Schweden im Halbfinale - USA demütigt Russland

Von Martin Jahns / Thomas Jahn
Alex Galchenyuk erzielte das 4:1 für die US-Boys
© getty

Schweden hat das Halbfinale der heimischen Eishockey-WM 2013 erreicht: Im Gigantenduell gegen Kanadas Starensemble behielten die Tre Kronor nach Penaltyschießen mit 3:2 die Oberhand. Am Samstag kommt es gegen Finnland zum Showdown der WM-Gastgeber, das sich dramatisch gegen die Slowakei durchsetzte. Nach dem 3:5 in der Gruppenphase haben sich die USA gegen Russland eindrucksvoll revanchiert. Im Halbfinale treffen die US-Boys auf die Schweiz, die ihren Siegeszug fortsetzte und Tschechien bezwang.

Cookie-Einstellungen

Kanada - Schweden 2:3 n.P. (0:0, 1:0, 1:2, 0:0)

Tore: 1:0 Stamkos (20:45 PP), 1:1 Danielsson (45:41 PP), 1:2 Danielsson (49:35 PP), 2:2 Giroux (50:50), 2:3 Pettersson (GWG)

Strafen: 4:4

Wenig Torszenen, viel Stückwerk - Schwedens und Kanadas Abwehrreihen verrichteten zu Beginn des Gigantenduells einen guten Job, beide Teams neutralisierten sich im Stockholmer Globen auf hohem Niveau, so dass die Anzeigetafel nach 20 Minuten leer blieb.

Trauriges Highlight des Anfangsdrittels: Ein bitterböser Frontal-Kniecheck von Schwedens Verteidiger Alexander Edler gegen seinen NHL-Kollegen Eric Staal. Der Hurricanes-Profi krümmte sich nach der Attacke am Boden und musste gestützt vom Eis geführt werden. Für Edler setzte es eine Spieldauerstrafe, ihm droht im Nachlauf zudem eine Sperre durch die Disziplinarkommission.

Erst Jubel, dann Videobeweis

Im zweiten Durchgang stand dann wieder Eishockey im Mittelpunkt. Und Team Kanada gab dabei zunächst den Ton an. Steven Samkos hielt im Powerplay bei einem Blue-Line-Hammer von Stephane Robidas den Schläger rein und lenkte den Puck an Jhonas Enroth vorbei ins schwedische Tor - der siebte Turniertreffer des Lightning-Superstars.

Jubel hallte erst nach der zweiten Schlusssirene wieder durch den Globen: Die Kanadier hatten Enroth zum zweiten Mal überwunden, die Refs erkannten den Treffer zur Erleichterung der schwedischen Fans jedoch nach Videobeweis ab. Der Puck hatte die Linie ein paar Hundertstel zu spät überquert.

Petterssons Hammer als Schlusspunkt

Im Schlussabschnitt wurden dann fleißig Geschenke ausgeteilt: Zunächst nutzte das schwedische Powerplay in Person von Nicklas Danielsson zwei völlig unnötige Strafen von Dan Hamhuis und Claude Giroux gnadenlos aus und drehte das Spiel mit zwei Weitschüssen auf 2:1. Nach einem krassem Abwehrfehler Schwedens machte Giroux seinen Lapsus dann postwendend wieder gut und netzte zum Ausgleich ein, der bis zum Ende der regulären Spielzeit Bestand hatte.

Auch in der Verlängerung jagten beide Teams vergeblich der Entscheidung hinterher, so dass der Shootout herhalten musste. Der überragende Enroth (41 Saves) ließ sich in vier Versuchen nur einmal überwinden, Frederik Petterssons Hammer aus fünf Metern ließ den Globen schließlich beben. Schweden trifft im Halbfinale am Samstag auf Co-Gastgeber Finnland.

Russland - USA 3:8 (1:2, 0:2, 2:4)

Tore: 0:1 Stastny (11:53), 0:2 Oshie (12:43), 1:2 Svitov (15:30), 1:3 Thompson (25:45), 1:4 Galchenyuk (37:31), 2:4 Ovechkin (41:38), 2:5 Carter (42:55/UZ), 3:5 Perezhogin (43:40/PP), 3:6 Trouba (48:11/PP), 3:7 Moss (49:56), 3:8 Stastny (50:07)

Strafen: 2:4

Nach dem Erfolg in der Gruppenphase wollte der Rekordweltmeister auch im Viertelfinale gleich von Beginn an zeigen, wer Herr im Haus ist. Alexander Ovechkin hatte nach nicht einmal 40 Sekunden die Riesenchance zur Führung, doch der junge US-Goalie John Gibson vom AHL-Team Norfolk Admirals parierte glänzend gegen den Star der Washington Capitals.

Mit geschicktem Forechecking konterten die Amerikaner die stürmische russische Anfangsphase - und trafen ihrerseits mit der ersten Chance: Craig Smith ließ Gegenspieler Biryukov stehen und passte die Scheibe auf den heranstürmenden Ex-Münchner Paul Stastny, der locker einschob.

Gibson überragend im Tor

Und die USA legten nach. Nur 50 Sekunden später passte Tim Stapleton den Puck auf den startenden TJ Oshie. Der Mann der St. Louis Blues visierte von der rechten Seite das kurze Eck an und erwischte Goalie Ilya Bryzgalov auf dem falschen Fuß.

Dann schlugen die Russen zurück: Sergei Soin startete mit der Scheibe aus der neutralen Zone, schüttelte zwei Gegenspieler wie lästige Fliegen ab und hatte das Auge für Alexander Svitov, der Gibson keine Chance ließ.

Zu Beginn des zweiten Drittels hatte Stephen Gionta (New Jersey Devils) in Unterzahl die Chance zum 3:1, doch die Latte rettete für Russland. Auf der Gegenseite hielt erneut der 19-jährige Gibson überragend gegen Ovechkin, der am zweiten Pfosten freistand.

Russen unsortiert

Wieder machten es die Außenseiter aus den USA besser: Nach einem Fehler von Svitov startete Ryan Carter (New Jersey Devils) durch, legte vor dem Tor quer auf Nate Thompson (Tampa Bay Lightning), der durch die Schoner von Bryzgalov hindurch einschob.

Auch im zweiten Drittel hatte der Titelverteidiger Probleme, sein gewohntes Aufbauspiel aufzuziehen. Immer wieder waren die bissigen Amerikaner eng am Mann und sorgten so dafür, dass sich die Sbornaja nie in der US-Zone festspielen konnte.

Paradebeispiel dafür war das 4:1 durch Alex Galchenyuk (Montreal Canadiens) nach Puckverlust von Yevgeni Kuznetsov in der eigenen Zone gegen den aufmerksamen Stastny. Die Russen, die gerade in der Vorwärtsbewegung waren, agierten unsortiert, sodass die Scheibe über zwei Stationen bei Galchenyuk landete. Der blieb cool, umkurvte Bryzgalov und traf ins offene Tor.

Bryzgalov durch Varlamov ersetzt

Für Russlands Goalie war das die letzte Aktion. Völlig entnervt machte er Semyon Varlamov, in Colorado Teamkollege von Stastny, Platz. Besser sollte es dadurch für die Russen jedoch nicht werden.

Eine Einzelaktion von Ovechkin brachte den Titelfavoriten zu Beginn des Schlussdrittels zwar auf zwei Tore heran, doch nach weiteren Treffern durch Carter in Unterzahl und Perezhogin folgte beim Stand von 3:5 nicht etwa eine furiose Schlussoffensive, sondern ein spektakulärer Zusammenbruch.

Binnen 116 Sekunden schenkten die US-Amerikaner Varlamov drei Tore ein - unhaltbar war keines davon. So wurde es am Ende die höchste russische WM-Niederlage seit dem 0:5 gegen Kanada 1955 in Krefeld. Acht Gegentore gab es zuvor lediglich beim 5:8 gegen Kanada bei den Olympischen Spielen 1960, die damals auch als WM galten.

Schweiz - Tschechien 2:1 (1:0, 1:0, 0:1)

Tore: 1:0 Hollenstein (5:45), 2:0 Josi (33:08/PP), 2:1 Kutlak (45:29/PP)

Strafen: 6:3

Nach dem 5:2 in der Gruppenphase hat die Schweiz auch das Viertelfinale gegen den Weltmeister von 2010 für sich entschieden. In einer umkämpften, aber zerfahrenen Begegnung blieben die Eidgenossen in den entscheidenden Momenten eiskalt, während die Tschechen sich vor allem im Mitteldrittel mit Strafzeiten selbst aus dem Rhythmus brachten.

Tschechien legte zwar den aggressiveren Start hin, doch das Tor machten die Schweizer: Nach einem Konter legte Denis Hollenstein Tschechiens Goalie Ondrej Pavelec den Puck mit Übersicht ins lange Eck.

Auch nach dem Gegentor spielten die Tschechen nach vorne, fanden jedoch gegen die bissige Schweizer Defensive keine Mittel. Klares Aufbauspiel blieb die Ausnahme.

Im zweiten Drittel erhöhten die Schweizer in Überzahl auf 2:0, als Roman Josi auf der rechten Seite völlig freistehend unter den Schoner von Pavelec hindurch einschoss. Es war bereits das zehnte Powerplay-Tor für den Überraschungssieger der Gruppe S.

Vrbata verpasst Ausgleich

Tschechien schoss zwar häufiger aufs Tor, doch mit drei Strafzeiten bereiteten sie im Mitteldrittel ihren Druckphasen immer wieder selbst ein Ende.

Besser machte es der Gruppenvierte im Schlussdrittel: Die Tschechen deckten Martin Gerber im Schweizer Tor mit Schüssen ein, und wurden schließlich in Überzahl belohnt, als Zdenek Kutlak per Rebound zum Anschluss traf.

Vom Treffer euphorisiert belagerte das Team von Head Coach Alois Hadamczik in den letzten 14 Minuten die Schweizer Zone. Die beste Chance hatten die Tschechen jedoch nach einem Konter, als Radim Vrbata von den Phoenix Coyotes allein auf Gerber zuging, dann aber Nerven zeigte und den rechtzeitigen Abschluss verpasste.

Auch im Sechs-gegen vier in den letzten 20 Sekunden konnte der WM-Dritte des letzten Jahres den Ausgleich nicht mehr erzwingen. So blieb es am Ende beim knappen, aber nicht unverdienten 2:1 für die Schweiz, die damit als einzige ungeschlagene Mannschaft des Turniers im Halbfinale steht.

Finnland - Slowakei 4:3 (3:0, 0:2, 1:1)

Tore: 1:0 Vaananen (01:31), 2:0 Kontiola (09:49), 3:0 Kontiola (15:44), 3:1 Miklik (25:03), 3:2 Sekera (32:17), 3:3 Surovy (40:30), 4:3 Aaltonen (48:13)

Strafen: 4:5

Co-Gastgeber gegen Vizeweltmeister lautete das schmackhafte Viertelfinal-Matchup in der Hartwall Arena. Und wie schon beim 2:0-Erfolg in der Gruppenphase jubelten in Helsinki zunächst ausschließlich die finnischen Hausherren.

Schon nach 91 Sekunden ließ es Ossi Väänänen mit einem Geschoss von der blauen Linie klingeln, Suomi-Topscorer Petri Kontiola legte gegen die anfangs komplett überforderten Slowaken mit seinen Turniertoren sieben und acht nach. Alles deutete auf einen Durchmarsch der in allen Belangen überlegenen Finnen hin.

Totenstille in Helsinki

Doch im zweiten Abschnitt kamen die Slowaken wie ausgewechselt aufs Eis und drängten Finnland phasenweise minutenlang in die eigene Zone. Folgerichtig: Der Anschlusstreffer durch Michel Mikliks verdeckten Schlagschuss-Kracher aus dem Hinterhalt.

Der Dauerdruck der Slowaken hielt an und ein abgefälschter Handgelenksschuss von Andrej Sekera brachte sie wenig später auf ein Tor ran. Das Team von Coach Vladimir Vujtek war dem Ausgleich nun ganz nahe. Der Torpfosten und Keeper Antti Raanta sorgten jedoch dafür, dass Finnland mit einem knappen Vorsprung ins Schlussdrittel ging.

Dieser war nach nur 30 Sekunden dann aber Geschichte: Branko Rdivojevic setzte den Puck aus spitzem Winkel an den Pfosten, Tomas Surovy staubte zum Ausgleich ab und sorgte für Totenstille in Helsinki. Mächtig laut wurde es knapp zwölf Minuten vor Schluss, als Juhamatti Aaltonen das Momentum des Gegners mit dem Big Point zum 4:3 zerstörte.Die ausgepumpten Slowaken waren danach nicht mehr in der Lage, die Partie noch einmal zu drehen.

Der WM-Spielplan