Der unsichtbare Dritte

Von Alexander Mey
Trainings, Qualifying und Rennen finden in Singapur erst nach Einbruch der Dunkelheit statt
© Getty

Der Singapur-GP ist schon seit Wochen in aller Munde - allerdings wegen des Renault-Skandals von 2008, nicht wegen des Sports. Dabei verspricht der Singapur-GP 2009 durchaus einiges an Spannung - sowohl im Titelkampf als auch im Rennen um den Sieg. Die Brennpunkte vor dem viertletzten Saisonrennen.

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Mercedes oder Mercedes?

Die Favoritenfrage für das Rennen in Singapur ist schnell beantwortet. Wenn alles normal läuft, sollten Brawn-Mercedes und McLaren-Mercedes den Sieg beim Nachtrennen unter sich ausmachen.

Warum? Singapur passt einfach perfekt zu den Autos. Die Strecke ist ein Stop-and-Go-Kurs mit engen Kurven. Dazu müssen die Autos über die zahlreichen Randsteine und auf der welligen Strecke gut liegen und gute Traktion haben.

Beim Beschleunigen aus den engen Kurven auf die durchaus vorhandenen langen Geraden wird die überlegene Mercedes-Power helfen. McLaren hat zusätzlich noch den Luxus von KERS, das aufgrund zahlreicher harter Bremszonen sehr gut aufzuladen und daher perfekt nutzbar sein sollte.

"Ich war letztes Jahr schon sehr stark hier und mit den neuen Upgrades am Auto sollte ich noch konkurrenzfähiger sein. Wenn sie funktionieren, bin ich mir sicher, dass wir um die erste Startreihe kämpfen werden", sagte Weltmeister Lewis Hamilton der "Straits Times".

Sein Plus könnte zudem das ausgeprägte fahrerische Talent sein. "Ich denke, dass ich auf Stadtkursen noch bessere Leistungen abliefern kann. Hier macht der Fahrer einen noch größeren Unterschied."

Hamilton spielt in die Karten, dass sein potenzieller Hauptgegner Jenson Button nicht unbedingt gewinnen muss und daher wahrscheinlich im Kampf um den Sieg nicht alles riskieren wird. Anders sieht das bei Rubens Barrichello aus. Der Brasilianer wittert seine Titelchance und ist nach zuletzt zwei Siegen hoch motiviert.

Mit überarbeitetem Auto ist Barrichello eine echte Gefahr. "Wir haben wichtige aerodynamische Neuteile am BGP 001 in Singapur, die weiterhelfen sollten", sagte Teamchef Ross Brawn.

Motoren schaden Vettel

Jetzt hat es sogar Michael Schumacher gesagt: Für Sebastian Vettel ist die WM in diesem Jahr gelaufen. Der Rückstand auf Jenson Button ist zu groß. Und viel wichtiger noch: Er hat keine Motoren mehr, mit denen er auf Titeljagd gehen könnte.

Vettel ist der einzige Fahrer im Feld, der vier Rennen vor Schluss schon alle acht Motoren, die ihm 2009 zur Verfügung stehen, eingesetzt hat. Schon seit zwei Rennen versucht Red Bull verzweifelt, mit diesen Aggregaten über die Runden zu kommen. Darunter leiden natürlich die Testarbeit und die Abstimmung des Autos. Vettel sitzt in den Trainings die meiste Zeit nur herum, während die Konkurrenz die letzte Zehntelsekunde aus den Autos herauskitzelt.

Das will Red-Bull-Berater Helmut Marko nicht mehr mit ansehen. "Sebastian muss mit zu vielen Kompromissen leben. Wir fahren ab jetzt um alles oder nichts auf den Tagessieg", sagte Marko dem Fachmagazin "auto, motor und sport".

Er will lieber am Freitag das volle Testprogramm abspulen und schauen, wie weit man mit den übrigen Motoren kommt. Sollte man einen neunten brauchen, dann möge man die Strafe dafür doch bitte in Kauf nehmen. Eine klare Absage an alle Titelhoffnungen. Rennsiege sollen stattdessen noch einmal her.

Vettel selbst will sogar alle vier restlichen Rennen gewinnen und hofft immer noch auf den WM-Titel. Dazu muss er aber optimal vorbereitet in die Rennen gehen und somit die Motoren in den Trainings maximal belasten. Gerade auf einem Kurs wie in Singapur, der der Brawn-Konkurrenz besser liegen sollte als Red Bull.

Volles Risiko also, sonst wird es ohnehin nichts mehr.

Geheimtipp BMW-Sauber

Anstatt gegen Brawn GP und McLaren um den Sieg in Singapur zu kämpfen, sollte sich Red Bull lieber darüber Sorgen machen, wie man Williams, Force India und BMW-Sauber hinter sich hält.

Während sich Williams nach dem Tief in Monza dank der besser passenden Streckencharakteristik wieder zurückmelden sollte, erwartet man bei Force India dank eines weiteren Updates am Auto zumindest die Chance auf WM-Punkte.

Interessanter ist in Singapur aber BMW-Sauber. Die Truppe in Hinwil kommt seit dem BMW-Ausstieg plötzlich wieder besser zurecht. Dazu kommt noch ein wesentliches Update für den Singapur-GP, von dem sich das Team sogar Chancen auf einen Podestplatz verspricht.

Mit dem letzten Entwicklungsschritt der Saison und damit der Teamgeschichte geht es noch einmal richtig vorwärts. Ein kürzeres Getriebe ermöglicht zum ersten Mal den Einsatz eines extremen Doppeldiffusors - auf einem Stadtkurs ein großes Plus. Dazu werden die Seitenkästen noch einmal enger tailliert und es gibt einen neuen Heckflügel.

"Die Hoffnung ist, dass die anderen nicht mehr so viel machen für dieses Jahr", sagte Nick Heidfeld im Interview mit "auto, motor und sport". "Wann immer einer ein großes Update gemacht hatte, konnte er auch immer größere Sprünge machen." Siehe zuletzt Force India.

Seit dem Verkauf das Teams an die Investorengruppe Qadbak muss man zwar keine Bewerbungsfahrten mehr absolvieren. Ein sportlicher Erfolg würde aber sicher für gute Laune in den laufenden Verhandlungen über Details des Deals sorgen.

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