Erfolgreicher USA-Trip: Bundestrainer Dirk Bauermann leistete Überzeugungsarbeit bei Chris Kaman und begutachtete Alex Schrempf, den talentierten Sohn von Detlef Schrempf. Auch T.J. DiLeo ist im Fokus. Nur Etienne Effenberg hat schlechte Karten.
SPOX: Ende Januar sind Sie von Ihrem USA-Trip zurückgekehrt, nachdem Sie sich mit Dirk Nowitzki und Chris Kaman getroffen haben. Wie bewerten Sie im Nachhinein die Gespräche?
Dirk Bauermann: Die Gespräche liefen sehr positiv. Es ging nicht darum, von beiden für eine WM-Teilnahme eine feste Zusage zu bekommen. Das konnte man nicht erwarten. Dennoch bin ich zufrieden mit den jüngsten Entwicklungen.
ImagoSPOX: Warum?
Bauermann: Weil wir bei Chris Kaman einen Schritt weiter sind. Vorher hatte er gesagt, dass er bei der WM wohl nur dabei ist, wenn sich auch Dirk bereit erklärt. Mittlerweile kann er es sich aber gut vorstellen, auch ohne Dirk in der Türkei aufzulaufen. Es ist keine definitive Zusage, aber der Gedanke ist ihm deutlich sympathischer als vorher.
SPOX: Mit welchen Argumenten haben Sie ihn überzeugt?
Bauermann: Ich habe ihm erklärt, dass wir einen großen Spieler von Qualität brauchen, wenn Dirk fehlt und Patrick Femerling womöglich nicht erneut einspringt. Chris könnte für die Mannschaft ein Anker sein und als Führungsspieler den Mitspielern seine Erfahrung weitergeben. Kurzum: Chris würde den Reifungsprozess des Teams mit Hinblick auf Olympia 2012 enorm beschleunigen. Diese Argumente leuchten ihm ein.
SPOX: Ist ihm das DBB-Team nach einem gemeinsamen Sommer bereits so wichtig?
Bauermann: Absolut. Ihm ist Deutschland ans Herz gewachsen. Er interessiert sich sehr dafür, was für Leistungen Elias Harris am College oder die Nationalspieler in der BBL bringen. Beispielsweise hat er mich auch darum gebeten, dass wir ihm ein Paket mit DBB-Shirts und DBB-Trainingsanzügen schicken, weil er sich mit der Nationalmannschaft identifiziert und dies auch nach außen unterstreichen will, indem er die Outfits anzieht. Es zeigt, dass er emotional mit Deutschland verbunden ist.
SPOX: Könnte es ein Anreiz für Kaman sein, erstmals in seiner Profi-Karriere der unumschränkte Superstar einer Mannschaft zu sein und so als Basketballer zu reifen?
Bauermann: Bei den Los Angeles Clippers ist er ja quasi der Go-to-Guy. Er bekommt viel Einsatzzeit und viele Würfe. Daher hat es keinen Sinn, ihm erklären zu wollen, dass eine WM für seine sportliche Entwicklung hilfreich ist.
SPOX: Im Gegenteil: Eine WM könnte wegen möglicher Verletzungen ein Risiko für seine Entwicklung bedeuten.
Bauermann: Dieser Punkt ist das größte Hindernis. Wie jeder Klub würden es auch die Clippers lieber sehen, wenn er im Sommer langsam mit seinem Aufbautraining beginnt, statt ein zusätzliches Risiko einzugehen, weil er bei der WM Basketball auf höchstem Niveau spielt. Und bei einem verletzungsgefährdeten Spieler wie Chris ist so etwas eben eher ein Thema als bei einem Spieler, der noch nie Probleme hatte. Das ist ein dickes Problem.
SPOX: Halten Sie Kontakt mit dem Clippers-Management?
Bauermann: Mit Mike Dunleavy, der nach dem Ende der Coaching-Tätigkeit weiter als General Manager arbeitet, habe ich in den USA kurz gesprochen. Sonst gibt es keinen Austausch. Wenn, dann eher mit Leuten aus dem Trainer-Stab wie dem Konditionscoach oder dem Yoga-Coach, um sich nach Chris' Fitness zu erkundigen.
SPOX: Wie läuft es mit Dallas?
Bauermann: In Dallas habe ich mit Coach Rick Carlisle ein langes Gespräch geführt. Und zu General Manager Donnie Nelson halte ich regelmäßig Kontakt, immerhin kennen wir uns seit über 20 Jahren.
SPOX: Hilft es, die Mavs davon zu überzeugen, Nowitzki für die WM freizugeben?
Bauermann: Es ist immer gut, wenn die Mavericks wissen, wer in Deutschland der verantwortliche Coach ist. Dass man den Coach kennt, ihm vertraut und weiß, dass beim DBB im Training eine hohe Qualität abgeliefert wird. Das hilft sicherlich mehr, als wenn der Klub den Coach nicht kennt oder nicht mag. Dass aber der persönlich gute Kontakt dennoch eine wichtige Rolle spielt, wage ich zu bezweifeln. Entscheidend sind nun mal professionell-wirtschaftliche Erwägungen und natürlich die Meinung von Besitzer Mark Cuban.
SPOX: Bei Ihrem USA-Trip haben Sie auch College-Spieler Alex Schrempf, den Sohn von Detlef Schrempf, besucht, der an der für Basketball renommierten UCLA studiert.
Bauermann: Er hat sich dazu entschlossen, diese Saison als Redshirt zu absolvieren. Sprich: Weil Alex selbst und die Trainer keine echte Chance sehen, dass er sich in der Rotation etabliert, trainiert er nur mit der Mannschaft mit und behält dafür die Möglichkeit, vier weitere Jahre am College zu spielen.
SPOX: Wie weit ist Schrempf junior?
Bauermann: Er wird sich auch nächstes Jahr womöglich hinten anstellen müssen, die Konkurrenz bei UCLA ist eben sehr groß. Dementsprechend kommt er für die A-Nationalmannschaft erst einmal nicht in Frage, stattdessen haben wir ihn für die U 20 auf dem Zettel. Alex ist ein athletischer Shooting Guard mit guter Verteidigung, der lieber zum Korb zieht als von außen zu werfen. Aber wenn er von seinem Vater nur 60 Prozent der Arbeitseinstellung geerbt hat, wird er auch seinen Jumpshot schnell in den Griff bekommen.
SPOX: Sprechen Sie mit Detlef Schrempf über seinen Sohn?
Bauermann: Ja. Und es freut mich, dass beide Elternteile ein sehr gesundes, entspanntes Verhältnis haben zum Leistungssport. Sie übertreiben nicht wie einige Eiskunstlauf-Mütter und freuen sich einfach, dass der Junge soweit gekommen ist.
SPOX: Mit T.J. DiLeo, dessen Vater Tony in den 80er Jahren der deutsche Frauen-Bundestrainer war und letzte Saison die 76ers gecoacht hat, ist ein zweiter prominenter Sohn in Ihrem Fokus.
Bauermann: T.J. ist ein sehr interessanter Aufbauspieler. Er hat letzte Saison sein Redshirt-Jahr absolviert und musste mit einer Fußverletzung kämpfen. Ich habe bereits mit Tony darüber gesprochen, dass T.J. für die U 20 in Frage kommt. Jetzt sind wir dabei, die Dinge mit seiner Uni abzuklären. Ähnlich wie Alex Schrempf ist T.J. perspektivisch ein Kandidat für die A-Nationalmannschaft, aber sicher noch nicht nächstes oder übernächstes Jahr.
SPOX: Wie sehen Sie die Perspektiven von Stefan Effenbergs Sohn Etienne, der talentiert sein soll, im Dezember in seinem Freshman-Year aber das College von North Florida verlassen hat?
Bauermann: Etienne hat gewisse Anlagen, aber er leidet darunter, dass er mit seiner Größe eigentlich auf den Flügeln spielen müsste, auf der Highschool und zuletzt auf einem kleineren College jedoch vor allem als Power Forward eingesetzt wurde. Dass er hauptsächlich korbnah agieren musste, tat seiner Entwicklung nicht gut. Und man muss auch ehrlich sein: Es reicht nicht für uns. Weder für die U 20 noch für die A-Nationalmannschaft.
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