Glock: "Habe nicht viel von Facebook gehalten"

Von Interview: Alexander Mey
Timo Glock startet in seine zweite Formel-1-Saison beim Virgin-Team
© Foto: Mayk Azzato

Timo Glock erlebt sportlich bei Virgin Racing eine schwere Zeit. Nach Blinddarm-Operation und schwachen Testfahrten sieht er einen schweren Saisonstart auf sich zukommen. Dafür macht er aber in anderen Bereichen auf sich aufmerksam. Glock kreiert seine eigene Social-Media-Marke bei Facebook, Twitter und Youtube.

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Das waren noch Zeiten, als Timo Glock im Toyota um Podestplätze gefahren ist. Damals hießen seine Gegner Fernando Alonso, Lewis Hamilton und Felipe Massa. Sebastian Vettel war noch ein Rookie. Jetzt ist Vettel Weltmeister und Glock steht nach seiner Blinddarm-Operation und schwachen Leistungen seines Virgin bei den Testfahrten vor einem wenig erfreulichen Saisonstart (27. März in Australien).

Neidisch auf den jungen Landsmann? "Um Gottes Willen, nein! Die, die da vorne fahren, haben das alle verdient", sagt Glock vor der Abreise nach Melbourne im SPOX-Interview. Der 28-Jährige geht sehr locker mit seiner Situation um, ohne dabei den Ehrgeiz und den Mut zu markigen Aussagen zu verlieren.

Aber SPOX sprach auch mit einem neuen Timo Glock, der nach anfänglicher Skepsis tief in die Welt der Social Media eingetaucht ist. Egal ob Facebook, Twitter oder Youtube, Glock ist überall aktiv.

SPOX: Hallo Herr Glock, was macht der Blinddarm?

Timo Glock: Er ist weg. Keine Ahnung, wo der jetzt ist (lacht).

SPOX: Im Ernst. Wie sehr wirbelt die Operation die heiße Phase der Saisonvorbereitung durcheinander?

Glock: Es geht. Ab und zu zwickt es noch einmal, aber alles in allem geht es mir ganz gut. Ich kann immerhin wieder Rad fahren. Aber wenn man drei Wochen lang fast nicht trainieren kann, denken sich die Muskeln natürlich schon irgendwann: "Okay, anscheinend machen wir nicht mehr so viel" (lacht). Am Anfang der Saison wird es deshalb vielleicht ein bisschen schwieriger werden, aber ich sollte meinen Körper schon bald wieder fit bekommen.

SPOX: Ihren Genesungsverlauf kann man ja bestens verfolgen, wenn man Follower von Ihrem Twitter-Account ist. Dazu über 7000 Fans bei Facebook, Youtube-Channel und interaktive Website. Sie sind ja ein richtiger Social-Media-Freak!

Glock: Am Anfang habe ich nicht allzu viel von Twitter und Facebook gehalten, weil man doch recht viel von sich preisgibt. Ich habe dann aber gemerkt, dass ich sehr gut bestimmen kann, wie oft und was ich posten möchte. Für die Fans ist es natürlich eine tolle Sache, weil sie so auch einmal an Insider-Infos herankommen, die ihnen sonst verwehrt bleiben. Denn selbst, wenn sie bei Rennen vor Ort sind, haben sie keine Chance, ins Fahrerlager reinzukommen. Wir versuchen, auf diese Weise näher an die Fans heranzukommen.

SPOX: Gehört es zum Image eines neuen Timo Glock, sich über Nähe zum Fan zu definieren?

Glock: Nein, das hat sich einfach so ergeben. Wir haben uns im vergangenen Jahr zusammen gesetzt und überlegt, was wir in diese Richtung machen können. Dann kamen wir auf Twitter, weil meine Freundin Isabell dort ohnehin schon aktiv war. So ist das entstanden.

SPOX: Sebastian Vettel hat im Gegensatz zu Ihnen keinen Draht zu Twitter und Facebook.

Glock: Also ich finde es ganz witzig, etwas zu schreiben und dann unmittelbar die Reaktion der Fans mitzubekommen. Aber wenn man darauf keine Lust hat, dann ist das auch völlig okay.

SPOX: Um im Bild zu bleiben. Was für einen Kommentar würden Sie denn unter Ihren Testergebnissen posten?

Glock: Man muss ganz klar sagen, dass unsere Rundenzeiten nicht gut aussehen. Im Vergleich zu Lotus hinken wir auf den Long-Runs ganz schön hinterher. Dazu hatten wir zuletzt in Barcelona auch noch etwas Pech und konnten das Qualifying nicht simulieren. Wir sind definitiv ein Stück von dem Punkt weg, an dem wir sein wollten. Sprich, auf Augenhöhe mit Lotus. Jetzt müssen wir die ersten Rennen überstehen, mit beiden Autos durchkommen und hoffen, mal ein gutes Ergebnis einzufahren. Ich glaube nämlich schon, dass das eine oder andere Team noch technische Probleme hat. Das könnte uns in die Karten spielen. Darüber hinaus bleibt mir nur die Hoffnung, dass unser Technikchef Nick Wirth ein gutes Auto zum vierten Rennen in die Türkei mitbringt.

SPOX: Tut es Ihnen auch im zweiten Jahr bei Virgin noch in der Seele weh zu sehen, wie weit die Spitze weg ist? Sie haben kürzlich gesagt: "In einem Red Bull wäre ich genauso schnell wie Vettel".

Glock: (lacht) Ist schon witzig, welche Wellen so eine Aussage schlägt. Das wird doch jeder Fahrer im Paddock sagen, oder? Ja, ich traue mir das zu. Das sage ich ganz offen, auch wenn mich der eine oder andere für verrückt hält. Aber wenn ich mir das nicht zutrauen würde, dann dürfte ich nicht Formel 1 fahren, sondern müsste mich irgendwo im Kindergarten auf ein Gokart setzen.

SPOX: Neidisch?

Glock: Um Gottes Willen, nein! Die, die da vorne fahren, haben das alle verdient. Egal ob sie Vettel, Alonso, Schumacher oder sonst wie heißen. Ich habe eben momentan nicht das Auto, um ganz vorne mitzufahren. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich das Autofahren verlernt habe.

SPOX: Sie sprechen relativ locker über Ihre Situation. Was hat es denn für Vorteile, bei einem Team wie Virgin zu fahren?

Glock: Es ist etwas entspannter. Aber ich hätte auch nichts gegen noch mehr Interview-Anfragen (lacht).

SPOX: Jeder Formel-1-Fahrer hat das dogmatische Ziel, Weltmeister zu werden. Kommen Sie langsam an den Punkt, auch mit weniger zufrieden zu sein?

Glock: Im Moment ist die WM natürlich kein Thema für mich. Ich bin glücklich mit dem, was ich mache. Aber wenn sich die Möglichkeit irgendwann noch einmal bietet, würde ich unheimlich gerne um den WM-Titel mitfahren. Darauf arbeite ich hin so gut ich kann.

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