Bridgestone: "Pirelli muss sich richtig strecken"

Von Alexander Mey
Pirelli hat 1991 die Formel 1 verlassen. Jetzt gibt es nach 20 Jahren das Comeback
© xpb

In dieser Woche soll Pirelli den zweiten Test mit den Formel-1-Reifen für die kommende Saison absolvieren. Nick Heidfeld ist in Le Castellet auf der Strecke. Welche Herausforderungen warten noch auf Pirelli, und herrscht im F-1-Feld Angst vor einem problematischen Wechsel? SPOX hat sich umgehört.

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Es herrscht Abschiedsstimmung im Fahrerlager. Noch sechs Rennen, dann endet eine Partnerschaft, die 1997 begonnen hat. Bridgestone verlässt die Formel-1-Bühne, Pirelli kommt.

"Es ist sehr traurig, dass Bridgestone die Szene verlässt. Ich hätte mir gewünscht, dass es weitergeht, aber manchmal muss man so einen Umbruch akzeptieren", sagt Mercedes-Sportchef Norbert Haug, der 1998 mit McLaren-Mercedes den ersten WM-Titel für Bridgestone einfuhr.

Pirelli mit erstem Härtetest zufrieden

Der Umbruch kommt aus Italien und ist schon mitten in der Vorbereitung auf eine der größten Herausforderungen der Konzerngeschichte. Nick Heidfeld rückt in dieser Woche zum zweiten geheimen Test der neuen Reifen in Le Castellet aus.

Der erste Härtetest in Mugello wurde bereits vor zwei Wochen absolviert. "Das war der erste Schritt unserer Rückkehr in die Formel 1", berichtete Pirelli-Sportchef Paul Hembery. "Wir sind sehr zufrieden mit der Performance der Reifen und den Informationen, die wir hier sammeln konnten."

Sutil erwartet "schwieriges Jahr"

Gute Nachrichten, aber für die Formel-1-Teams noch lange keine Entwarnung. "Ich stelle mich auf ein schwieriges Jahr ein", sagt Force-India-Pilot Adrian Sutil im Gespräch mit SPOX. "Es ist verständlich, dass man als neuer Reifenhersteller erst einmal Erfahrungen sammeln muss. Es dauert bestimmt ein bis zwei Jahre, bis Pirelli einen perfekten Reifen liefern kann."

Das Wort "Lotterie" macht im Fahrerlager die Runde, wenn es darum geht, wer mit den neuen Pneus zu Saisonbeginn am besten zurechtkommen wird.

Sutil sieht die Situation aber als Herausforderung: "Die Voraussetzungen sind aber für alle gleich und jeder muss mit der neuen Situation klarkommen. Das macht die Sache spannend. Sollten die Reifen bei einem Rennen einmal gar nicht halten, muss man das eben in die Strategie mit einbeziehen."

Pirelli fragt nicht bei Bridgestone um Rat

Dass ein Reifen kaputt geht, ist für die Verantwortlichen von Pirelli der GAU. Deshalb gehen sie die Entwicklung sehr konservativ an. "Haltbare Hochleistungsreifen zu produzieren ist kein Problem. Die Herausforderung besteht darin, den richtigen Kompromiss zwischen Haltbarkeit und der Show zu finden", erklärte Hembery nach den ersten Gehversuchen.

Bridgestone hat in 14 Jahren gelernt, wie man diesen Kompromiss findet und könnte dem Nachfolger sicher einige nützliche Tipps geben. Aber: "Bisher hat uns Pirelli noch nicht um Rat gefragt. Ingenieure haben alle ihren Stolz und fragen die Konkurrenz sehr ungern um Rat", sagt Bridgestone Motorsportchef Hirohide Hamashima im Gespräch mit SPOX.

Pirelli hat es sehr viel schwerer als Bridgestone

Er tut das mit einem Lächeln, dabei sieht er auf Pirelli durchaus ernste Zeiten zukommen. Die Show wird seiner Erfahrung nach nicht das Hauptproblem sein.

"Wir hatten damals den Vorteil, dass wir Schritt für Schritt in die Formel 1 einsteigen konnten, weil es ja noch Goodyear gab. Erst ein Top-Team, dann zwei Top-Teams und so weiter. Pirelli muss sich richtig strecken, denn sie müssen sofort das gesamte Feld mit Reifen ausstatten. Das wird sehr schwierig werden", sagt Hamashima.

Der Japaner wäre sogar bereit, Pirelli erfahrene Ingenieure aus seinem Team an die Seite zu stellen: "Wenn Pirelli einige unserer Mitarbeiter anstellen möchte, dann freut uns das. Denn sie haben einen sehr guten Kontakt zu den Teams aufgebaut, und ich möchte nicht, dass es im Feld zu große Verwirrung gibt. Der Übergang von Bridgestone zu Pirelli soll möglichst reibungslos verlaufen."

Noch fünf Testsession bis zur ersten Nagelprobe

Aber wird er das auch? Pirelli hat noch fünf Testsessions Zeit, bis es im November in Abu Dhabi zum ersten gemeinsamen Reifentest aller Teams kommt.

Auf Heidfeld kommt also noch eine ganze Menge Arbeit zu. Er ist das Sprachrohr der Fahrer und Teams, er muss als offizieller Testfahrer dafür sorgen, dass niemand im November aus allen Wolken fällt, sondern alle eine solide Basis haben, mit der sie in den Wintertest ab Februar arbeiten können.

Wenn das klappt, dann ist schon viel gewonnen und die Prognose von Norbert Haug könnte eintreffen: "Bauchschmerzen habe ich wegen des Wechsels zu Pirelli keine. Es wird auch 2011 weitergehen."

Lob für Nick Heidfeld bei Pirelli-Test