"Das hat schon etwas von einer Dynastie"

Von Interview: Bastian Strobl
Andre Rankel wurde mit den Eisbären Berlin bereits fünfmal deutscher Meister
© Getty

Berlin ist seit Dienstag wieder die Hauptstadt des deutschen Eishockeys. Für Andre Rankel ist es bereits die fünfte Meisterschaft mit den Eisbären. Im Interview mit SPOX spricht er über eine lange Nacht, eine Dynastie in der DEL und Pfiffe in Wolfsburg.

Cookie-Einstellungen

SPOX: Herzlichen Glückwunsch zur Meisterschaft, Herr Rankel. Haben Sie eigentlich schon begriffen, was Sie und Ihr Team geleistet haben?

Andre Rankel: So richtig realisiert habe ich es noch nicht. Was gestern passiert ist, war einfach unglaublich. Danach ist man erstmal ein bisschen durcheinander. Aber wir haben es geschafft, und darauf bin ich stolz - auch wenn ich es noch gar nicht glauben kann.

SPOX: Wie war die Nacht?

Rankel: (lacht) Die war schon etwas länger. Als ich nach dem Empfang in der O2-World in meinem Bett lag, war es halb acht.

SPOX: Jetzt ist die Saison mit einem Schlag vorbei. Sie müssen unheimlich kaputt sein...

Rankel: Mir tut alles weh. Deswegen ist es ganz gut, den Tag heute mal zu Hause verbringen zu können.

SPOX: Sie sind 25 Jahre alt und schon zum fünften Mal Meister. War das Ihr schönster Titel?

Rankel: Es ist jedes Mal etwas Schönes. Jede Meisterschaft hat ihre eigene Geschichte. Es ist einfach unglaublich, dass ich schon fünfmal Meister geworden bin und das alles mit diesem Verein. Ich bin stolz, ein Teil der Eisbären zu sein.

SPOX: Diese Meisterschaft war alles andere als ein Durchmarsch. Es gab Durchhänger. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Rankel: Die Saison war ganz sicher nicht leicht. Nach dem Gewinn der European Trophy sind wir in ein Loch gefallen. Damals hatten wir wenig Selbstvertrauen und viele Verletzte. Aber wir haben es trotzdem geschafft, den dritten Platz zu sichern. Das war sicherlich ein Knackpunkt. Niemand hat uns zugetraut, dass wir Meister werden. Aber wir als Mannschaft wussten die ganze Zeit, dass wir es drauf haben und es packen können.

SPOX: Und auf der Zielgeraden der Regular Season und in den Playoffs lief es dann tatsächlich immer besser.

Rankel: Wir haben einfach super Eishockey gespielt, gerade in den Playoffs. Gegen Ingolstadt konnten wir davor nie gewinnen. Da haben wir gleich mal gezeigt, dass wir da sind. Die Düsseldorf-Serie war dann natürlich atemberaubend, mit wie viel Selbstvertrauen wir nach dem 1:2 zurückgekommen sind. Und gegen Wolfsburg haben wir einfach da weitergemacht, wo wir gegen Düsseldorf aufgehört hatten. Alleine der letzte Sieg, der Charakter, den wir da gezeigt haben, war einfach klasse. Hut ab vor der Mannschaft!

SPOX: Sind Sie dennoch vom Titel überrascht?

Rankel: Was heißt überrascht? Vielleicht für die Außenstehenden, aber wir wussten die ganze Zeit, dass wir es packen können. Wir hatten die ganze Zeit ein Ziel. Ganz egal, auf welchem Tabellenplatz wir waren oder wie viele Verletzte wir hatten. Wir hatten ein großes Bild im Kopf und wussten, dass wir das erreichen können. Vielleicht war es gar nicht schlecht, dass wir in der Saison einige Schwächephasen hatten. An diesen Kleinigkeiten konnten wir arbeiten und sie abstellen, bevor es dann richtig losging.

SPOX: In allen drei Spielen gerieten Sie in Rückstand. Wieso kommen die Eisbären immer zurück?

Rankel: Ich weiß nicht, ob es die Erfahrung ist. Aber wir verlieren einfach nie den Glauben an uns. Es läuft eigentlich immer ab wie in einem Film. Wir geraten in Rückstand, kommen trotzdem zurück und gewinnen das Spiel. In der Serie gegen Wolfsburg war es vermutlich die Erfahrung und der Glaube an uns, die entscheidend waren. Ich hatte nie Zweifel, dass wir das schaffen. Wir haben immer unser Ding durchgezogen.

SPOX: Im US-Sport spricht man von einer Dynastie, wenn ein Team seine Liga über einen längeren Zeitpunkt beherrscht. Können wir von einer Berliner Dynastie sprechen?

Rankel: Vielleicht. Ich tue mich immer schwer, so etwas zu sagen. Aber wenn man in sieben Jahren fünfmal Meister wird und dazu noch einmal in die Finals einzieht, dann hat das schon etwas von einer Dynastie.

SPOX: Ein Wort zu Wolfsburg.

Rankel: Ich kann nur ein großes Lob aussprechen. Sie haben uns in drei Spielen alles abverlangt und waren nicht umsonst nach der Hauptrunde Erster in der Tabelle. Das 3:0 spiegelt die Serie nicht wider.

SPOX: Warum liegt Ihnen der EHC so gut? Sie haben jetzt elf Mal in Folge gegen Wolfsburg gewonnen.

Rankel: Ich kann es mir auch nicht erklären. Die Spiele waren alle so eng. Die Wolfsburger hätten auch locker ein Spiel gewinnen können. Wir haben uns von Anfang an gesagt: Die haben uns noch nicht geschlagen und das soll auch so bleiben. Der erste Sieg war besonders wichtig - nach dem Motto: Die schaffen es auch im Finale nicht.

SPOX: Neun Tore, acht Assists in zwölf Playoff-Spielen - was sagen Sie zu Ihrer eigenen Leistung?

Rankel: Ich will mich nicht so in den Vordergrund spielen. Wir haben als Mannschaft super gespielt. Meine Reihe hat mich super unterstützt, dann war es natürlich auch für mich einfacher.

SPOX: Es gab Pfiffe nach dem Spiel von Seiten der Wolfsburger Fans. Wie haben Sie die Stimmung erlebt?

Rankel: Ganz ehrlich: Wir sind jetzt dreimal auswärts Meister geworden. In Wolfsgburg, in Düsseldorf und dann noch in Köln. Da wurden wir fair behandelt und beklatscht. Was in Wolfsburg passiert ist, fand ich ein wenig unfair. Dass man ausgepfiffen wird, wenn man den Pokal hochhebt, muss eigentlich nicht sein - auch wenn ich die Enttäuschung nachvollziehen kann.

SPOX: Der nächste Höhepunkt steht schon vor der Tür. In einer Woche beginnt die WM in der Slowakei.

Rankel: Ich lasse alles auf mich zukommen. Erstmal ist Regeneration angesagt - und dann werden wir mal sehen, was kommt. Natürlich ist die WM ein Ziel, aber jetzt genieße ich erst die Meisterschaft.

So wurden die Eisbären Berlin deutscher Meister