Auf die dreckige Art

Von Alexander Mey
brasilien, start
© Getty

München - Endlich ist Ron Dennis am Ziel. Zum ersten Mal seit 1998 hält er den Pokal in den Händen, der ihm alles bedeutet - die Trophäe des Konstrukteurs-Weltmeisters.

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Wer jetzt glaubt, er habe nach dem turbulenten Rennen in Brasilien etwa Wesentliches verpasst, der irrt. McLaren-Mercedes hat nicht irgendwie alle Konstrukteurs-Punkte durch irgendeine Entscheidung irgendwelcher FIA-Rennkommissare zurückerhalten.

Das Team überreichte seinem Chef nach dem letzten Rennen lediglich ein selbst gebasteltes Imitat des Original-Pokals, als Wertschätzung dafür, dass man ja eigentlich mehr Punkte geholt hätte als Ferrari, wäre da die unsägliche Spionage-Affäre nicht gewesen. "Eine nette Geste", befand Dennis, aber ein schwacher Trost für eine Saison, die mit dem schlimmsten Albtraum endete und die man jetzt nur noch versuchen kann, am Grünen Tisch zu retten.

Fahrer-Titel auf die dreckige Art

Denn das ist der Plan. Nachdem die FIA am Sonntagabend in Brasilien BMW-Sauber und Williams trotz Unstimmigkeiten mit der Benzin-Temperatur aus Mangel an Beweisen freigesprochen und Kimi Räikkönen offiziell als Weltmeister bestätigt hatte, kündigten die Silbernen postwendend einen Protest an. Sie haben nun sieben Tage Zeit, diesen schriftlich einzureichen.

Man will nicht akzeptieren, dass Nico Rosberg, Robert Kubica und Nick Heidfeld straffrei ausgehen, und zwar aus einem einfachen Grund. Sollten der Vierte, der Fünfte und der Sechste des Brasilien-GP disqualifiziert werden, würde Lewis Hamilton auf Platz vier vorrücken und nachträglich doch noch Weltmeister.

Das wäre zwar eine dreckige Art, den Fahrer-Titel zu holen, aber in den Augen der Silbernen war es schließlich ebenso dreckig, sie für die Spionage-Affäre so hart zu bestrafen und ihnen dadurch den Konstrukteurs-Titel zu rauben.

Alonso hofft, dass Protest abgewiesen wird

Bei McLaren-Mercedes herrscht trotz der Niederlage das Selbstverständnis, eigentlich beide Titel verdient zu haben und lediglich vom Pech verfolgt gewesen zu sein.

Eine Einstellung, mit der ein Mann überhaupt nichts anfangen kann: Fernando Alonso. Der Spanier, der seit Monaten einen Rosenkrieg mit seinem Arbeitgeber ausficht, hat seine ganz eigene Meinung zum Protest gegen die Wertung des Brasilien-GP und die Rolle des Teams im letzten Saisondrittel.

Er hofft, dass der Protest seines Teams abgewiesen wird. "Alles andere wäre ein Witz und davon hatten wir in diesem Jahr schon zu viele", sagte er dem spanischen Radiosender "Cadena Ser". "Wenn dem Protest stattgegeben würde, könnte man den Sport gleich beerdigen."

Hauptsache nicht Hamilton

Alonso, der nach seinem dritten Platz in Sao Paulo punktgleich mit Teamkollege Hamilton WM-Dritter geworden ist, schien sich bei der Siegerehrung fast mehr über Räikkönens Titel zu freuen als der sich selbst. Zu groß war wohl die Erleichterung, dass diese grauenhafte Saison endlich vorüber ist.

Alonsos Einstellung wurde im Schampus-Regen auf dem Podium ziemlich offensichtlich: Wenn schon ich nicht Weltmeister werde, dann sollen mein Team und mein Teamkollege wenigstens auch in die Röhre gucken.

Schwere Vorwürfe an die Teamleitung

Seiner Meinung nach die gerechte Strafe für eine verheerende Teamleitung. "Man kann nicht gerade sagen, dass das Team gut gemanagt wurde", sagte Alonso. "Das Ergebnis spricht für sich selbst. McLaren hat die WM wahrscheinlich wegen einiger Entscheidungen verloren, die man speziell in der zweiten Saisonhälfte getroffen hat."

Klar, dass sich der Weltmeister von 2005 und 2006 dabei vor allem auf seine Person bezieht. "Es ist kein Geheimnis, dass man mir nicht gerade geholfen hat. Als mein Teamchef in China gesagt hat, man fahre nicht gegen Räikkönen sondern gegen mich, da war das eine klare Absichtserklärung", sagte Alonso. "In den letzten Rennen war ich an Händen und Füßen gefesselt. Ich hatte keine Macht mehr und musste alles tun, was das Team wollte."

Dadurch, dass man ihn nicht mit allen Mitteln im WM-Kampf unterstützte, habe man dazu beigetragen, nun mit leeren Händen dazustehen. Fehlt nur noch der Zusatz: Das habt Ihr nun davon!

Alonso bestreitet Gespräche mit Renault

Man wird das Gefühl nicht los, als sehe sich Fernando Alonso seit dem Moment, als er die Ziellinie in Sao Paulo überquert hat, als Ex-McLaren-Pilot.

Das heißt aber nicht, dass er sich  - wie allgemein angenommen - schon für eine Rückkehr zu Renault entschieden hätte. "Ich weiß, dass es diese Gerüchte gibt", sagte er. "Aber die Wahrheit ist, dass ich noch mit keinem anderen Team gesprochen habe. Sollte ich also nicht bei McLaren bleiben, kann ich noch nicht sagen, dass Renault meine erste Wahl wäre."

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