Vom Underdog zum Titelanwärter

Von Christian Kresse
Auch das Counter-Strike-Team der Frankfurt 69ers spielt in der ESL Pro Series
© turtle entertainment

Angetreten war das FIFA-2010-Team der Frankfurt 69ers mit dem Ziel: Bloß nicht absteigen. Jetzt ist man Tabellenführer der ESL Pro Series (EPS). SPOX fasst die bisherige Saison des Überraschungsteams zusammen und erklärt ihr Erfolgsrezept.

Cookie-Einstellungen

"Rechnerisch ist der Abstieg noch möglich!" warnte Christian "PsYcHo" Lenz, Team-Manager der Frankfurt 69ers, vor dem Topspiel gegen Team Alternate. Abstieg? Der Tabellenführer spricht vom Abstieg? Doch dieses Understatement ist nichts Neues für die 69ers. Schließlich stapelt man schon seit Wochen tief - obwohl man jetzt selbst den ärgsten Verfolger bezwingen konnte und nach neun Spieltagen weiter ungeschlagen ist.

Schon früh zeigten die Frankfurter, dass sie Potential haben. Mit einem 11:1-Kantersieg gegen das Team von "dzs" startete man in die Saison. Darauf folgte ein 7:5-Erfolg gegen "mTw" - ein Team, das bis dahin als sicherer Final-Kandidat galt.

Mit den überraschenden Erfolgen wuchs das Selbstvertrauen bei den Spielern Gökhan "NoName" Gümüs, Ole "oleee"  Blohm und Ismail  "iSyLiNhO" Deniz. Der dritte Gegner, S.A. eSports, hatte keine Chance. Mit 9:3 konnte man das Team, das sich zuvor zwei Unentschieden erkämpft hatte, besiegen und auf die kommenden Aufgaben konzentrieren.

Unentschieden gegen ESC Gaming

"Jeder wusste, dass danach mit ESC und SK Gaming die wohl schwersten Gegner auf uns warteten", sagt 69ers-Teammanager Artur "ARchY" Seifert. "Wir mussten also zeigen, dass wir auch gegen die Top-Teams der EPS bestehen können." Und einfach sollte es tatsächlich nicht werden. Denn zur Halbzeit lag man gegen ESC Gaming mit 2:4 zurück.

Erstmals in Rückstand, es musste gehandelt werden. Es folgte die Einwechslung von Sebastian "basti" Ritter folgte - und sollte sich als goldrichtig erweisen.

Mit einem 6:2-Sieg gegen ESC-Akteur Benjamin " BeNisoN" Intfeld glich er die Partie aus. Unentschieden, ein Ergebnis, mit dem Christian "PsYcHo" Lenz  nicht zufrieden war. "Wir haben gut gespielt und das Unentschieden ist nicht gerechtfertigt. Darum werden wir uns noch einmal am grünen Tisch zusammensetzen müssen", sagte der Manager.

Grund für die Kritik: Der 3:0-Sieg von Benjamin "BeNisoN" Intfeld  über Ismail  "iSyLiNhO" Deniz. Ein Default-Win, weil Deniz war zu spät zum Match erschienen war.

Siege gegen KD-Gaming und GaB

Unbeirrt von diesem Negativerlebnis galt es nun, die Spiele gegen KD-Gaming und den Geh Ab Clan (GaB) zu bestreiten. Mit Erfolg. Nachdem man das Spiel gegen KD-Gaming ungefährdet mit 9:3 gewann, fertigte man fegte man mit GaB das Überraschungsteam der vergangenen Saison mit 11:1 vom Rasen. Die endgültige Wachablösung.

Eigentlich. Denn trotz der anhaltenden Erfolge wollte man von einer Finalsteilnahme bei den 69ers noch immer nichts hören. Stattdessen legte man den Schwerpunkt woanders: "Wir haben ein gutes Polster auf die Abstiegsränge", hieß es nach dem Spiel.

Topspiel gegen SK Gaming

Abstiegsränge. Dabei stand nun mit SK Gaming der absolute Meisterfavorit mit den FIFA-Ikonen Daniel "styla" Schellhase und Dennis "hero" Schellhase sowie dem World Cyber Games Gewinner Joshua "Kr0ne" Begehr auf dem Programm der 69ers.

"Unser Ziel war es, uns bestmöglich zu verkaufen und Selbstvertrauen für die Spiele im Anschluss zu tanken", heißt es vom Team. Am Ende sprang ein Punkt heraus. Ein Punkt, mit dem man zufrieden war: "Und schon wieder Punkte, mit denen wir nicht gerechnet haben".

Aber auch ein Unentschieden gegen den Meisterkandidat sollte kein Grund sein, um Höhenflüge zu starten. "Ich bin stolz auf die Jungs und wenn es so weitergeht, haben wir unser Ziel, den Klassenerhalt, eventuell schon schneller erreicht, als gedacht", so Lenz.

Ungeschlagener Tabellenführer

Und genau danach sieht es aus. Denn nach dem überragenden 10:2-Sieg zuletzt gegen Alternate liegt das Team mit 23 Punkten, sieben Siegen und zwei Unentschieden auf Platz eins. Der Abstand zum Fünftplatzierten (n!faculty) beträgt bereits sechs Punkte - zu einem Nicht-Relegationsplatz sogar zwölf Punkte. Und auch das Restprogramm ist machbar.

Zwar muss man noch gegen Competo (aktuell Platz zwei) und pod (siebter Rang) abtreten. Dennoch sollte man die nötigen Punkte für die Finalsteilnahme zusammen bekommen. Finale und Chance auf den Titel statt Zittern um den Klassenerhalt. Doch warum eigentlich?

Die Teamleistung stimmt

Ein Grund für den Erfolg des Underdogs ist die geschlossene Mannschaftsleistung. Mit rund drei Punkten im Schnitt pro Spiel trägt jeder Spielen seinen Teil bei. Mit 25 Punkten aus acht Spielen führt Ole "oleee" Blohm die Scorerliste der 69ers zurzeit vor Gökhan "NoName" Gümüs (24 Punkte aus neun Spielen) an. Aber auch Sebastian "basti" Ritter (zwölf Punkte aus vier Spielen) und Ismail "iSyLiNhO" Deniz (18 Punkte aus sechs Spielen) stehen den beiden in Nichts nach. Man setzt nicht auf Stars, sondern auf Team-Player.

Und das ist auch nötig. Denn so etwas wie eine Stammplatzgarantie gibt es bei den Frankfurtern nicht. "An jedem Spieltag spielen unsere drei stärksten Spieler. Um wen es sich dabei handelt, wird vorher im Training von allen bestimmt und akzeptiert", erklärt Team-Manager Lenz. "Wenn sich ein Spieler nicht gut fühlt, bleibt er draußen und kann jederzeit gleichwertig ersetzt werden. Teamstärke, das zeichnet uns aktuell aus!"

"Es kann noch viel passieren"

Dennoch will man bei den 69ers weiterhin nichts von den EPS-Finals in Köln wissen. "Die Resultate unserer Jungs sind zwar äußerst beeindruckend, aber bei sechs verbleibenden Spielen kann noch viel passieren", so Pressesprecher Markus-Benjamin "Clark" Moosmayer.

Die Punkte sprechen eine andere Sprache: Die besagen, dass die 69ers nach neun Spieltagen das beste Team der deutschen ESL Pro Series sind.

Und das fährt im Normalfall auf die Finals.

69ers-Manager Christian Lenz im Interview: "Habe aus Fehlern gelernt"