Viel spricht für Alonso - nichts für Hamilton

Von Alexander Mey
Fernando Alonso und Lewis Hamilton trennen in der Fahrerwertung gerade mal neun Punkte
© Getty

Der Kampf um den WM-Titel der Formel 1 ist auch vier Rennen vor Schluss noch ein Fünfkampf. Die Luft wird immer dünner, der Spielraum für Fehler immer geringer. Es ist interessant zu sehen, wie sich für die einzelnen WM-Kandidaten die Perspektiven verschieben.

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Das neue Punktesystem, das dem Sieger 25 Punkte gibt, ist tückisch. Immer wieder ist man versucht, nach einem Rennen einen Fahrer im Titelkampf abzuschreiben, nur um nach dem nächsten Rennen festzustellen, dass er doch wieder dabei ist.

So war es mit Fernando Alonso vor seinem Sieg in Hockenheim. So war es mit Sebastian Vettel nach seinen zwei Fehlern in Ungarn und Belgien. Und jetzt ist es so mit Lewis Hamilton.

Hamilton "macht sich das Leben selber schwer"

Nach zwei Unfällen in Folge und drei Nullnummern aus den letzten vier Rennen kann man doch eigentlich nicht mehr den WM-Titel gewinnen. Oder doch? Hamiltons Rückstand auf Spitzenreiter Mark Webber beträgt trotz aller Rückschläge nur 20 Punkte. Vettel liegt als Vierter 21 zurück, Jenson Button als Fünfter 25.

Hamilton reicht also nach wie vor ein einziger Sieg bei einem gleichzeitigen Ausfall Webbers, um den Australier zu überholen.

"Er ist immer noch dabei. Das ist der Wahnsinn. Aber er macht sich selber das Leben schwer", sagte Sky-Experte Marc Surer nach dem Rennen.

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Hamilton denkt nicht mehr an den Titel

Hamilton mag nach Punkten noch alle Chancen auf den Titel haben, aber nach dem Unfall mit Webber in Singapur ist er psychologisch klar im Nachteil. Und Psychologie wird jetzt von Rennen zu Rennen wichtiger. Ebenso wichtig wie Abtriebswerte, Reifen und PS-Zahlen.

Sichtlich geknickt erklärte Hamilton nach dem Crash, den er auf seine Kappe nahm, obwohl die Schuldfrage keinesfalls eindeutig war: "Ich denke nicht mehr speziell an die WM. Ich versuche nur noch, den Rest der Saison zu genießen und es so zu nehmen, wie es kommt. Kämpfen werde ich aber weiterhin."

Webber: WM wichtiger als Rennsiege

Natürlich gibt Hamilton nicht auf, warum auch? Aber es gibt drei Fahrer, die im Gegensatz zu ihm in einem mentalen Hoch sind. Alonso, Webber und Vettel haben das so gerne zitierte Momentum. Und sie sehen an Hamilton, was man in dieser heißen Phase der Saison unbedingt vermeiden muss: Fehler.

"Du kannst die WM nicht in einem Rennen gewinnen. Aber du kannst dir in einem Rennen richtig wehtun", sagte Webber schon vor dem Rennen in Singapur. Seine Überzeugung: Wer Weltmeister werden will, muss das in jedem Rennen im Auge haben, auch wenn es heißt, einmal auf einen Zweikampf zu verzichten.

"Das mag ein langweiliges Herangehen an ein Rennen sein, aber das große Ganze ist einfach zu wichtig. Man muss sehen, dass man die richtige Balance findet", sagte Webber. Wie schwierig das ist, hat er interessanter Weise selbst in Singapur gezeigt. Denn sein hartes Dagegenhalten im Duell mit Hamilton hätte genauso gut schiefgehen können.

Vettel hat aus Fehler gelernt

In dieser Hinsicht war ausnahmsweise mal sein Red-Bull-Kollege Vettel etwas besonnener. Er gab nach seinem zweiten Platz knapp hinter Alonso offen zu: "Ich habe versucht, Fernando irgendwie in einen Fehler zu treiben. Ein paar kleine hat er gemacht, leider keinen großen. Ein paar kleine Chancen zum Überholen hätte es vielleicht gegeben, aber mit viel Risiko. Das hätte wohl nicht funktioniert, deshalb habe ich zurückgesteckt."

Lieber 18 Punkte mitnehmen, anstatt 25 bei einem Crash zu verlieren. Diese Lektion hat Vettel offenbar aus seinem Unfall mit Button in Spa gelernt. Dabei hätte er durchaus ungeduldig werden können, weil auch ihm sicher klar war, dass er den Sieg schon im Qualifying hergeschenkt hat. Wäre er dort mit einer perfekten Runde auf die Pole-Position gefahren, hätte er das Feld an Alonsos Stelle anführen können.

Vieles spricht für Alonso

Der Spanier hatte an diesem Wochenende aber den Killerinstinkt. Wie übrigens auch schon in Monza. Alonso ist der Mann der letzten Wochen. Er ist mental und fahrerisch bärenstark und sein Selbstbewusstsein scheint unerschütterlich zu sein. Alonso - vielleicht der im Moment heißeste Tipp auf den Titelgewinn.

"Jetzt sind wir auf jeder Strecke konkurrenzfähig. Wir gelten zwar auf keinem der noch folgenden Kurse als Favoriten, aber wir haben auch vor keinem Angst", sagte Alonso.

Mit einer konkreten WM-Prognose bleibt aber auch er vorsichtig: "Es ist wie ein Tanz in Richtung WM-Titel, bei dem die Fahrer auf und ab pendeln. Alle haben mehr oder weniger die gleichen Chancen. Wir müssen ruhig bleiben und uns auf unseren Job konzentrieren, anstatt auf die anderen zu schauen."

Button: "Noch steht alles auf dem Spiel"

Das hat ja in den letzten Rennen ausgezeichnet funktioniert. Alonso, Webber, Hamilton, Vettel oder doch noch Button, obwohl der amtierende Champion den größten Rückstand hat?

"Noch steht alles auf dem Spiel", sagt Button mit Blick auf seine eigene Situation. Er spricht damit aber für alle.

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