Scheitert Button am Weltmeister-Syndrom?

Von Robert Seiwert
Jenson Button führt die WM mit 16 Punkten vor Brawn-Kollege Rubens Barrichello an
© Getty

Nach dem verpatzten Spa-Rennen verliert Jenson Button weiter an Boden in der laufenden WM. Verliert der Favorit kurz vor der Zielgeraden die Nerven? Die Konkurrenz zeigt sich angriffslustig.

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Tatort Spa, 1. Runde, Les Combes-Kurve: Formel-1-Neuling Romain Grosjean knallt Jenson Button ins Heck. Das erste vorzeitige Renn-Aus des Engländers war perfekt. Vettels dritter Platz machte die Sache nicht besser. Bezeichnend für die derzeitige Situation des bereits sicher geglaubten neuen Weltmeisters.

Nach dem sensationellen Saisonstart mit fünf Siegen aus sechs Rennen scheint Button vor der Zielgeraden die Luft auszugehen. In den vergangenen fünf Rennen holte der Brawn-Pilot nur magere elf Punkte.

Barrichello und Vettel lauern

Der ehemals 26 Punkte starke Puffer vor dem ersten Verfolger ist inzwischen auf 16 geschrumpft, Teamkollege Barrichello lauert. Drei Zähler dahinter steht Deutschlands WM-Hoffnung Vettel in den Startlöchern.

Was schon nicht mehr als möglich galt, nimmt immer konkretere Formen an: Button ist auf dem besten Wege, die Weltmeisterschaft spannender zu gestalten, als es dem Brawn-Team lieb ist.

Horner stichelt gegen Button

Das ruft natürlich die Konkurrenz auf den Plan. Red Bulls Teamchef Christian Horner erkennt die wieder aufkeimende WM-Chance seines Teams und streut Salz in die Brawn-Wunde: "Wenn Button so weitermacht, wird er in den kommenden Rennen punktemäßig dafür bestraft werden. Er hatte seit dem Rennen in Istanbul Anfang Juni kein gutes Wochenende mehr."

Horner ist sicher, dass es "in der WM noch eine Wende zwischen jetzt und dem Ende des Jahres geben wird."

Zusätzlicher Druck kommt von Mark Webber: "Derjenige, der am meisten Probleme hat, ist Jenson", schreibt der Red-Bull-Pilot in seiner "BBC"-Kolumne: "Wenn einer von uns einen Rhythmus findet und er nicht, dann ist noch alles offen. Wenn er einen Rhythmus findet, dann ist es vorbei. Dafür muss man kein Wissenschaftler sein."

Setzt beim WM-Favoriten Button etwa das große Zittern ein? Selbst Teamchef Brawn gibt zu: "In ihrem ersten Weltmeisterjahr erleben alle Fahrer Phasen, in denen sie sich die verschiedensten Dinge fragen. Ich habe das selbst bei Michael Schumacher gesehen."

Noch bleibt Brawn gelassen

Ist Buttons anhaltende Negativserie also mehr eine Kopfsache? Oder liegt es doch an der offensichtlichen Reifenproblematik bei Brawn? Es stellt sich die Frage, welches Problem das Team besser in den Griff bekommt.

Brawn selbst bleibt dennoch gelassen: "Ich finde es völlig verständlich und menschlich, dass einem Fahrer in so einer Situation vieles durch den Kopf geht. Aufgabe des Teams ist es, den Fahrer zu unterstützen. Solange wir die Situation unter Kontrolle haben, ist es kein Problem."

Kein Anlass zur Hoffnung

Die Kontrolle droht dem Team allerdings zu entgleisen. Für den Ausfall in Spa konnte Button zwar nichts, doch das erstmalige Ausscheiden in der zweiten Runde des Qualifyings gibt keinen Anlass zur Hoffnung.

Natürlich sind 16 Punkte Vorsprung noch immer ein gutes Polster, doch Button weiß, was die Stunde geschlagen hat: "Wir müssen wieder wettbewerbsfähig werden! Es reicht zwar, immer Vierter oder Fünfter zu werden, aber das will ich nicht. Ich will wieder Rennen gewinnen." Kein leichtes Unterfangen angesichts der wieder erstarkten Ferrari und McLaren-Mercedes.

"Ich will aggressiv fahren"

Für das Rennen in Monza gibt Button die Marschroute vor: "Ich will aggressiv fahren. Nach überstandenem Qualifying werde ich mich nicht zurücklehnen und mit einem fünften Platz zufrieden sein. Ich will immer noch Rennen gewinnen und genau das wird hoffentlich in Monza der Fall sein."

Ähnliche Worte hörte man vom ambitionierten Briten schon vor dem Großen Preis von Belgien nach dem schwachen siebten Platz in Valencia. Das Resultat ist inzwischen bekannt.

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