Den "Versager" vom Hof gejagt

Von Alexander Mey
schumacher, ralf
© Getty

München - Die Geschichte des Ralf Schumacher ist eine Geschichte voller Missverständnisse.

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Missverständnis 1: Ein Formel-1-Fahrer, der Schumacher heißt, muss zwangsläufig ein Ausnahmefahrer sein.

Während Michael Schumacher seine Karriere nach sieben WM-Titeln und 91 Grand-Prix-Siegen beendete, brachte es Ralf nicht einmal auf eine richtige WM-Chance und magere sechs GP-Triumphe. Der letzte davon ist viereinhalb Jahre her. Ralf war nur dann gut, wenn er ein perfekt abgestimmtes Auto hatte. Sobald es galt, Probleme des Autos fahrerisch zu korrigieren, war Schumacher überfordert.

Bestes Beispiel für den frappierenden Unterschied zwischen den beiden Brüdern: Michael ging 1996 zu Ferrari und machte aus einem Pleiten-Team einen Serienweltmeister. Ralf ging 2005 zu Toyota und wollte das gleiche erreichen. Er machte jedoch aus einem belächelten Team ein ausgelachtes Team.

Missverständnis 2: Wenn ein Schumacher die Formel-1-Bühne verlässt, dann weint ihm eine ganze Nation nach.

Als Michael Schumacher in Monza 2006 seinen Rücktritt ankündigte, überschlugen sich die Medien mit Specials, Interviews, Portraits und Huldigungen. Jetzt, da Ralf nach seinem Test in Jerez sagte "Es ist gut möglich, dass ich heute zum letzten Mal in einem Formel-1-Wagen gesessen habe", schlägt ihm statt Lob und Ehr nur Schimpf und Schande entgegen. Die Medien jagen den 32-Jährigen vom Hof.

"Deutschlands reichster Versager. Schönwetterpilot und Hinterherfahrer: Ralf Schumacher verabschiedet sich", titelte die Münchner "AZ". Die "Sport-Bild" sprach von einem "unrühmlichen Abgang" und warf Schumacher vor, seine Fans mit immer neuen Beteuerungen, er werde 2008 auf jeden Fall Formel 1 fahren, "an der Nase herumgeführt" zu haben. Die "Süddeutsche Zeitung" verabschiedete Schumacher als einen Mann, "der nicht erreicht hat, was er erreichen wollte und hätte erreichen können."

Missverständnis 3: Ralf Schumacher wird schon wissen, was er in der Öffentlichkeit sagt.

Schumacher entwickelte sich während seiner Karriere vom Hoffnungsträger zum deutschen Pendant von Rubens Barrichello und David Coulthard. Vor jeder Saison stellte er sich hin und formulierte toll klingende Saisonziele. Herausgekommen ist selten etwas. 2001 und 2002 wurde er jeweils Vierter in der Fahrer-WM, das waren noch die Highlights. 2007 wollte er eigentlich Rennen gewinnen, herausgekommen sind fünf WM-Punkte.

Dazu noch die ständigen betont selbstsicheren Ankündigungen, er werde 2008 auf jeden Fall Formel 1 fahren, daran gebe es überhaupt keinen Zweifel. Angesichts zunehmend schwindender Alternativen auf dem Transfermarkt stellte sich schnell die Frage: Log Schumacher die Öffentlichkeit bewusst an, oder lebte er tatsächlich in seiner eigenen Welt, die ihm vorgaukelte, er habe in Sachen Cockpits für 2008 die freie Auswahl?

Fazit: Sollte Ralf Schumacher tatsächlich gehen, wonach es aussieht, dann wird man ihn eben nicht, wie sein Ex-Manager Willi Weber sagte, vermissen. Er wird einfach weg sein und niemand wird mehr nach ihm fragen.

Nicht einmal die Deutschen, denn die haben mit Nick Heidfeld, Nico Rosberg und Sebastian Vettel schon 2007 drei Fahrer gehabt, die deutlich mehr Freude gemacht haben als Schumacher. 2008 kommt Timo Glock dazu, zudem gibt es auch noch Adrian Sutil im leider unterlegenen Auto. Alle fünf verdienen zusammen nicht so viel Geld wie es Schumacher bekommen hat. Dafür haben sie aber gute Chancen, einmal mehr vermisst zu werden als Schumacher, wenn sie eines Tages abtreten.

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