eSports-Szene fordert Hilfe gegen Doping

SID
Die WADA hat sich laut der eSports-Szene nicht adäquat auf neue Herausforderungen eingestellt
© getty

Während 14.000 Computerspiel-Fans in der Kölner Lanxess Arena tobten, schüttelte Ian Smith oben in der Loge bloß den Kopf. "Weite Teile des WADA-Codes sind hoffnungslos unangebracht im eSports", sagte der Vorsitzende der eSports-Integritäts-Koalition dem SID: "Für uns ist er lächerlich." Der Kampf gegen Betrug ist im elektronischen Sport längst entbrannt, doch ausgerechnet die WADA soll sich noch nicht auf die neuen Herausforderungen eingestellt haben.

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Bei den professionellen Computer- und Konsolenspielern sind Präparate zur besseren Konzentrationsfähigkeit interessant, Arzneimittel zur Behandlung von ADHS etwa, wie Adderall oder Ritalin. Steroide oder Wachstumshormone hingegen, ebenfalls im WADA-Code aufgeführt und häufig in "klassischen" Sportarten zu finden, haben eher weniger Bedeutung.

Auf all diese Substanzen müsste die Branche aber testen. Zudem müssten die Instanzen im eSports laut WADA Rund-um-die-Uhr-Überwachungen, Trainingskontrollen sowie Urin- und Blutproben durchführen. Laut Smith alles "nicht erforderlich und nicht erschwinglich" für die Szene. Denn das Problem ist: Durch das Internet spielen Spieler an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Turniere mit unterschiedliche Regularien - "es herrscht Chaos".

eSports: WADA könnte Vorreiterrolle einnehmen

Smith und seine Mitstreiter fordern langfristig eine spezifische, abgespeckte eSports-Liste. Um damit nicht auf die WADA zu warten, schlossen sich vor eineinhalb Jahren mehrere Unternehmen und Organisationen zur ESIC zusammen. Sie gehen nun gemeinsam gegen Doping, aber auch gegen Wett- und Softwarebetrug vor.

Denn auch Ulrich Schulze, Vizepräsident der eSports-Plattform und ESIC-Gründungsmitglied ESL, weiß: "Jede Sportart, bei der es viel Preisgeld zu gewinnen gibt, bei der viel Druck herrscht, wird früher oder später auf diese Probleme stoßen. Die WADA wäre jetzt prädestiniert, eine Vorreiterrolle einzunehmen."

Nach dem ersten kleinen Doping-Aufreger vor zwei Jahren, der allerdings nie bewiesen wurde, hatte das Kölner Unternehmen ESL für ihre größten Veranstaltungen die Nationale Anti-Doping-Agentur ins Boot geholt. Diese war allein in Köln schon zum dritten Mal zu Gast, stand für präventive Gespräche mit Spielern und Fans zur Verfügung.

NADA verteidigt WADA

Die NADA verteidigte unterdessen auch die WADA: "Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat ein Regelwerk formuliert, dass für alle Länder und Sportarten gilt. Sicherlich kann man sagen, dass nicht alle auf der Verbotsliste stehenden Substanzen in allen Sportarten gleichermaßen wirksam sind. Wichtig ist aber, dass die Anti-Doping-Arbeit ein einheitliches Regelwerk weltweit besitzt, die Vorgaben weltweit harmonisiert sind und für alle gleich gelten."

Die ESL lässt bei ihren Turnieren von der ESIC Speicheltests für die wichtigsten Substanzen durchführen. Laut Smith hat die ESIC im vergangenen Jahr insgesamt 170 Spieler getestet - allesamt negativ. Dennoch: Um Skandale etablierter Sportarten von der Szene fernzuhalten, ist eine offizielle und weltweit einheitliche Linie ein Muss.

Smith plädiert daher dafür, dass weltweit alle Veranstalter und Organisatoren die Anti-Doping-Politik der ESIC übernehmen, "dann wären wir unter diesem Gesichtspunkt ein ziemlich sicherer Sport". Denn die WADA, betont er nochmals, "bringt nur Dinge auf den Tisch, die für uns zeitaufwändig, lästig und politisch beladen sind." Nach einer Annäherung klingt das wahrlich nicht.