Machtkampf mit offenem Ausgang

Die Euroleague befindet sich seit längerem auf Konfrontationskurs mit der FIBA
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Kommt es zur Spaltung des europäischen Basketballs?

Als "echte Europaliga" bezeichnete Präsident Jordi Bertomeu die neue Euroleague - das gleiche strebt die FIBA mit ihrer Champions League an. Die Fronten sind nach den beiden Vorstößen, die jeweils im Alleingang durchgeführt wurden, verhärtet.

Der Weltverband war bemüht, die Reaktion der Euroleague direkt nach Bekanntwerden zu kritisieren und die eigene Position darzustellen. "Dieses neue System ist ein Gegensystem zu nationalen Meisterschaften", so Weiss: "Damit geht man auf Kriegsfuß zu den Ligen. Man agiert auch in der einen oder anderen Richtung gegen die Nationalmannschaften."

Letzteres definitiv, doch das erste Argument kann aufgrund der identischen Spielanzahl auch gegen die CL vorgebracht werden. Zurückweichen will die FIBA nach dem Zug des Konkurrenten aber nicht. "Wir werden die Champions League mit Sicherheit so durchziehen", sagte Weiss. Sie sei "für die eine oder andere Nation auch viel interessanter."

Das mag durchaus sein, doch über den Erfolg oder Misserfolg der beiden Konzepte entscheiden zuallererst die Teams - und die lassen sich bitten. Nachdem die acht einflussreichsten Klubs zunächst mit der FIBA an einem Tisch gesessen und das Konzept der Champions League ausgearbeitet hatten, einigten sie sich nun mit der Euroleague - und stellten den Weltverband vor vollendete Tatsachen. Der Grund ist einfach: In der Euroleague erhoffen sie sich aufgrund der Anteilseignerschaft mehr Profit. Denn das Konzept hinter beiden Ligen ist eigentlich das gleiche.

Beide neuen europäischen Formate sind Hybride aus zwei Extremen. Auf der einen Seite steht ein komplett geschlossenes System wie die NBA, auf der anderen Seite ein wie im Fußball wechselndes Teilnehmerfeld, das nach rein sportlichen Kriterien zusammengestellt wird. Die Tendenz ist nach den neuesten Konzept-Präsentationen klar.

"Im Moment schlägt das Pendel Richtung NBA-Modell aus", so Marco Baldi, Geschäftsführer von Alba Berlin, gegenüber SPOX: "Aber die NBA ist etwas anderes. Dort treten keine Klubs, sondern Franchises innerhalb eines Kultur- und Wirtschaftsraumes gegeneinander an, denn die Liga ist mit Ausnahme von Toronto auf die USA beschränkt. Man kann die NBA nicht als Blaupause nehmen und eins zu eins auf Europa übertragen, schon gar nicht mit 16 Teams aus nur wenigen Ländern, davon zwei Teams aus Athen und zwei aus Istanbul. Das macht auch ökonomisch keinen Sinn. Ein Spiel von beispielsweise Efes gegen Olympiakos interessiert in Deutschland, Frankreich oder Italien keinen Menschen."

Essenzielles Problem der Entwicklung in Richtung NBA ist neben der nicht vorhandenen Identifikation die fehlende Chancengleichheit im europäischen System. Wo im US-Sport klare Regelungen wie Draft, Lotterie und Gehaltsobergrenze dafür sorgen, dass die Verhältnisse einigermaßen ausgeglichen bleiben, stehen in Europa unzählige unabhängige Vereine, die mit all ihren Vor- und Nachteilen eingerahmt von nur wenigen Beschränkungen miteinander konkurrieren.

"Natürlich hoffen wir, dass es in der Saison 15/16 keine zwei konkurrierenden Ligen gibt", sagt Alex Ferrer - und spielt den Ball damit zurück zur FIBA. Doch so richtig kann sich niemand vorstellen, dass eine der beiden Seiten nachgeben wird. "Ich glaube nicht, dass es schon zu Ende ist" sagt auch Rolf Beyer, Geschäftsführer der Brose Baskets Bamberg, im Gespräch mit SPOX: "Die FIBA wird sich nicht so einfach geschlagen geben, sondern versuchen, andere Machthebel anzusetzen. Das Ausrufen des neuen Euroleague-Wettbewerbs hat noch keine Klarheit geschaffen."

Doch welche Möglichkeiten hat der Weltverband jetzt? Erste und erstrebenswerteste Lösung sollte ein Kompromiss sein, doch die Fronten sind so verhärtet, dass davon derzeit nicht auszugehen ist. Ein aggressives Abwerben der elf A-Lizenz-Inhaber der Euroleague ist mit Ankündigung der neuen Liga vermutlich unmöglich geworden. Bliebe noch der Versuch, sich die Teilnahme der verbleibenden Mannschaften mit europäischem Niveau zu sichern. Dazu gehören auch Alba, Bamberg und Bayern.

Letzte Möglichkeit und gleichzeitig endgültige Eskalationsstufe könnte die Sperrung der Schiedsrichter für Spiele der Euroleague seitens der FIBA sein. Dann wäre die Euroleague gezwungen, im Handumdrehen einen eigenen Referee-Pool aufzubauen, will sie ihren neuen Spielbetrieb kommende Saison starten.

Eine neue Zeitrechnung wird definitiv anbrechen, wie es scheint aber erst einmal verzögert durch eine Übergangsphase. "Ich befürchte, dass es im kommenden Jahr zwei Ligen geben wird" so Beyer: "Die nächsten ein bis zwei Jahre wird es ein ziemliches Geharke - für den Sport ist das natürlich ein Rückschritt."

Der Imageschaden ist schon jetzt beträchtlich, mit sportpolitischen Diskussionen gewinnt der Basketball in Europa sicher keine neuen Fans. Schon gar nicht, falls es wirklich zu einer Spaltung kommen sollte.

Baldi sieht in den jüngsten Entwicklungen aber auch Positives: "Es spricht vieles dafür, dass es ein oder zwei Jahre ziemlich unruhig wird, aber am Ende dieses Prozesses wird vermutlich ein stärkeres System stehen als das, was wir jetzt haben. So war es 2000 und so war es auch bei der Zusammenführung von NBA und ABA 1976."

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