"Sollten Sutil ein Gehirn kaufen"

Von Alexander Mey
Adrian Sutils Auto war nach dem Crash mit Nick Heidfeld arg demoliert
© xpb

Selten waren die deutschen Formel-1-Piloten so konkurrenzfähig wie beim Singapur-GP, selten haben sie sich aber auch so unglücklich angestellt wie beim Nachtrennen. Nur Timo Glock bildete die rühmliche Ausnahme in einem Potpourri aus Pleiten, Pech und Pannen.

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Was für ein Abend hätte das werden können für die deutschen Formel-1-Piloten! Vier Fahrer in den ersten vier Startreihen, nach dem Start drei Deutsche unter den ersten Vier. Aber dann? Ein Unfall, zwei Durchfahrtsstrafen, eine Geldstrafe, eine Verwarnung, Ratlosigkeit und böse Worte. Timo Glock freute sich zwar über Platz zwei.

SPOX fasst die Rennen der fünf Deutschen kurz zusammen.

Rennbericht: Hamilton siegt vor Glock - Eklat um Alonso

Timo Glock

Fangen wir mit dem einzigen Lichtblick an. Timo Glock fuhr sein bestes Rennen der Saison und ließ Toyota-Kollege Jarno Trulli meilenweit hinter sich.

"Das war ein Podium genau zur richtigen Zeit", sagte Glock im Hinblick auf seine ungewisse Zukunft. Was kann es für eine bessere Bewerbung geben als ein Rennen wie das in Singapur?

"Man muss eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und darf keine Fehler machen. Dann ist so etwas möglich", sagte Glock, gab aber auch zu: "Ich hatte Glück mit den Durchfahrtsstrafen von Vettel und Rosberg. Ich glaube nicht, dass wir aus eigener Kraft auf das Podium gefahren wären." Womit wir beim Thema wären...

Sebastian Vettel

1,4 km/h haben Sebastian Vettel Platz zwei in Singapur und wohl auch den allerletzten Funken Hoffnung auf den WM-Titel gekostet. 1,4 km/h war Vettel nämlich bei seinem zweiten Stopp zu schnell in der Boxengasse. Folge: Eine Durchfahrtsstrafe und nur Platz vier direkt vor WM-Leader Jenson Button.

Noch lange nach dem Rennen diskutierte Red Bull allerdings mit den Rennkommissaren über die Strafe, denn in den Telemetriedaten des Teams war keine Tempoüberschreitung aufgezeichnet.

Vettel wunderte sich: "Es gab für mich keinen Grund zur übertriebenen Eile. Wir wussten, dass wir Lewis auch mit einem Superstopp nicht überholen würden. Deshalb war ich schon etwas überrascht, als ich den Funkspruch bekam, dass ich zu schnell gewesen sein soll."

Zusätzlich zu der Strafe kämpfte Vettel auch noch mit den Bremsen und nach einem Ausritt über die Randsteine mit einem zerstörten Doppeldiffusor. Dass sich auch noch ein Außenspiegel verabschiedete, passte ins Bild. "Das Auto fiel auseinander", sagte Vettel.

Nico Rosberg

Der Williams-Pilot erwischte einen tollen Start und ging gleich an Vettel vorbei auf Platz zwei. Es folgte ein starker erster Stint, in dem er mit Lewis Hamilton mithalten konnte.

Doch dann der Fehler. Nach seinem ersten Stopp fuhr er zu schnell wieder zurück auf die Strecke, rutschte über die weiße Begrenzungslinie hinaus - und bekam folgerichtig dafür eine Durchfahrtsstrafe.

Einsicht beim Übeltäter. "Es war ein dummer Fehler. Ich wollte einfach zu viel", sagte Rosberg.

Die Strafe alleine wäre noch kein großes Problem gewesen, aber ausgerechnet zu dieser Zeit rückte das Feld wegen der Safety-Car-Phase wieder dicht zusammen. Rosberg fiel also bis ans Ende des Feldes zurück.

"Das war der Horror. Es kam wirklich alles zusammen", sagte Rosberg. "Nur mit der Strafe alleine wäre ich sicher in die Punkte gekommen. Man hat es ja an Sebastian Vettel gesehen."

Apropos Safety-Car-Phase: Für die waren die übrigen beiden Deutschen verantwortlich...

Nick Heidfeld und Adrian Sutil

Da das Schicksal des einen mit dem des anderen eng verknüpft ist, behandeln wir beide in einem.

Dass Sutil und Heidfeld überhaupt einen Unfall bauen konnten, lag daran, dass Heidfeld nach gutem Qualifying aus der Boxengasse starten musste. BMW-Sauber hatte einen Fehler bei der Platzierung des Ballasts im Auto gemacht und so das Minimalgewicht unterschritten. Eine Selbstanzeige verfrachtete Heidfeld beim Start ganz nach hinten.

Im Rennen gondelte Heidfeld hinter einer Gruppe her, zu der auch Sutil gehörte. Als der sich bei einem viel zu optimistischen Überholversuch gegen Jaime Alguersuari drehte, passierte es. Sutil wollte schnell weiterfahren und rollte zurück auf die Strecke. Dabei kam er Heidfeld in die Quere und schoss ihn ab.

Frust und böse Worte bei Heidfeld: "Das war sehr dumm von Adrian. Er muss wissen, dass er nicht allein auf der Strecke ist. Einfach wieder zurück auf die Strecke zu fahren, ist total bescheuert. Ich habe noch versucht auszuweichen, aber ich hatte keine Chance mehr." In der "Bild" wurde er noch deutlicher: "Vielleicht sollten wir Adrian ein Gehirn kaufen."

Das ist hart - und ungerecht, wenn man Sutils Version der Geschichte glaubt. "Wir haben darüber gesprochen. Nick hat gesagt, dass er den Unfall schon von weitem gesehen hat. Außen war genug Platz. Wir waren so weit hinten im Feld, da hätte er einen weiteren Bogen fahren können und nicht auf der Ideallinie bleiben sollen."

Die Rennkommissare waren eher auf der Seite von Heidfeld und belegten Sutil mit einer Verwarnung und eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 Dollar. "Ich weiß nicht, wer die Strafe bezahlt", sagte Sutil. "Ich hoffe, nicht ich."

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