eSports in den Medien: "Haben unser eigenes Fernsehen gebaut"

SID
Spieler auf einem eSports-Event in Atlanta
© getty

eSports findet nicht nur im Internet statt, sondern auch im Fernsehen. Und während die einen darauf verzichten könnten, wünschen sich andere noch mehr Engagement.

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Es ist sicherlich nicht vermessen, 2017 als Jahr des eSports zu bezeichnen. Ein Fußball-Bundesligist nach dem anderen verpflichtete Gamer, ein Großsponsor nach dem anderen stieg ein, um die wichtige Zielgruppe für sich gewinnen. Und auch einige Medienhäuser setzten den elektronischen Sport aus der extremen Nische auf einen Rang mit anderen olympischen Sportarten. Manche sagen allerdings: Zu spät.

"Das lineare Fernsehen hat es verpasst", lautet das umbarmherzige Urteil von Alexander Müller. Er ist der Chef des deutschen Traditionsclans SK Gaming und ein Urgestein der Szene. Er war schon dabei, als die klassischen Medien für die Zockerszene nur ein müdes Schulterzucken bereit hatten. "Also haben wir uns ein eigenes Fernsehen gebaut."

Damit meint Müller Twitch, das Live-Streaming-Portal für Videospiele. 2011 gegründet und direkt zur Hauptanlaufstelle der Szene aufgestiegen, verleibte sich der Internetgigant Amazon die Plattform nur drei Jahre später für rund eine Milliarde Dollar ein. Spätestens da schauten sich auch die klassischen Sender die eSports-Szene genauer an. Doch Müller, der seinen Clan natürlich bestmöglich medial platzieren möchte, sagt: "Da sind sie sechs, sieben Jahre hintendran."

Deutsche TV-Sender kommen nicht an Twitch heran

Es sei schon interessant: Während sich viele Sportarten fragen, wie sie ins Fernsehen kommen, frage sich das Fernsehen, wie es zum eSports komme. Sport1 und ProSieben versuchen es. Mit unterschiedlichen Formaten, Hintergründiges und live, mit unterschiedlichen Spieletiteln - und mit unterschiedlichem Erfolg. Mal schauen mehrere Hunderttausend Zuschauer zu, mal am Sonntagabend nur wenige Zehntausend. An Reichweiten wie auf Twitch kommen die deutschen TV-Sender noch nicht heran.

"Es herrscht eine ziemlich große Unsicherheit", sagt der Sportkommunikator Thomas Horky. Der Hamburger Hochschulprofessor schaut sich die eSports-Szene seit einiger Zeit an, wird immer wieder von Medienhäusern angefragt. Wobei für die Sender Sport1 und ProSieben, die meist noch als klassische Fernsehsender angesehen werden, das lineare TV nur ein Ausspielweg von vielen ist. Sport1 etwa möchte seine Zuschauer mit eSports "noch mehr an unser digitales Produkt heranführen".

Dachverband für Gamer in Deutschland gegründet

Der Münchner Spartensender hat eine umfangreiches Online-Portal für eSports eingerichtet, möchte "im komplexen, fragmentierten 'eSports-Dschungel' als Kompass" fungieren. Er überträgt zwar einige Veranstaltungen im Free-TV, aber deutlich mehr als Livestream im Internet. Und damit genau dort, wo der Sport herkommt. Müller und SK Gaming würden sich gerne auf Plattformen wie Netflix oder Amazon wiederfinden, sollten sich diese selbst mit Livesport befassen. Auch Horky sieht die Zukunft auf diesen Kanälen, zählt aber auch noch YouTube und Facebook dazu: "Da muss ich kein Prophet sein."

Seit Ende November gibt es für die Gamer hierzulande auch einen Dachverband, den eSport-Bund Deutschland (ESBD). Dieser sieht die Bestrebungen der Fernsehsender positiv. "Sport1 hat jahrelange Erfahrung in der Sportberichterstattung, bringen eine hohe Professionalität sowie gute Kontakte und Netzwerke mit. Davon können wir letztlich beide profitieren", sagte Präsident Hans Jagnow dem SID.

Und mehr noch: Der Verband empfiehlt Kontinuität und Verlässlichkeit, damit der Fan lerne, wo die Events übertragen werden. "Und wünschenswert wäre, wenn es von uns richtige Sportübertragungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gäbe."

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