Der multiple Orgasmus des Fernsehguckers

Von Max-Jacob Ost
Wer nur jubelnde Spieler sehen will, ist bei der Bundesliga-Konferenz richtig
© Getty

Zum Ende der Saison, wenn es um goldene Südfrüchte geht, kann man es ja machen: Konferenz schauen. Doch wie billig ist es, was einem dort geboten wird! Höhepunkt auf Höhepunkt. Ohne das Geplätscher zwischendrin, das doch auch dazu gehört. Für echte Liebhaber des Spiels ist eine Konferenzschaltung nichts. Oder? Der Blick in die Sportblogs Deutschlands.

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Konferenz ist für Leute mit Schaum vor dem Mund

"Konferenz ist eine Ansammlung von Toren, Platzverweisen und sonstigen Wiederholungen, ergänzt um das Geplätscher dazwischen, das man bei einem Einzelspiel als ganz normal ansehen würde, so aber als notwendiges Übel betrachtet. Konferenz ist das Gefühl, dass immer dann umgeschaltet wird, wenn sich so langsam etwas tun könnte. Konferenz ist Hochglanzfußball, dem es an Substanz fehlt, um dauerhaft zu glänzen.

Konferenz ist für Leute, die Fußball auf geile Tore reduziert sehen wollen, die bei Fallrückziehern Schaum vor dem Mund bekommen, die dem Eventpublikum auf den Fanmeilen vorwerfen, sich nur alle zwei oder gar vier Jahre aus niederen Motiven für Fußball zu interessieren, die großartige Spielzüge genau dann als solche erkennen, wenn auch ein Tor daraus wird.

Konferenz ist nicht mein Fußball. Geh weg, Konferenz!"

Angedacht: Geh weg!


Die besten Spiele der Bundesligasaison

"20. VfB Stuttgart - 1. FC Kaiserslautern 2:4 (Spieltag 29)

Ein schöner Beleg dafür, was Taktik innerhalb eines Spiels ausmachen kann. Lautern verteidigte im 4-1-4-1 gut, bekam aber doch noch vor der Pause zwei Gegentore. Während die Pfälzer ansonsten durch bestechende Raumaufteilung glänzten, arteten die zahlreichen Positionswechsel der Stuttgarter oft im Chaos aus. Nach der Halbzeitpause presste Lautern früher und fokussierte sich mehr auf die Außen. Mit dem Wechsel in ein 4-4-2 durch die Einwechslung Hoffers knackte man Stuttgarts Abwehrreihe - am Ende gewann man souverän mit 4:2. 6 Tore, ein blendend aufgelegter Tiffert und taktische Feinheiten sorgen dafür, dass dieses Spiel die Liste eröffnen darf."

Taktikguru: Die erinnerungswürdigsten Spiele der Bundesligasaison 2010/2011 - die Plätze 20 bis 11

 

Bochum im Rausch

"Es ist schon beeindruckend, welche Stimmung sich binnen kurzer Zeit in Bochum breit gemacht hat. Beim Spiel gegen den MSV Duisburg herrschte eine derart atemberaubende Atmosphäre im revirpower-Stadion, die sicherlich viele der Zuschauer so schon lange nicht mehr erlebt hatten und die man durchaus mit dem 27. April 2007 vergleichen konnte.

Eine Stadt liebt wieder ihren Verein. Nach der katastrophalen Bundesliga-Saison, dem Abstieg, dem Drama um Heiko Herrlich, dem Sturz des Aufsichtsrates und den schlechten Start in Liga 2, haben sich Verein, Trainer und Mannschaft mit harter Arbeit, Ehrlichkeit und natürlich etwas Glück wieder zurück in die Herzen der Bochumer gearbeitet. Der Sonntag war für alle ein verdienter Lohn. Wer das erlebt hat, der will diese Stimmung und dieses Gefühl nicht wieder hergeben. Jetzt wollen alle noch mehr. Die Relegation gegen Gladbach siegreich gestalten und zurück in Liga 1!"

18:48: Eine Stadt und ihr Verein

 

Abstiegspoesie

""Glückliche Familien sind alle auf die gleiche Art glücklich, unglückliche jede auf ihre Art", so beginnt Tolstois "Anna Karenina" und wie mit den Familien ist es wie mit den Abstiegen. Nicht der erste, zweite, dritte, vierte ist der Schlimmste. Jeder ist am Schlimmsten, jeder auf seine Art. Und so war der Samstag ein wilder, herzweher, zornig-trauriger Tag (merke: Es ist ein deutlicher Unterschied sich vorher so zu fühlen als sei man bereits abgestiegen und der Tatsache, dass man es ist).

Der Sonntag stand unter Betäubung, wie wenn ein D-Zug über mich gerollt wäre. Übernächtigt. Flau. Apathisch. Melancholisch. In der Nacht von Montag auf Sonntag: Viel zu kurzer, aber tiefer Schlaf mit wilden Träumen und dann am Montag - siehe da - ein neuer Tag. Da ist er noch, dieser fast schon vertraute bohrende Schmerz in der Herzgegend. Da wird er auch bleiben, aber der Kopf fühlt sich wieder klarer an. Jammern nützt ja nix. Und die Sonne hat sowieso auch heute wiedernichts besseres zu tun, als auf und wieder unter zu gehen."

Rotundschwarz: Kojo, Kojo

 

Einer der anderen Clasicos

"Als Guatemala-Derby oder "El Clasico" wird in Guatemala gemeinhin das Fußballspiel zwischen den beiden größten und erfolgreichsten Fußballclubs aus der Hauptstadt Guatemala-Stadt, dem Club Social y Deportivo Municipal und dem Club Social y Deportivo Comunicaciones bezeichnet. Das Derby ist weit über die Landesgrenzen Guatemalas in ganz Mittelamerika bekannt und fesselt die 12 Millionen Einwohner. Zusätzliche Spannung entsteht dadurch, dass beide Mannschaften sich das Stadion teilen, das Estadio Mateo Flores. Die Partie ist nicht nur legendär, sondern auch meist Meisterschaftsentscheidend, da sich diese beiden Teams seit Jahrzenten fast alle Titel teilen."

Rudelbilder: Guatemala-Derby - mittelamerikanische Leidenschaft

 

Deutschlang geht gegen die Niederlande unter

"Der deutsche Co-Trainer Henry Rehnisch - er vertrat den nach einem Disput mit dem Referee im Semifinale gesperrten Steffen Freund - versuchte, mit neuen Offensivkräften neue Impulse zu setzen, um in der verbleibenden Zeit den Rückstand noch aufzuholen. Aber die so starke holländische Defensive, die in den vier Turnierspielen vor dem Finale kein einziges Tor kassiert hatte, erwies sich als unüberwindbar. Zudem häuften sich nun auch die Ungenauigkeiten und die Kräfte schwanden. So hatten die Holländer im Grunde leichtes Spiel.

Und wie zum Beweis, dass die Holländer die Schwächen in der deutschen Hintermannschaft erkannt hatten, legte Depay im gegnerischen Strafraum mit einem unbedrängten Querpass in den Lauf von Ebecilio den 5:2-Endstand auf. Die Deutschen waren aber schon vorher geschlagen gewesen."

Ballverliebt: Trickreiche und kompakte Holländer lassen Deutschland keine Chance

 

Moderner Zettelkasten

"Gerade im US-Sport ist ohne Notizen nichts zu machen. Bei über 330 College Basketball- und über 120 College Football-Teams, von denen man einige nur 2-3x pro Saison sieht, geht es nicht anders. Es entbehrt nicht einer gewissen Lässigkeit, wenn erforderlich, noch Jahre später eine Notiz über das Ausscheiden der North Texas Mean Green 2006 gegen Memphis in der ersten Runde der March Madness herauszuziehen, falls sich die Mean Green aus der Sun Belt noch einmal qualifizieren sollten (sie taten es 2010 noch einmal...).

Dieses Archiv ist kein Spleen oder Posertum. Viele Details erschließen sich einem erst aus einem historischen Kontext. Aus vielem wird erst im Laufe der Zeit eine Geschichte. Die Pressemitteilung von SKY über die Quartalszahlen abzutippen oder umzuformulieren, ist einfach. Die Unterschiede kann man setzen, in dem man mehr weiß, als den Pressemitteilungen zu entnehmen ist."

Allesaussersport: Hier spricht das Allesaussersport-HQ

 

"Das ist nicht mein Kind"

"Du musst jetzt ganz tapfer sein. Sprach mich die Fee an, mit der ich unter anderem einen Haushalt und die gemeinsame Nachwuchsarbeit teile.

Das kleine Shirt, Größe 110, ist grellgelb und besitzt schwarze Bündchen und Aufflockungen magischer Ziffern, Zeichen und Symbole, dazu in rot den dreibuchstabigen Schriftzug eines Energiekonzerns auf der Brust. Gut: Der war alt und inzwischen längst nicht mehr aktuell, der Spielername hinten drauf mutet wie Bambino an. Gerade passend für unseren 5-einhalb-jährigen Sohn. Das Trikotchen war billig und kam von unserem SchlüsselersatzdienstundSchuster von der Ecke, Kostenpunkt (so die Fee beruhigend) 4 Euro.

Zur Meisterfeier wären die Kinder in der gesamten Kita in schwarz-gelb herumgelaufen, nur unseres nicht. Da habe es eben sein müssen. Mein Fleisch und Blut trägt ein BvB-Trikot."

Web0.4: Erfolg zieht an

 

Fußball und Fernsehen - wie Freier und Hure

"Sportschau-Chef Simon wurde - bevor er vorzeitig gehen musste - deutlich: "Der Fußball hat zum Fernsehen eigentlich ein Verhältnis, wie der Freier zur Hure, nur dass die Hure zahlt." Das Zitat fällt nach gut einer Stunde. Genau da wird es spannend, weil Hajo Seppelt die kommerzielle Ausrichtung der Sportberichterstattung kritisiert - und auch die in der ersten Stunde der Runde auf die ökonomischen Aspekte konzentrierte Diskussion. Dabei solle es doch um Journalismus gehen. Denn: Eine weitgehend freie journalistische Berichterstattung werde vom Sport weitgehend unterbunden."

Daniel Drepper: Sportrechte und Berichterstattung - "...nur dass die Hure zahlt"

 

Was man außerdem unbedingt lesen sollte

Eine tolle Aktion haben sich 12 Blogger und Twitter-User von Schalke 04 ausgedacht: Unter FinaleS04 berichten sie ab morgen vom Drumherum um das Pokalfinale. Egal ob in Berlin, Gelsenkirchen, Duisburg oder im Ausland. Wer einen Blick in Schalker Seelen werfen möchte - hier bekommt er ihn. Und wer sich jetzt schon informieren will, jeweils ein Duisburger und ein Schalker Blogger haben mal aufgeschrieben, warum ihr Verein gewinnt. Nachzulesen hier und hier.

Man ahnte es schon lange, so richtig glauben kann man die Skurrilität, die der Trainer Baade entdeckt hat, trotzdem nicht. Gibt es wirklich nach der WM im Umkreis von Bochum einen FIFA-Frauen-WM-Wald? Zum Abschluss dieser Blogschau begeben wir uns in schmutzige Gefilde. Dort wo "Pisser" regieren - und sich manchmal selbst ans Bein pinkeln. Oder, liebe BILD-Zeitung?

Die nächste Blogschau erscheint nächsten Mittwoch am 25. Mai.

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