Harakiri im WM-Endspurt

Von Andreas Allmaier
Lewis Hamilton, Nico Rosberg, Japan, Fuji, McLaren-Mercedes
© xpb

Nach dem Großen Preis von Japan wächst die Kritik an WM-Leader Lewis Hamilton. Seine Harakiri-Aktion beim Start in Fuji weckt Erinnerungen an das vergangene Jahr: Damals verspielte er in den letzten beiden Saisonrennen einen scheinbar komfortablen 17-Punkte-Vorsprung. Wiederholt sich die Geschichte?

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Die Botschaft vor dem Rennwochenende in Japan war klar und deutlich kommuniziert: Hamilton sei, so verkündete er mehrfach, im Vergleich zum Vorjahr menschlich gereift, geduldiger und generell viel entspannter. Er wisse, dass er nicht unbedingt siegen müsse, um Weltmeister zu werden.

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Gute Vorsätze halten nur bis zum Start

Gemeinsam mit Ron Dennis hatte Hamilton eine Art Blaupause erarbeitet, an deren Ende der Titel stehen soll. Der McLaren-Mercedes-Teamchef: "Wir werden im Qualifying aggressiv rangehen, in den ersten Runden sehr vorsichtig zu Werke gehen und dann unsere Strategie danach ausrichten, wo unsere Konkurrenten stehen."

Die Vorsätze hielten genau bis zum Rennstart. Als Kimi Räikkönen im Ferrari spielend leicht an Hamilton vorbeirauschte, sah der Brite Rot. Obwohl sein WM-Konkurrent Felipe Massa vier Startplätze hinter ihm rangierte, startete er mit der Brechstange den unmittelbaren Konter (die Szenen des Rennens im Video bei SPOX.TV).

Der ging schief und war zusammen mit der kurz darauffolgenden Kollision mit Massa dafür verantwortlich, dass Hamilton in Fuji leer ausging und sein Vorsprung in der Fahrer-Wertung auf fünf Punkte zusammenschmolz.

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"Als die Lichter ausgingen, vernebelte sich sein Gehirn" 

Die Aktion brachte Hamilton gewaltigen Gegenwind ein.

"Als die roten Lichter ausgingen, vernebelte sich sein Gehirn", spottete der englische "Daily Express".

"Ich bin enttäuscht von Lewis. So hat er schon im letzten Jahr die WM verspielt. Ein völlig unnötiges Risiko", sagte Ex-Weltmeister Niki Lauda.

Und Massa ätzte: "Ich finde, die Aktion am Start war recht optimistisch. Vor allem, wenn man um den Titel fährt."

Vom eigenen Team gab es nur unmittelbar nach dem Rennen dezente Kritik. "Das war ganz schön wild. Die Titelanwärter haben Nerven gezeigt", analysierte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.

 

McLaren-Mercedes steht hinter Hamilton

Doch offiziell unterstützt die silberne Führungsriege Hamiltons Risikobereitschaft. "Er ist Rennfahrer. Das ist es, was Rennfahrer tun. Sie versuchen, andere zu überholen."

Auch McLaren-Boss Martin Whitmarsh gibt Hamilton beim britischen Fachmagazin "Autosport" Rückendeckung: "So ist der Rennsport. Er hat spät gebremst - und darum geht es nun mal bei Autorennen."

Lewis Hamilton selbst wollte nach dem Rennen auch nichts mehr von seiner zuvor proklamierten Gelassenheit wissen und heizte das Duell mit Massa weiter an. Die Attacke des Ferrari-Piloten, so gab er zu Protokoll, sei pure Absicht gewesen.

Und wie gehts am Sonntag in Schanghai weiter? "Da werde ich genau so weiterfahren."