"Nach 100.000 Runden noch am Leben"

SID
Jacky Ickx gewann nie eine Formel-1-Weltmeisterschaft
© getty

Jacky Ickx kennt diese Frage, er hört sie seit mehr als 30 Jahren. Seine Karriere zählt zu den erfolgreichsten im Motorsport, nur die Weltmeisterschaft hat der Belgier nie gewonnen - fehlt da nicht etwas? Nein, sagt Ickx dann geduldig, "die Tatsache, dass ich nach 100.000 Runden noch lebe: Das ist meine Meisterschaft".

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Am Neujahrstag wird der Belgier nun 70 Jahre alt, und das haben längst nicht alle Rennfahrer seiner Generation geschafft. Jacky Ickx ist dankbar. "Ich hatte einen sehr guten Schutzengel", sagte der zweimalige Vize-Weltmeister der Formel 1 im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, "es sind nicht viele aus dieser Motorsport-Ära übrig geblieben. Es ist keine Frage des Talents, überlebt zu haben. Es ist einfach Glück".

So wie am 1. September 1985, als Ickx direkt in den tödlichen Unfall von Deutschlands größtem Rennsport-Talent Stefan Bellof im belgischen Spa verwickelt war. "Das sind Dinge, die du niemals vergisst", sagte Ickx in einer "NDR"-Reportage: "Das war schrecklich für mich, es war ein dummer und völlig unnötiger Unfall, die Folgen für ihn waren grausam."

Vielseitigster Rennfahrer der Geschichte

In einer Zeit, in der Motorsport noch ein lebensgefährliches Wagnis war, hat Ickx sich den Ruf als wohl vielseitigster Rennfahrer der Geschichte erworben. Acht Siege und zwei Vize-Titel holte er in der Formel 1, dazu sechs Gesamtsiege bei den 24 Stunden von Le Mans - und einen Triumph bei der legendären Rallye Paris-Dakar.

In seiner Geburtsstadt Brüssel erinnert jetzt eine Doppelausstellung an die große Karriere. Die Radsportlegende Eddy Merckx, die am 17. Juni 70 wird, wird dort ebenso gewürdigt wie Jacques Bernard Ickx. Nahe des Atomiums feiert Belgien auf mehr als 2.000 Quadratmetern noch bis zum 21. Juni seine größten Sportler.

Dabei zeigt sich auch, auf welch verschlungenen Wegen Ickx zur Legende der Rennbahn wurde. Denn geplant war all das eigentlich nicht. "Ich habe nie davon geträumt, Rennfahrer zu werden", sagt Ickx: "Vielleicht Gärtner oder Wildhüter. Aber Rennfahrer?" Als Junge liebte er die Natur, seine Leistungen in der Schule waren eher unterdurchschnittlich. Und so drängten seine Eltern darauf, "etwas zu finden, worin ich andere schlagen konnte".

Geschenk als Karriere-Auslöser

Vater Ickx, ein Motorsportjournalist, schenkte seinem Sohn also ein Motorrad, und das Talent war entdeckt. Schon bald stieg Ickx auf vier Räder um, 1967 wurde er Formel-2-Europameister. Im Rahmen des Großen Preises der Formel 1 auf dem Nürburgring sorgte der Nachwuchsfahrer schließlich für einen Paukenschlag: Im leistungsmäßig unterlegenen Formel-2-Boliden gelang Ickx die drittbeste Qualifikations-Zeit aller Piloten, fast das gesamte Feld der Königsklasse ließ er damit hinter sich.

"Dieser Auftritt am Nürburgring", erinnert sich Ickx heute, "öffnete mir einen neuen Weg, der zu Ferrari führte". Der Einstieg war damit geschafft. 1969 und 1970 wurde er Vizeweltmeister, seine sechs Le-Mans-Siege erstreckten sich über 13 Jahre, 1983 gewann er im Mercedes die Paris-Dakar.

Erst Mitte der neunziger Jahre zog Ickx sich aus dem aktiven Motorsport zurück. Heute verbringt er mit seiner Frau Khadja Nin, einer erfolgreichen Sängerin aus Burundi, viel Zeit in Afrika. Und erfreut sich an seinem Leben. "Ich bin hier", sagt Ickx, "ich lebe. Und ich habe allen Grund glücklich zu sein".

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