Formel 1 - Kommentar zum Abu-Dhabi-GP: Klare Regeln sind mit Rennleiter Michael Masi nicht mehr möglich

Von Christian Guinin
Max Verstappen geht in der letzten Runde des Abu-Dhabi-GPs an Lewis Hamilton vorbei.
© imago images

Am Ende der wohl spannendsten und besten Formel-1-Saison aller Zeiten rückt die Rennleitung mit ihren Entscheidungen einmal mehr in den unrühmlichen Fokus der Diskussionen. Anstatt dem verdienten Sieger Max Verstappen und seinem epischen Duell mit Lewis Hamilton den gebührenden Tribut zu zollen, wird nach dem Abu-Dhabi-GP eine Protest-Schlacht mit ungewissem Ausgang ausgetragen. Das muss Konsequenzen nach sich ziehen, vor allem für Rennleiter Michael Masi. Ein Kommentar.

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Als hätte Michael Masi schon geahnt, dass das Finale der F1-Saison in Abu-Dhabi nicht ganz sauber über die Bühne gehen würde, schickte der Rennleiter Anfang vergangener Woche eine Warnung an die beiden WM-Kontrahenten Max Verstappen und Lewis Hamilton.

Ein Punktabzug sei schon immer "eine der zur Verfügung stehenden Strafen" gewesen, warnte Masi beide Piloten da und bezog sich dabei auf die Vorkommnisse beim Großen Preis von Saudi-Arabien am vorausgegangenen Wochenende. Dort waren Verstappen und Hamilton gleich mehrmals aneinandergeraten, wobei der Niederländer für seine Vergehen (folgerichtig) zwei Zeitstrafen aufgebrummt bekam.

"Die Kommissare können auf eine ganze Reihe verschiedener Strafen zurückgreifen. Eine Sache, die wir uns vor Augen halten müssen, ist, dass es nun einmal das letzte Rennen der Saison ist. Eine Gridstrafe für das nächste Rennen würde für den Fahrer nichts bedeuten. Auf der Basis müssen wir uns das anschauen", stellte Masi auch ein Durchgreifen im weiterreichenden Nachgang des Rennens auf dem Yas Marina Circuit in Aussicht.

Damit sollte er Recht behalten. Doch nicht wegen irgendwelcher mehr oder minder fairen Aktionen der beiden Fahrer wird die Gültigkeit des Rennergebnisses heiß diskutiert, die Rennleitung selbst ist durch eine Verkettung fragwürdiger Entscheidungen am Ende des Abu-Dhabi-GPs ein weiteres Mal in den unrühmlichen Fokus geraten. Damit setzt sich das überforderte und hilflose Bild, welches man im Laufe der 21er-Saison unzählige Male abgab, leider auch beim großen Finale fort.

Vettel kritisiert Rennleitung: "Ergibt keinen Sinn"

Dabei sind nicht einmal die Entscheidungen an sich der große Kritikpunkt. Vielmehr fehlt der Rennleitung um Masi in vielen Fällen die Verhältnismäßigkeit in verschiedensten Situationen. Hinzu kommt, dass man in Abu Dhabi sein eigens aufgestelltes Reglement schlichtweg nicht kannte oder aber zu inkonsequent anwandte.

So durfte sich beispielweise nur ein Teil des überrundeten Feldes (die fünf Fahrer, die zwischen Hamilton und Verstappen lagen) zurückrunden, obwohl die Regeln klar besagen, dass ausnahmslos jeder Pilot die Chance dazu bekommen muss. "Das war komisch. Normal ist es immer erlaubt [sich zurückzurunden]. Das sind die Regeln", übte Sebastian Vettel als Außenstehender Kritik. "Es ergibt auch keinen Sinn, dass wir dann in der Reihenfolge bleiben. Wir hätten das schon viel früher machen sollen."

Auch die Tatsache, dass das Safety Car in der selben Runde des "Zurückrundens" zurück in Boxengasse abbog, sorgte für Irritationen. Laut Reglement muss das sortierte Feld nämlich eine weitere komplette Runde hinter dem SC fahren, ehe dies die Strecke verlassen darf. Der von Mercedes diesbezüglich eingelegte Protest sowie Wunsch, das Rennen mit Abschluss der vorletzten Runde zu werten, ist deshalb nicht nur verständlich, er ist auch aus regeltechnischer Sicht völlig korrekt.

Mercedes legt Berufung gegen Entscheidung der Rennleitung ein

Anstatt sich nach einem derart irren Finish von Emotionalität tragen lassen zu können, herrschte noch Stunden nach Rennende Ungewissheit. Erst spät am Abend schmetterte die Rennleitung den Mercedes-Protest in allen Punkten ab und kürte Verstappen zum endgültigen Weltmeister. Zwar gab man an, Artikel 48.12 (die nicht gemäße Zurückrundung der überrundeten Fahrzeuge) "nicht komplett" umgesetzt zu haben, dies werde durch Artikel 48.13 (das Hereinholen des Safety Cars nach Ankündigung) aber "überschrieben". Verhältnismäßigkeit oder Kontinuität? Fehlanzeige!

Ob das Thema damit nun vom Tisch ist? Selbstverständlich nicht. Unmittelbar im Anschluss an die Entscheidung kündigte Mercedes an, gegen das Urteil vor einem Sportgericht in Berufung gehen zu wollen. Ob dies letztlich von Erfolg gekrönt ist, bleibt abzuwarten, das mehr als beschädigte Image der Rennleitung ist - unabhängig vom letztendlichen Ausgang - aber nicht mehr zu retten.

Dafür trägt Michael Masi als höchster Entscheidungsträger die Hauptverantwortung. Schon jetzt gibt es eine Vielzahl an Stimmen, die seine Abberufung fordern. Aufgrund der Fülle an fragwürdigen Entscheidungen, die die Rennleitung 2021 traf, ist das nun alternativlos. Auch, um im neuen Jahr einen frischen Start mit klaren Regeln wagen zu können. Das wäre mit Masi spätestens jetzt nicht mehr möglich.

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