Umarmungen, Tränen, Arschtritte

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel feierte gemeinsam mit seinem Red-Bull-Team und Vater Norbert (3. v.r.)
© xpb

Sebastian Vettel startete nach seinem WM-Triumph noch im Fahrerlager die große Party. Vorher fand er sehr persönliche Worte. Seine Bosse denken schon an die nächste Titelverteidigung.

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Tommi Parmarkoski ist kein berühmter Mann. Man weiß über ihn nicht viel mehr, als dass er blond, Finne und von Beruf Physiotherapeut ist. Allerdings ist er der Physiotherapeut des jüngsten Formel-1-Doppel-Weltmeisters aller Zeiten.

Und er war der Erste, dem Sebastian Vettel dankte, nachdem er die ersten Tränen der Rührung runtergeschluckt hatte.

"Ich möchte mich bei einem der wichtigsten Menschen in diesem Jahr bedanken", sagte Vettel in Richtung seines Freundes Tommi. "Er hat mich immer wieder auf den Boden zurückgeholt, damit ich nicht abhebe. Er ist derjenige, mit dem ich mehr Zeit verbringe als mit irgendeinem anderen. Leute im Hintergrund, die man nicht so wahrnimmt, aber die unglaublich wichtig sind, einem mal in den Arsch treten und dafür sorgen, dass man auf Kurs bleibt."

Verpasster Sieg schnell Nebensache

Auf Kurs ist Vettel in dieser Saison wahrlich geblieben. Zwölf Pole-Positions, neun Siege. Es ist fast schon Ironie, dass die beiden schlechtesten Rennen der Saison sein Heimspiel am Nürburgring und seine WM-Fahrt in Suzuka waren.

Platz drei hinter Sieger Jenson Button und Fernando Alonso war sicher nicht ideal, schließlich wollte Vettel im Vorfeld unbedingt mit einem Sieg den Titel klarmachen. Im Endeffekt war es dann aber auch egal. Erst weinte er, dann redete er über eine Stunde gegenüber sämtlichen Medien wie ein Wasserfall - und dann ging er feiern.

Vettels Vater bricht in Tränen aus

In der Box von Red Bull ging es mit Techno-Beats, vielen Umarmungen und einem Gruß an die 10.000 auf der Haupttribüne verbliebenen Fans los.

Eine der Umarmungen galt Vater Norbert Vettel, der schon zuvor für einen der Momente des Tages gesorgt hatte, als er mitten im Interview mit "Sky" zu weinen begann und das Gespräch sogar abbrechen musste.

Mit gebrochener Stimme sagte er wenig später: "Uns sind Steine vom Herzen gefallen. Aber ich bin kein Doppel-Weltmeister - ich bin nur Vater."

Ehrgeiz kitzelt Vettel schon wieder

Sein Sohn war nicht viel weniger emotional. "Ich bin ein bisschen sprachlos, es ist genauso verwirrend wie beim ersten Titel. Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden. Das ganze Jahr war ein Traum", sagte Vettel. "Ich denke, ich brauche ein bisschen Zeit, um alles zu realisieren und ein wenig sacken zu lassen. Irgendwann wird ein ruhiger Moment kommen, in dem ich das mit Menschen aus meinem nahen Umfeld genießen kann."

Er brauchte aber nicht allzu lange, um seinen Ehrgeiz wiederzuentdecken: "Natürlich ist heute viel Ballast abgefallen, aber wir stehen auch weiterhin unter Druck. Wir sind überglücklich, dass wir den Titel gewonnen haben, aber wir wollen Rennen gewinnen und das ist uns heute nicht gelungen. Also werden wir es in den verbleibenden Rennen erneut versuchen."

Red-Bull-Bosse denken schon an 2012

Vettels Bosse waren mit ihren Gedanken sogar noch weiter. "Die gesamte Crew bleibt zusammen. Ich sehe also keinen Grund, warum wir nicht auch im kommenden Jahr wieder erfolgreich sein sollten", sagte Motorsportchef Helmut Marko der "BBC".

Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz sagte der "Welt am Sonntag": "Natürlich werden wir versuchen, unseren Vorsprung auch 2012 mitzunehmen. Wir wissen aber sehr wohl, dass es fast noch anstrengender ist, ein so hohes Niveau langfristig zu halten, als es zu erreichen."

Wann kommt Vettel nach Heppenheim?

2011 hat das mit dem Halten des Niveaus schon einmal ausgezeichnet geklappt. Sehr zur Freude auch der Vettel-Fans im heimischen Heppenheim, die sich am Sonntagmorgen zum Public Viewing versammelt hatten.

Sie fiebern schon jetzt der Rückkehr ihres erfolgreichen Mitbürgers in die hessische Heimat entgegen. Wann die aber stattfinden wird, ist noch ungewiss. Denn erst einmal reist Vettel am Montag zu einem Sponsorentermin nach Yokohama, am Dienstag entspannt er dann in Tokio. Am Mittwoch geht es schon weiter zum nächsten Rennen in Südkorea am kommenden Wochenende.

Erst einmal wird aber gefeiert - und das sicher nicht die ganze Nacht in der Boxengarage des Red-Bull-Teams. Wo man einen WM-Titel in Suzuka am besten begießt, kann Vettel sicher sein Kumpel Michael Schumacher sagen.

Spätestens seit seinem Titelgewinn 2000 kennt er ein paar klasse Karaoke-Bars in der Gegend.

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

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