Formel 1 - Erkenntnisse zum Türkei-GP: Die Nummer-2-Fahrer erfüllen ihre Rollen mit Bravour

Von Christian Guinin
Auf Sergio Perez (l.) und Valtteri Bottas (r.) könnte es im WM-Schlussspurt ankommen.
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F1-Erkenntnis: Hamilton kann trotz P5 nicht zufrieden sein

Unter schwierigen Bedingungen von P11 startend auf den fünften Platz nach vorne gefahren und den Punkteverlust auf den WM-Konkurrenten relativ niedrig gehalten. Lewis Hamiltons Nachmittag in Istanbul hört sich auf den ersten Blick gar nicht so schlecht an. Berücksichtigt man aber die äußeren Umstände, kann der siebenmalige Weltmeister trotz der betriebenen "Schadensbegrenzung" nicht zufrieden sein.

Schon beim Wetter schienen höhere Mächte gegen den Mercedes-Piloten arbeiten zu wollen. In den Freien Trainings am Freitag (im Trockenen) waren die Silberpfeile das mit Abstand schnellste Auto im Feld. Red Bull und Verstappen fehlten teilweise eine halbe Sekunde pro Runde.

Im Regen sah die Sache anders aus: Zwar hatte Mercedes nach wie vor das schnellste Gesamtpaket, das bewies ein souverän abliefernder Valtteri Bottas, der Vorsprung auf die Österreicher war aber deutlich geringer. Auch stellte sich das Überholen im Feld für Hamilton als deutlich komplizierter heraus.

Hinzu kamen strategische Differenzen zwischen Hamilton und dem Team, die er nach dem Grand Prix an die Öffentlichkeit trug. Auf die Frage, ob er das Gefühl habe, mit seinem Satz Intermediates vom Start bis ins Ziel durchfahren zu können, antwortete er: "Na ja, ich habe gehört, dass Ocon durchgefahren ist. Deshalb würde ich mal sagen, dass sie wahrscheinlich hätten halten können." Schon während des Rennens hatte der Brite die Entscheidungen seines Rennstalls lautstark kritisiert. "Wir hätten nicht reinkommen sollen! Ich habe es euch gesagt!", fluchte er über Funk.

Hintergrund: Bis in die 50. der 58 Rennrunden im Istanbul Park hatte es so ausgesehen, als könne Hamilton Dritter oder zumindest Vierter werden. Dann aber beorderte seine Crew ihn in der 51. Runde zum Reifenwechsel an die Box. Man tauschte die gebrauchten Intermediates auf frische Intermediates. Eine Entscheidung, die Hamilton nicht gefiel: In seinen Augen hätte man das Rennen auch ohne Boxenstopp (bei nassen Bedingungen nicht verpflichtend) über die Runden bringen zu können.

Lewis Hamilton war mit der Entscheidung seines Teams nicht zufrieden.
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Lewis Hamilton war mit der Entscheidung seines Teams nicht zufrieden.

Mit konservativerer Strategie hat Hamilton Siegchancen

"Es ist natürlich im Auto ganz schwer zu verstehen, wie die Situation ist", versuchte Mercedes-Teamchef Toto Wolff bei ServusTV die Kanten zu glätten. "Er wollte erst draußen bleiben. Da waren wir aber eineinhalb Sekunden langsamer als der Rest, mit Gefahr auf mehr. Denn Leclerc ist plötzlich ganz langsam gefahren." Dennoch verteidigte Wolff die Entscheidung. "Wir haben gegambelt auf eine entweder auftrocknende Bahn, oder aber das bis zum Ende auszuhalten. Dann aber war's so langsam, dass wir die Position verteidigen mussten, auch gegen Gasly."

Hamilton brachte es letztlich nichts. Das Risiko zahlte sich nicht aus. Anstatt eines durchaus möglichen Mercedes-Doppelsieges wurde der siebenmalige Weltmeister nur Fünfter. Mit einer etwas konservativeren Strategie und einem damit einhergehenden früheren Wechsel auf frische Inters hätte es Hamilton mit großer Sicherheit aufs Podest geschafft, mit Bottas' Hilfe wäre eventuell sogar der Sieg drin gewesen.

Die Ausganglage in der WM ist damit zwar nicht so gut wie erhofft, dennoch hat man auf Seiten von Mercedes nach wie vor alle Chancen. "Wir haben heute acht Punkte verloren. Insofern ist das keine Katastrophe, aber es wäre besser gegangen", sagte Wolff und blickt voraus: "Sechs Punkte machen im Moment nichts aus, können aber am Ende etwas ausmachen. Im Moment ist es der Unterschied zwischen einem ersten und einem zweiten Platz. Insofern muss man das einfach Rennen für Rennen nehmen und den bestmöglichen Job abliefern."