Leistung sichtbar machen

Von Jochen Tittmar
Die "Opta"-Daten dienen als Grundlage für die Erstellung des "Castrol EDGE Rankings"

Eine Weltrangliste für Profifußballer? Gibt es nicht, denkt man. Gibt es doch! Das "Castrol EDGE Ranking" liefert auf Grundlage der Daten von "Opta" eine monatlich aktualisierte Bestenliste der Spieler aus Europas fünf größten Ligen. SPOX-Redakteur Jochen Tittmar schaute sich bei "Opta" um und erklärt, wie aus den Daten das "Castrol EDGE Ranking" entsteht.

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Nehmen Sie die Profifußballer Daniel van Buyten vom FC Bayern und Barcelonas Xavi. Erstellen Sie nun eine Rangliste, die die fußballerischen Leistungen beider Akteure widerspiegelt. Es dürfte nur die wenigsten überraschen, sollte der Spanier deutlich vor dem Belgier platziert sein.

Im "Castrol EDGE Ranking", das der aus der Formel 1 bekannte Schmierölhersteller monatlich publiziert, klafft zwischen beiden eine Lücke von 22 Plätzen. Und nun die Überraschung: Van Buyten steht als Achtplatzierter deutlich vor dem drittbesten Fußballer der Welt.

"Castrol" nutzt die Daten von "Opta"

Wie kann das sein? Um das herauszukriegen, mache ich mich auf den Weg zu "Opta" nach München-Unterföhring. Das 1996 in England gegründete Unternehmen erhebt Daten und Statistiken zu Fußballspielen auf der ganzen Welt - und das in Echtzeit, also während die Partien laufen.

Die ermittelten Daten werden von der Betting-Industrie, Medien wie "Sky" oder "ESPN", den Fußballvereinen selbst oder Sponsoren für unterschiedliche Zwecke verwendet. "Castrol" nutzt diese Werte für die Erstellung des Rankings. Es muss also eine valide Grundlage dafür geben, warum van Buyten Xavi aussticht.

Als ich vor dem Gebäude stehe, deutet von außen nur wenig daraufhin, dass hier eine der Hochburgen der Datenerhebung ihren deutschen Sitz hat. Im Innern sieht das jedoch gleich anders aus. Die Leidenschaft für das runde Leder tropft hier buchstäblich von den Wänden. Trikots, Schals oder Poster mit allerhand Statistiken säumen den Flur und bringen Farbe in die zahlreichen Büros.

Drei Monate Übung als Analyst

In einem davon sitzt Andreas Hermle. Er arbeitet als Analyst. Was sich auf den ersten Blick unspektakulär anhört, muss bei der Beobachtung seiner Arbeit zügig revidiert werden. Hermle ist zusammen mit seinen Kollegen vor allem für die Live-Betreuung der Spiele verantwortlich und speist mit flinken Handgriffen die unermessliche Datenbank, auf die die Kunden von "Opta" zurückgreifen können.

Mit halboffenem Mund stehe ich fasziniert neben ihm und beobachte, wie er jede noch so undurchsichtige Aktion auf dem Spielfeld routiniert per Mausklick und Tastenkombination in die Datenbank einfließen lässt. Ein Kollege sitzt daneben und konzentriert sich ganz auf die gegnerische Mannschaft.

Eine dreimonatige Übungsphase benötigt es im Schnitt, bis man auf ein Live-Spiel losgelassen wird und sich unter anderem die rund 20 Tastenkombinationen ins Hirn eingebrannt haben. Pässe, Flanken, Luftzweikämpfe, gewonnene Dribblings - das ist nur ein Auszug der gigantischen Bandbreite, die die Analysten abdecken müssen.

Trefferquote der "Opta"-Daten liegt bei 98 Prozent

Bleibt bei dieser Art des Fußballkonsums überhaupt noch Zeit für Emotionen, frage ich mich sofort. "Es kommt bei uns schon zu Gefühlsausbrüchen, die Analysten haben ja auch ihre Lieblingsmannschaften", beruhigt mich Hermel, um aber sogleich nachzuschieben: "Aber erst, nachdem das Tor korrekt eingegeben worden ist." Dann hackt er wieder auf die Tastatur ein.

So kommen am Ende eines Spiels durchschnittlich 2000 Einzelfakten zusammen. Neben einem Wust an unterschiedlichen Passarten (Auszug: hoch, weit, flach, Befreiungsschlag, Weiterleitung) werden auch Details wie der Ort der Aktion oder der Drall des Balles nach einem Schuss live eingepflegt.

Das Erstaunliche dabei: Die Trefferquote der Opta-Analysten liegt bei 98 Prozent. Jede Partie wird zusätzlich von einem sogenannten Checker betreut, der für die Ausgeglichenheit von Werten wie beispielsweise der Zweikampfquote zwischen beiden Teams verantwortlich ist und überwacht, dass alles seine Richtigkeit besitzt.

Das Ziel von "Castrol": "Leistung sichtbar zu machen"

Die läppischen zwei Prozent Restunsicherheit werden in der Nachanalyse behoben. Diese findet meist am nächsten Tag statt und dauert pro Partie drei Stunden. Damit wird sicher gegangen, dass kein noch so verstecktes Detail unter den Tisch fällt und die Daten fehlerlos den Kunden zur Verfügung stehen.

Kunden wie "Castrol". Das Ziel des "Castrol EDGE Ranking": "Wir stellen uns die Frage, warum Spieler oder auch ganze Mannschaften besonders erfolgreich sind. Wir wollen Leistung sichtbar machen", wie Kommunikationschef Karsten Jaeger betont.

Um dies für jeden Spieler der fünf großen europäischen Ligen (Spanien, England, Deutschland, Italien, Frankreich) sowie der Champions League zu erreichen, bedarf es nicht nur den exakten Opta-Daten. Der Ansatz von "Castrol" ist, eine nach Punkten gegliederte Weltrangliste der besten Fußballspieler aufzustellen und diese fortlaufend aktuell zu halten.

Messen und Bewerten

Die Berechnung der Punkte folgt einem von "Castrol" definierten Schema. Ab hier wird es nun ein wenig mathematisch. Schritt eins ist die Erfassung des "Castrol Index". Damit wird die Spieler-Leistung sozusagen gemessen. Am Ende eines Spiels steht für jeden Akteur ein Wert zwischen null und zehn.

Maßgeblich dabei ist, in welcher Zone des Spielfeldes Aktionen - positiv wie negativ - stattfinden. Jeder erfolgreiche Pass bringt einem Spieler Punkte und ist abhängig davon, von wo und wohin der Pass gespielt wurde. Für jeden Spieler, egal ob Stürmer oder Verteidiger, wird derselbe Maßstab angelegt.

Hat man die "Castrol Index-Punktzahl" errechnet, folgt die Bewertung der Leistung. Der Wert des Spielers wird dabei mit einer vordefinierten Gewichtung der jeweiligen Partie multipliziert. Im Klartext: je bedeutender das Spiel, desto höher die Gewichtung. Ein Champions-League-Halbfinale hat somit eine höhere Bedeutung als eine Bundesligapartie. Das Ergebnis ist eine Gesamtpunktzahl für jeden Spieler in jedem Spiel.

Messi unangefochten in Führung

Um nun abschließend die Ranglistenpunkte zu bekommen, wird die im zweiten Schritt berechnete Punktzahl pro Spiel zu den bereits in den Vormonaten erreichten Punkten addiert. Daraus ergibt sich eine Punktzahl für zwölf Monate, die wiederum durch die individuelle Anzahl der Spielminuten dieser zwölf Monate dividiert wird. Der Quotient wird mit 90 multipliziert, damit jeder Spieler eine Durchschnittspunktzahl für 90 Spielminuten erhält (siehe die Infobox links für weitere Fakten).

Da sowohl die "Opta"-Daten als auch der von "Castrol" erstellte Algorithmus glaubwürdig sind, ist es keine Sensation, dass Lionel Messi auf Grundlage der Berechnung das "Castrol EDGE Ranking" seit Monaten anführt. Bester deutscher Spieler ist Mario Gomez, der Rang zwei belegt. Aber warum hat van Buyten Xavi gegen Ende des vergangenen Jahres überholen können?

Ganz einfach: Dem Weltmeister gelangen in dieser Periode weniger spielentscheidende Aktionen als dem Belgier. Wer das nicht für möglich hält und somit auch die Validität der von "Opta" erhobenen Daten anzweifelt, dem sei ein Blick in die schweißtreibende Arbeit der Analysten nahegelegt. Wer dort einen Fehler entdeckt, darf sich gerne bei mir melden.

Hier geht's zum Castrol-Edge-Ranking