Superstar auf Zeit

Von Interview: Fabian Held
Im Dezember gewann Marc Förster den Meister-Titel der ESL Pro Series in Köln
© turtle entertainment

Marc "yAwS" Förster ist aktuell einer der besten Warcraft-Spieler in Deutschland. Zuletzt gewann er mit der ESL Pro Series (EPS) die Bundesliga der Computerspieler und will jetzt mit der Nationalmannschaft den Europameister-Titel. Im Interview spricht er über seine Turnier-Vorbereitung, das Karriere-Ende und seinen kurzzeitigen Helden-Status in China.

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SPOX: Hallo Marc, Du hast zuletzt die EPS gewonnen. Was bedeutet Dir dieser Titel?

Marc Förster: Er ist etwas ganz Besonderes. Der Titel war das Ziel und letztendlich der Lohn für meine harte Arbeit und Vorbereitung, die ich in diese Saison und vor allem ins Finale investiert habe. Neben meinem Trip nach China war es die Krönung des Jahres.

SPOX: ­Harte Arbeit? Wie lange trainiert ein Warcraft-Pro-Gamer pro Woche?

Förster: Das kann man pauschal nicht sagen. Aber meine Vorbereitung für die EPS-Finals belief sich zum Beispiel auf zwei bis drei Stunden pro Tag unter der Woche und sechs bis acht Stunden am Wochenende. Und das knapp zehn Tage lang. Aber wenn nicht gerade ein Groß-Event ansteht, trainiere ich unter der Woche vielleicht eine Stunde pro Tag und an einem Sonntag vielleicht mal drei, vier Stunden, um fit zu bleiben.

SPOX: Was macht für dich den Reiz von eSport aus, wenn Du so viel Zeit dafür opferst?

Förster: Der Wettkampfgedanke und das Messen mit Spielern aus der ganzen Welt. Warcraft selbst gefällt mir, weil ich schon immer ein Echtzeit-Strategie-Fan war. Und in diesem Genre ist Warcraft 3 nunmal das kompletteste Spiel. Es passt einfach perfekt.

SPOX: Und was macht Du in der Freizeit?

Förster: Neben meiner Berufsausbildung verbringe ich meine Zeit am liebsten mit den Menschen, die mir am Herzen liegen. Ich gehe auf Partys und genieße das Leben in vollen Zügen. Ganz normale Dinge eben, die man als Jugendlicher so macht.

SPOX: Und wie bekommst Du das mit dem Leben als Pro-Gamer unter einen Hut? Du hast die Reisen und das Training an den Wochenenden ja bereits angesprochen ...

Förster: Zugegeben, das kann schon mal stressig werde, aber ich bin glücklich mit der Situation und will derzeit nichts von dem Trubel missen.

SPOX: Du warst zum Beispiel beim Finale der World Cyber Games in Chengdu, China. Bei der eSport-Olympiade, wenn man so will. Wie war es bei den Stars der Szene in Asien?

Förster: Atemberaubend! Nachdem ich den absoluten Star gleich beim Eröffnungs-Match von der Bühne gefegt hatte, wurde ich innerhalb von zwanzig Minuten zum Superstar auf Zeit. Mein Eindruck von China, der Mentalität der Leute und wie sie den eSports und die Profispieler feiern, lässt mich echt ins Schwärmen geraten.

SPOX: Kann es der eSport in Deutschland jemals auf dieselbe Ebene schaffen?

Förster: Ich glaube nicht, dass es jemals so weit kommen wird. Und wenn doch, dann lasse ich mich gerne eines Besseren belehren. Denn in China macht es Spaß, ein Teil des dort hoch angesehenen eSports zu sein. Dort rentiert sich die harte Arbeit als Spieler doppelt.

SPOX: In China trainieren professionelle Spieler bis zu 14 oder sogar 16 Stunden am Tag. Wie konntest Du dennoch mit ihnen auf einem Niveau spielen?

Förster: Die Chinesen sind die absolute Spitzenklasse der Szene. Natürlich gibt es auch Ausnahmespieler aus Korea und Europa, aber insgesamt sind die Chinesen gerade aufgrund des angesprochenen Trainingspensums einfach am stärksten. Aber: Die chinesische Spielweise unterscheidet sich enorm von der koreanischen oder europäischen. Daher ist es uns als Europäern immer mal wieder möglich, Chinesen und auch Koreaner zu schlagen.

SPOX: Du bist ja auch nicht erst seit gestern im Warcraft-Geschäft dabei. Über die Zeit wird sich sicherlich ein nettes Sümmchen auf Deinem Konto gesammelt haben - durch Preisgelder in der EPS, Clan-Gehälter und so weiter. Was machst Du mit dem Geld?

Förster: Ich habe einen Teil davon beiseitegelegt und werde mir davon einige Urlaube gönnen und nach meiner Ausbildung ein Jahr "Work and Travel" in Australien finanzieren. Ansonsten lasse ich es mir mit dem Geld gut gehen. Denn das Geld alleine macht nicht glücklich, es beruhigt. Also gebe ich es für mehr oder weniger sinnvolle Dinge aus.

SPOX: Wie gehen Freunde und Eltern mit Deiner eSport-Karriere um?

Förster: Sie unterstützen mich und sind stets neugierig auf das, was ich erlebe. Egal ob ich mal wieder ein Turnier gewonnen habe oder einfach so in der Weltgeschichte rumbummle. Ich bin froh, auf so viel Akzeptanz und Unterstützung zu treffen.

SPOX: Der ENC (European Nation Championship) ist so etwas wie die Europameisterschaft der Zocker. Die neue Saison steht schon in den Startlöchern. Welchen Stellenwert hat der ENC für Dich und wie siehst Du die Chancen der Deutschen?

Förster: Für mich ist der ENC eine riesen Sache. Besonders da andere Ligen mittlerweile einbüßen mussten und die WC3L schon lange nicht mehr so attraktiv ist, wie sie einst war. Ich denke, dass ich den deutschen Fans aus der Seele spreche, wenn ich sage, dass wir den Pott zurückholen und dieses Jahr wieder Europameister werden!

SPOX: Das klingt alles sehr nach Fußball oder anderen klassischen Real-Sportarten. Welche Parallelen zwischen realem Sport und eSport siehst Du?

Förster: Es ist ein Wettkampf, der auf dem Profilevel im Detail entschieden wird. Und wenn Bungee-Jumping Extremsport ist und Schach als normaler Sport gilt, dann ist der eSports in meinen Augen ebenfalls echter Sport. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

SPOX: Es wird viel darüber diskutiert, dass Warcraft 3 durch andere Spiele abgelöst wird. Deine Disziplin wäre nicht mehr olympisch, um noch einmal den Vergleich zum Real-Sport aufzugreifen. Was bedeutet das mögliche Ende Deiner Disziplin für Dich?

Förster: Ich werde in der nächsten Saison noch einmal mein Bestes geben und versuchen, die EPS zu gewinnen und den ENC-Titel zu holen. Dann heißt es: auf Wiedersehen, eSport.

EPS-Finals: "Ein krönender Abschluss"