sprung aufs Podest gekämpft, da bin ich mir sicher.

Platz 10, Charles Pic: Der 23-jährige Franzose holt seinen insgesamt dritten Punkt im Driver-Ranking, den ersten in dieser Saison. Durch Gutierrez' Strafversetzung konnte Pic mit Startplatz 18 so weit vorn ins Rennen gehen, wie nie zuvor.

In Bahrain fuhr der Caterham den drei übrigen Hinterbänklern davon und behielt sogar Sauber-Pilot Gutierrez bis zur Ziellinie hinter sich. Auf seinen eigenen Teamkollegen Giedo van der Garde erarbeitete sich Pic über 140 Sekunden Vorsprung. Zur Verdeutlichung: Der Franzose überrundete den Niederländer im gleichen Auto.

Härtefall, Nico Rosberg: So groß der Jubel über die Pole-Position noch am Samstag war, so gefrustet war der Wiesbadener nach dem Rennen. Der prestigeträchtige erste Platz in der Startaufstellung entpuppte sich als Luftnummer, weil Rosberg am Sonntag nicht mit den Reifen zurechtkam. Die Schuld dafür ist auch bei ihm zu suchen.

Hamilton schonte die Slicks und verbesserte sich so deutlich. Entweder Rosbergs Setup-Änderung während der Quali wirkte sich negativ aus oder er verbrauchte durch zu viel Einsatz bei den unzähligen Zweikämpfen sämtliche Reserven der Slicks. Weil das Rennen die Grundlage für die Bewertung der fahrerischen Leistung ist, reicht es damit nicht mal zu einem Punkt.

Meine Punkte für das Sakhir-Wochenende:

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM