Zu viele Experimente

Von Alexander Mey
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22. Juni, Magny-Cours, Frankreich: Mark Webber wird im Red Bull Sechster und holt drei WM-Punkte. Warum das erwähnenswert ist? Es waren die letzten WM-Punkte für Red Bull Racing. Seitdem geht nichts mehr. Krise.

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Schlimm genug, dass es im eigenen Team nicht mehr läuft. Zu allem Überfluss schickt sich aber auch noch das eigene B-Team Toro Rosso an, Red Bull den Rang abzulaufen.

Zuletzt in Valencia war der Vorsprung von Toro Rosso frappierend. "Wir haben im Moment ein Leck im Boot. Wir sind gut in die Saison gestartet, aber seit dem Hockenheim-Test läuft alles schief", sagte Webber dem Fachmagazin "Autosport". "Seitdem waren wir in keiner einzigen Session konkurrenzfähig."

Red Bull hat klaren Motor-Nachteil

Wie kann so etwas passieren? Grund 1: Der Motor

Red Bull hatte sich vor der Saison 2007 entschieden, von Ferrari- auf Renault-Motoren zu wechseln, und die Ferrari-Aggregate zum B-Team Toro Rosso abgeschoben.

Was damals richtig gewesen sein mag, ist heute ein großer Nachteil. Der Ferrari-Motor hat deutlich mehr Leistung als das Renault-Aggregat, da die Roten trotz Einfrierens des Motoren-Reglements viel mehr Verbesserungen an der Peripherie erzielt haben.

Spa und Monza sprechen für Toro Rosso

"Die Toro Rosso fahren mit Flügeln, die um zwei Stufen steiler eingestellt sind, gewinnen im Top-Speed aber 3 km/h auf uns", zitiert das Fachmagazin "auto, motor und sport" einen Team-Verantwortlichen.

Ein Problem, das Red Bull nicht so schnell los wird. "Das wird vor allem auf den kommenden Power-Strecken in Spa oder Monza ein riesiger Faktor sein", prophezeit Premiere-Experte Jacques Schulz gegenüber SPOX. "Der momentane Trend wird sich in den kommenden Rennen fortsetzen."

Red Bull hat sich verrannt

Es wäre aber falsch zu sagen, dass Red Bull nur wegen des Motors so stark nachgelassen hat.

"Red Bull probiert im Moment sehr viel aus. Neuer Frontflügel und neue Aufhängung sollen eigentlich helfen, die Lücke zu Toyota zu schließen, um Platz vier in der Konstrukteurs-WM anzugreifen. Dabei agiert man ziemlich hektisch und verrent sich etwas", sagt Schulz.

Unnötige Experimente in Valencia

Beispiel Valencia: Dort ließ Chefdesigner Adrian Newey vor dem ersten Training auf dem neuen Kurs Frontflügel und Hinterachse komplett umbauen. Das ging prompt schief. So schief, dass die Mechaniker nach der ersten Session alles wieder zurückbauen mussten.

"Ich verstehe nicht ganz, warum man auf einer neuen Strecke so ein Experiment veranstalten muss", beklagte sich David Coulthard.

Toro Rosso hat auf derartige Risiken verzichtet - und fährt sehr gut damit. "Wir hätten unsere Autos mit technischen Neuerungen ausrüsten können, haben aber bewusst darauf verzichtet", sagte Teamchef Franz Tost der Zeitschrift "Motorsport aktuell".

Vettel-Wechsel trotzdem richtig

Sebastian Vettel hat es auch - oder gerade - ohne technische Experimente auf Platz sechs geschafft und war damit zum wiederholten Mal bester Fahrer des Red-Bull Quartetts Webber/Coulthard/Vettel//Bourdais.

2009 wird Vettel für Red Bull Racing starten, also das Team, dem er im Moment im B-Auto um die Ohren fährt.

Da stellt sich die Frage: Tut er sich mit dem Wechsel überhaupt einen Gefallen?

"Definitiv", stellt Schulz klar. "Das A-Team hat immer mehr Ressourcen und damit auch mehr Möglichkeiten. Toro Rosso steht dagegen vor der ungewissen Zukunft, eventuell verkauft zu werden."

Und außerdem: Kann Vettel seine aktuelle Form konservieren, ist ihm durchaus zuzutrauen, dass er mehr aus dem Red-Bull-Boliden herausholt als die jetzige Besatzung.

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