"Final Four sollte der Anspruch sein"

Jordi Bertomeu (M.) mit Final-Four-MVP Andres Nocioni, dahinter König Felipe von Spanien
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SPOX: Bevor die neue Saison beginnt, steht noch ein Highlight auf dem Programm: Die Euroleague World Tour. Fünf europäische Spitzenteams spielen insgesamt zehn Partien auf vier Kontinenten.

Bertomeu: Die World Tour hilft uns dabei, den europäischen Basketball in aller Welt bekannter zu machen. Viele denken, dass es nur die NBA gibt, und natürlich spielt die eine enorme Rolle - aber eben nicht die einzige. Auch der europäische Basketball bietet ein hohes Niveau, ist attraktiv für die Zuschauer und in vielerlei Hinsicht einzigartig. Indem unsere Teams in Südamerika, Asien oder sogar in den USA spielen, promoten sie den europäischen Basketball als Alternative - nicht besser oder schlechter, sondern eine andere Spielart unseres Sports. Und natürlich ist es für die Teams aus kommerzieller Sicht attraktiv.

SPOX: Welche Rolle könnten dabei die deutschen Teams spielen, die diesmal ja noch nicht vertreten sind?

Bertomeu: Alba Berlin hat ja schon einmal in China gespielt. Das zeigt, wie groß dort das Interesse am europäischen Basketball ist. In dem Maße, in dem sich die deutschen Klubs in der europäischen Spitze festsetzen, werden sie auch bei der World Tour vertreten sein - und dann nicht nur in China.

SPOX: Allen positiven Entwicklungen der Euroleague zum Trotz: Der Streit mit der FIBA bestimmt international die Schlagzeilen. Im letzten Interview mit SPOX im Mai hofften Sie noch auf einen Kompromiss, doch nun hat die FIBA während der EM in Berlin einen neuen Rahmenkalender offiziell veröffentlicht, der den Spielplan der Euroleague massiv beeinflussen wird. Ist dieser Kompromiss nun vom Tisch?

Bertomeu: Die Situation hat sich im Vergleich zu der vor einigen Monaten, ja sogar vor einigen Jahren nicht verändert. Also sind auch unsere Kritikpunkte die gleichen: Die Zeitfenster für die Nationalmannschaften überschneiden sich mit den Klubwettbewerben, zudem führen sie dazu, dass die besten Spieler aus der NBA nicht auf dem Court sein werden. Das ist nicht gut für den Sport. Aber die FIBA hat das Projekt dennoch weiter vorangetrieben. Wir hätten uns mit der FIBA sehr gerne zusammengesetzt und die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten gesucht. Schließlich betrifft ihre Entscheidung auch unseren Wettbewerb, ja sogar den ganzen Sport. Leider war sie zu keiner Zeit bereit, über Alternativvorschläge zu diskutieren. Wir würden sehr gerne mit der FIBA verhandeln, aber dazu gehört auch, dass man sich Argumente anhört und Zugeständnisse macht, mit dem Ziel eine Einigung herbeizuführen. Wenn aber eine Seite kategorisch nicht verhandeln will, dann lässt sich leider auch keine Lösung finden. Es gibt also nichts Neues. Wir sind jederzeit bereit, uns mit der FIBA an einen Tisch zu setzen und einen Mittelweg zu finden. Bisher hat sie jedoch nur auf ihrem Standpunkt beharrt.

SPOX: Wie könnte ein solcher Mittelweg aussehen?

Bertomeu: Es gibt definitiv Gemeinsamkeiten und deshalb auch einen möglichen Mittelweg, weil wir ja von Anfang an betont haben, dass die Grundidee der FIBA eine sehr gute ist. Es ist wichtig, dass die Nationalteams mehr Spiele absolvieren, vor allem vor heimischem Publikum. Das bisherige System hat dazu geführt, dass die Fans ihre Nationalmannschaften nur dann sehen konnten, wenn das eigene Land Ausrichter eines Turniers war. Es ist also ein sehr gutes System. Auch die Überlegung, dass man Überschneidungen mit Fußballevents aus dem Weg geht, unterstützen wir. Ich habe immer gesagt, dass 90 Prozent des neuen Systems sehr gut sind und wir unseren Teil beitragen wollen. Es ging uns immer nur um den Kalender. Der Mittelweg wäre also, dass sich die FIBA bei den verbleibenden zehn Prozent gesprächsbereit zeigt. Und das wäre der Rahmenkalender. Um dieses Problem zu lösen, müssten wir uns gemeinsam an einen Tisch setzen. Aber an diesem Tisch sitzen bisher nur wir und warten.

SPOX: Ein weiteres Projekt der FIBA ist der neue Europe Cup - ein europäischer Klubwettbewerb in Konkurrenz zur Euroleague und dem Eurocup, die jeweils vergleichbar sind mit der Champions League und der Europa League im Fußball. Um Teams zur Teilnahme zu bewegen, bietet der Weltverband angeblich hohe Antrittsgelder. Haben Sie Angst davor, dass Klubs aus der Euroleague zum Europe Cup abwandern?

Bertomeu: Das Ergebnis spricht doch für sich. Wie sie sagten: Die FIBA bietet den Klubs große Summen, damit sie am Europe Cup teilnehmen. Dazu kommt, dass auch von den nationalen Verbänden enormer Druck auf die Klubs ausgeübt wird. Das ist inakzeptabel. Aber unter dem Strich bleibt: Nur ein einziges von 36 Teams hat sich dazu entschieden, der FIBA zu folgen. Ein einziges Team aus Tschechien - und das liegt auch nur daran, dass der Präsident des tschechischen Verbandes gleichzeitig auch der Präsident des Klubs ist. Die verbleibenden 35 Klubs bleiben in der Euroleague-Struktur, den Lockrufen und Drohungen der FIBA und der Verbände zum Trotz. Weil sie erkannt haben, was für sie sportlich das Beste ist: Warum sollen sie in der dritten Liga spielen, wenn sie auch in der ersten oder zweiten Liga spielen können? Ich hoffe, dass die FIBA daraus die richtigen Schlüsse zieht.

SPOX: Sie machen sich also keine Sorgen?

Bertomeu: Letzten Endes sind es die Klubs, die die Entscheidung treffen. Die Verbände können sich gegen die Euroleague und für die FIBA aussprechen, sie können Druck ausüben, was auch immer. Das ist in Spanien geschehen, in Frankreich, auch in Deutschland. Aber was zählt, ist der Wille der Klubs. Sie sind es, die die Umsätze generieren und das Risiko tragen. Diese FIBA-Methoden sollten im Jahr 2015 eigentlich keinen Platz mehr haben.

Seite 1: Bertomeu über den Telekom-Deal, den deutschen Markt und Bayerns Wildcard

Seite 2: Bertomeu über World Tour, Europe Cup und den Kalenderstreit mit der FIBA

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