Vettels große Chance zum Doppelschlag

Von Alexander Mey
Sebastian Vettel liegt in der Fahrer-WM punktgleich mit Timo Glock auf Platz drei
© Getty

Jarno Trulli war nach seiner Pole-Position der große Sieger des Qualifyings zum Bahrain-GP (Rennen, So., 13.45 Uhr im LIVE-TICKER). Aber das Zeittraining hatte auch einen heimlichen Sieger: Sebastian Vettel. Der Red-Bull-Pilot startet zwar nur von Platz drei, darf sich nach Sichtung der Benzinmengen aber berechtigte Hoffnungen auf den zweiten Sieg in Folge machen. Ernüchterung ist dagegen bei Timo Glock und Brawn GP angebracht.

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Es war die vierte Pole-Position in der Karriere von Jarno Trulli, und es war eine, mit der er gar nicht unbedingt gerechnet hatte.

Erstens behinderten Trulli im Qualifying Bremsprobleme an seinem Toyota, zweitens hatte er mehr Benzin an Bord als Teamkollege Timo Glock auf Position zwei und drittens hatte er sein Auto überhaupt nicht explizit auf das Qualifying eingestellt.

Trulli ist schwerer als Glock

"Ich habe mich in den Trainings viel mehr um die Abstimmung für das Rennen gekümmert", erklärte Trulli und sah darin ein verkapptes Geheimrezept für Startplatz eins: "Die Abstimmungsarbeit ist vielleicht der Grund, warum ich auf Pole stehe. Denn mein Auto hat sich mit mehr Benzin an Bord besser angefühlt."

Konkret hat Trulli 43,5 Kilogramm Benzin an Bord, wenn er ins Rennen geht, Glocks Auto ist 5,5 Kilo leichter - und trotzdem war der Deutsche mehr als zwei Zehntel langsamer.

Benzinmengen: Beste Siegchancen für Vettel

"Es sollte nicht sein mit der Pole, aber wir müssen über die erste Reihe glücklich sein", gab Glock mit einem etwas gequälten Lächeln zu Protokoll. Denn fest steht: Glock wird als erster Fahrer zum Tanken kommen müssen und vergleichsweise geringe Chancen auf den Sieg haben.

Andere Strategie von Vettel

Ganz im Gegensatz zu Trulli. Der Italiener ist wahrscheinlich auch auf einer Dreistopp-Strategie unterwegs, aber spritbereinigt war er im Qualifying trotzdem der schnellste Mann. Er war knapp sechs Zehntelsekunden schneller als sein möglicherweise größter Herausforderer, Sebastian Vettel.

Vettel hat am Start 10,5 Kilogramm mehr Benzin an Bord als Trulli. Sprich, Red Bull setzt auf eine Zweistopp-Strategie und hat so gute Aussichten, das Toyota-Duo herauszufordern.

Jetzt nachlesen: So lief das Qualifying

Vettel: "Ich mache mir keine Sorgen"

Vettel war zwar unabhängig von der Spritmenge in der dritten Quali-Runde einen Tick langsamer als Trulli, aber seine Strategie sollte im Rennen berechenbarer sein. Die Gefahr, bei einer Dreistopp-Strategie durch langsamere Piloten aufgehalten zu werden, ist größer als bei einer Zweistopp-Strategie.

Entsprechend zuversichtlich ist Vettel: "Ich mache mir keine Sorgen. Denn ich war überrascht, wie gut wir in der zweiten Quali-Runde waren, in der niemand gespielt hat. Ich brauchte nur einen Versuch für die Bestzeit und konnte sogar einen Satz weiche Reifen für das Rennen sparen. Das zeigt, wie gut wir unterwegs sind."

Brawn GP hat Vormachtstellung verloren

Eine Tatsache war Vettel nach seinem dritten Platz besonders wichtig: "Ich denke, es ist sehr wichtig, vor Jenson Button zu stehen, weil es zwischen uns beiden sehr knapp zuging."

Button startet als Vierter, hat aber den Nachteil, 6,5 Kilo weniger Benzin an Bord zu haben als Vettel. Keine guten Vorzeichen für die Dominatoren der ersten beiden Rennen. "Die Stärke unserer Gegner hat uns heute überrascht", sagte WM-Spitzenreiter Button.

Aber Brawn GP hat trotz des Verlusts der Vormachtstellung noch ein Ass im Ärmel. Auf die Distanz kann der Brawn-Mercedes die Rundenzeiten etwas besser halten als die Konkurrenten von Toyota und Red Bull. "Unsere Geschwindigkeit auf Long-Runs war gestern sehr gut, aber wir konnten im Qualifying einfach keine Runde zustande bekommen", sagte Button.

Angst vor KERS-Power am Start

Doch der Blick des Engländers geht keineswegs nur nach vorne. Von hinten droht nämlich eine Gefahr mit vier Buchstaben: KERS. Lewis Hamilton als Fünfter, Fernando Alonso als Siebter und Felipe Massa als Achter sind heiße Kandidaten für einen Blitzstart.

Denn die 82 Zusatz-PS durch KERS bringen in Bahrain auf jeden Fall einen Vorteil - vor allem beim Start. "KERS macht sieben oder acht Meter aus", rechnete Button vor. "Mein größtes Problem wird daher sein, dass ich Lewis neben mir habe."

Große Unbekannte Hamilton

Die große Unbekannte Lewis Hamilton. Der Weltmeister war das ganze Wochenende über konstant stark und demonstrierte, dass mit McLaren-Mercedes auch im Kampf ums Podium wieder zu rechnen ist. Gut möglich, dass Hamilton in der ersten Kurve schon unter den Top Drei ist.

Die Frage ist, ob er das Tempo dann über die gesamte Renndistanz halten kann. "Wir haben die Möglichkeit, in die Top Drei zu kommen, aber das wird ziemlich schwierig werden", sagte Hamilton. Die Strecke mit wenigen schnellen Kurven und langen Geraden kommt dem Silberpfeil sehr entgegen.

Ferrari hoffnungsvoll - BMW verzweifelt

Wie offenbar auch dem Ferrari, denn sowohl Massa als auch Kimi Räikkönen haben mit schweren Autos gute Chancen, endlich die ersten WM-Punkte für die Scuderia zu holen.

Von WM-Punkten weit entfernt ist BMW-Sauber. Von den Startplätzen 13 und 14 aus hilft Robert Kubica und Nick Heidfeld nur der Mut der Verzweiflung. Beide Autos wurden randvoll getankt und auf eine Einstopp-Strategie getrimmt. Ob das bei der großen Hitze die Reifen aushalten, ist fraglich.

Den Weiß-Blauen hilft wohl nur der Sandsturm, den einige Meteorologen angesagt haben.

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