Überfall auf lahme Bullen

Von Alexander Mey
Circuit de Spa-Francorchamps: Alle Kurven, Geschwindigkeiten, Gangzahlen und Fliehkräfte
© spox

19 Strecken stehen im Rennkalender der Saison 2010. Darunter eine völlig neue in Südkorea und einige umgebaute, zum Beispiel in Bahrain oder Silverstone. SPOX stellt vor jedem Rennen den Kurs detailliert mit Grafik, Fakten und Video vor. Darunter eine Runde im Red-Bull-Simulator mit Sebastian Vettel. Strecken-Check, Teil 13: Belgien.

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Streckendaten:

  • Name: Circuit de Spa-Francorchamps
  • Ort: Spa-Francorchamps
  • Länge: 7,004 Kilometer
  • Runden: 44
  • Renndistanz: 308,176 Kilometer
  • Kurven: 10 Rechtskurven, 9 Linkskurven

VIDEO: Eine Spa-Runde mit Vettel im Rennsimulator

 

Darauf kommt es an:

Spa ist die Lieblingsstrecke von fast jedem Formel-1-Piloten. Nicht nur Spa-Hausherr Michael Schumacher gerät bei der Beschreibung der Berg-und-Tal-Bahn in den belgischen Ardennen ins Schwärmen. Adrian Sutil spricht zum Beispiel von "Spaß ohne Ende vom ersten bis zum letzten Meter."

Allen bekannt ist die berühmte Kurve Eau Rouge. Erst steil bergab, dann steil bergauf und blind mit Vollgas durch die Kurve. "Du kannst nur instinktiv einlenken und voll am Gas bleiben. Als Fahrer siehst du rein gar nichts - nur den Himmel", beschreibt Nico Rosberg das Fahrgefühl.

Aber Eau Rouge ist nur eine von vielen spektakulären Kurven. Seit man diese Kurve mit Vollgas nehmen kann, erfordern Passagen wie die Doppellinks Pouhon sogar noch mehr Mut. Für das kommende Rennen wurden die Auslaufzonen in der Spitzkehre La Source und in Les Combes am Ende der ellenlangen Geraden nach Eau Rouge modifiziert.

Spa ist für alle Teams meistens eine Lotterie. Denn in den Ardennen regnet es fast immer, auch für das kommende Wochenende sind Schauer angesagt. Das Problem: Wegen der enormen Länge der Strecke regnet es oft nur in einigen Abschnitten, an anderen ist es trocken.

In Sachen Abstimmung der Autos muss man einen Kompromiss zwischen Abtrieb in den schnellen Kurven und Top-Speed auf den langen Geraden finden. Im Qualifying mag man mit etwas steiler gestellten Flügeln schneller sein, im Rennen gewinnt man ohne Top-Speed aber kaum einen Blumentopf.

Da kommt der F-Schacht ins Spiel, der vor allem in Spa einen großen Vorteil bringen sollte. Denn je besser der funktioniert, desto weniger Kompromisse muss man bei der Abstimmung der Autos machen. Kein Wunder, dass sogar Renault für Spa zum ersten Mal den F-Schacht an Bord hat.

Zu guter Letzt werden auch die Reifen in Spa eine Hauptrolle spielen. Abgesehen vom möglichen Regen soll es ziemlich kühl werden. Die Pneus werden zudem in den schnellen Kurven extrem belastet. Die Reifen auf Temperatur bringen, aber Graining vermeiden - das wird ein Balanceakt werden. Bridgestone hat die weiche und die harte Gummimischung dabei.

Wetter-Prognose:

  • Freitag: starke Regenschauer, 16-19 Grad, 65 Prozent Regen-Risiko
  • Samstag: leichte Regenschauer, 13-15 Grad, 60 Prozent Regen-Risiko
  • Sonntag: leichte Regenschauer, 13-15 Grad, 60 Prozent Regen-Risiko

Die Favoriten:

Ferrari: Vielleicht sogar der Top-Favorit auf den Sieg in Spa. Das Auto bietet den besten Kompromiss zwischen Top-Speed und Grip in schnellen Kurven. In Hockenheim konnten die Roten Red Bull schon schlagen. Das war eine Strecke, die zwar nicht direkt mit Spa zu vergleichen ist, die aber viel eher das Kräfteverhältnis beim Belgien-GP angedeutet hat als die überlegene Red-Bull-Vorstellung auf dem engen Hungaroring. Zumal Ferrari für Spa auch noch einen neuen Diffusor im Gepäck hat.

Red Bull: Die Bullen müssen in den schnellen Kurven des Mittelsektors mehr Zeit gutmachen, als sie wegen des mangelnden Top-Speeds auf den langen Geraden in den Sektoren eins und drei verlieren werden. Das mag im Qualifying noch zur Pole-Position reichen, aber im Rennen drohen Sebastian Vettel und Mark Webber gerade in den ersten Runden Überholmanöver.

McLaren: Spa sollte dem Team wieder deutlich besser liegen als der Hungaroring, auf dem Jenson Button und Lewis Hamilton chancenlos waren. Der F-Schacht des Teams ist der beste im Feld, was beim Top-Speed und somit beim Überholen sehr helfen wird. Aufgrund des Zwangsurlaubs in der Sommerpause kommt Spa aber zu früh, um den Entwicklungsrückstand in Sachen Diffusor und Frontflügel schon komplett aufgeholt zu haben.

Mercedes: Kein ernsthafter Kandidat für einen Podestplatz, aber bei Regen für eine Überraschung gut. Michael Schumacher ist prinzipiell in seinem Wohnzimmer alles zuzutrauen, aber wegen seiner Strafversetzung um zehn Startplätze nach dem Abdrängen von Rubens Barrichello in Ungarn wären WM-Punkte schon ein Erfolg. Am Auto gibt es kaum Neuerungen.

Renault: Der Geheimtipp für das Ardennen-Rennen. Robert Kubica kann auf der Fahrerstrecke glänzen und hat zudem ein Auto zur Verfügung, dass erstmals mit F-Schacht ausgestattet sein wird. Noch mehr Top-Speed für ein Team, das ohnehin schon zu den Schnellsten auf den Geraden gehörte. Hört sich nach guten Vorzeichen an.

Statistik:

  • Sieger 2009: Kimi Räikkönen (Ferrari) 1:23:50,995 Stunden
  • Pole-Position 2009: Giancarlo Fisichella (Force India) 1:46,308 Minuten
  • Schnellste Rennrunde 2009: Sebastian Vettel (Red Bull) 1:47,263 Minuten
  • Meiste Siege: Michael Schumacher (6)
  • Meiste Pole-Positions: Ayrton Senna, Juan Manuel Fangio (beide 4)

Das sagen die Beteiligten:

Michael Schumacher (Mercedes): "Spa ist schon immer meine Lieblings-Rennstrecke gewesen, und schon allein aus diesem Grund freue ich mich sehr darauf, dorthin zurückzukehren. Ich war immerhin sehr lange nicht mehr dort. Was das Rennwochenende selbst anbetrifft, ist es natürlich durch meine Rückversetzung gehandicapt. Es wird also schwierig, für das Rennen besondere Highlights zu erwarten."

Sebastian Vettel (Red Bull): "Ich liebe Spa. Es gibt dort einige der besten Kurven, sie sind langgezogen und schnell. Das sollte unserem Auto liegen. Im vergangenen Jahr waren wir im Rennen sehr konkurrenzfähig, haben aber im Qualifying etwas verloren. Unsere Schwäche werden die langen Geraden und die Bergauf-Passagen sein. Es wird nicht leicht für uns, aber ich bin optimistisch."

Felipe Massa (Ferrari): "Wir sehen dank einiger neuer Teile und Entwicklungen am F10 gut aus. Wir waren in den vergangenen Rennen konkurrenzfähiger als gedacht, aber es ist dennoch schwer vorherzusagen, was in Spa passieren wird. Die Performance der Autos ist stark streckenabhängig."

Jenson Button (McLaren): "Spa und Monza müssten unserem Auto wieder besser liegen als der Hungaroring. Der Abstand zur Spitze sollte also wieder kleiner werden."

Zeitplan:

  • Freitag, 10 Uhr: 1. Training
  • Freitag, 14 Uhr: 2. Training
  • Samstag, 11 Uhr: 3. Training
  • Samstag, 14 Uhr: Qualifying
  • Sonntag, 14 Uhr: Rennen

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM