"Wundertüte" Stefan Kraft hat vor Weltcup-Auftakt mit Problemen zu kämpfen

Von APA
Stefan Kraft.
© GEPA

Für die Wellen sorgen in Zeiten der Pandemie nicht die Sportfans in den Stadien. Auch beim Skisprung-Weltcupauftakt am Wochenende in Wisla werden die Zuschauer schmerzlich vermisst. Stefan Kraft tritt nach seinem zweiten Gesamtsieg als Titelverteidiger an, doch der 27-Jährige sieht sich wegen Rückenproblemen beim Start in Polen selbst als "Wundertüte". Die Ziele in der Saison mit Skiflug- und Nordischer WM hat er dennoch hoch gesteckt.

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"Sicher will ich wieder einer der besten Skispringer sein und bei den vielen Großereignissen um Siege und Medaillen kämpfen", erklärte Kraft bei einem Online-Pressetermin. Nur 98 Sprünge hat der Salzburger in der Vorbereitung absolviert, 200 bis 300 weniger als normal. Doch die seien von guter Qualität gewesen, bescheinigt auch der neue Cheftrainer Andreas Widhölzl. Der 44-jährige Tiroler reiste am Donnerstag mit einem sechsköpfigen Team zur ersten Station. Neben Kraft sind Philipp Aschenwald, Michael Hayböck, Jan Hörl, Daniel Huber und Gregor Schlierenzauer dabei.

Dieses Sextett soll die ersten drei Stationen in einer vom Weltcup-Tross gebildeten "Blase" absolvieren. Nach der Rückkehr aus Polen geht es mit Charterflügen nach Ruka (FIN), von dort weiter nach Nischnij Tagil (RUS) und dann nach Ljubljana zur Skiflug-WM in Planica. Angesichts dieses langen Zusammenseins war Widhölzl eine gute Stimmung im Team besonders wichtig. Diese wird auch von allen Springern hervorgehoben. "Es ist ein schönes Miteinander und das ist heuer noch einmal wichtiger", betonte Kraft. Zudem sei Widhölzl bei Sprungtechnik und Material "up to date". Es sei ein Vertrauensverhältnis mit dem Ex-Springer gegeben.

Widhölzl, ein diplomierter Sozialpädagoge, tritt für offene Kommunikation ein und sofortiges Ansprechen von auftretenden Problemen. "Es ist eine Dynamik entstanden, die positiv ist. Und es ist auch dann eine gute Stimmung, wenn es auf der Schanze nicht ganz so gut läuft", sagte er. Seine Rolle sieht Widhölzl so: "Sie sind die Athleten, die die Leistung bringen, ich unterstütze sie auf diesem Weg, damit sie erfolgreich sind. Wenn es ihnen gut geht, geht es auch mir gut."

Gregor Schlierenzauer: "Will mich wieder zurückbeißen"

Vergleiche mit der Konkurrenz gab es mit Ausnahme eines Sommer-GP-Bewerbs nicht, für den Coach ist es daher schwierig, den Leistungsstand seines Teams einzuschätzen. Die Athleten bräuchten Zeit, in den Wettkampfrhythmus zu finden.

Schlierenzauer, mit 53 Siegen erfolgreichste Springer im Weltcup, - Kraft hält mittlerweile bei 21 - erwartet "die üblichen Verdächtigen" vorne. Also neben seinen Teamkollegen die Polen mit Kamil Stoch und Dawid Kubacki, den Japaner Ryoyu Kobayashi, die Norweger, Slowenen sowie die Deutschen Karl Geiger (Weltcup-Zweiter) und den im Sommer starken Markus Eisenbichler (Weltmeister 2019). "Das oberste Ziel ist der Gesamtweltcup. Das ist mein Kindheitstraum", sagte der 29-jährige Eisenbichler.

Der zweifache Gesamtsieger Schlierenzauer will sich der Spitze weiter annähern und sieht sich begleitet von Widhölzl und seinem Berater Werner Schuster auf gutem Weg. Dieser sei jedoch steinig. Aber auch nach sechs Jahren ohne Podestplatz ist die Motivation des 30-Jährigen groß. "Es ist nach wie vor sehr erfüllend für mich, ich will mich wieder zurückbeißen nach oben. Das ist nicht einfach, aber eine tolle Herausforderung für meine Geschichte, meine Karriere, aber auch als Mensch."

Als 29. ÖSV-Skispringer möchte sich in dem an Großereignissen reichen Winter (Skiflug-WM im Dezember, Nordische Ski-WM im Februar) der Tiroler Philipp Aschenwald in die Weltcup-Siegerliste eintragen. "Ein Einzelsieg im Weltcup ist mein erklärtes Ziel", betonte der 25-jährige Zillertaler, der zur Nummer 2 im Team avanciert ist. Mit je einem zweiten und dritten Platz als besten Resultaten war er zuletzt Gesamt-Zehnter.

Michael Hayböck: "Größter Stein im Weg ist man selber"

Einen Aufwärtstrend verzeichnete auch der fünffache Sieger Michael Hayböck. "Es ist noch ein breiter Weg zu regelmäßigen Top-Ten-Plätzen, aber ich traue es mir zu. Der größte Stein im Weg ist man selber", erklärte der Zimmerkollege von Kraft. Nach versuchten Wechseln bei Trainingslagern bleibt im Winter bei der Zimmereinteilung doch alles beim alten. "Wir sind einfach sehr gut zusammengewachsen", sagte Hayböck, der seit Ende August im eigenen Haus in Rif nahe der Trainingsstätte wohnt.

Daniel Huber legte sein Augenmerk auf mehr Konstanz und Stabilität der Sprünge. "Das soll mir zu mehr Punkten und Top-Ten-Plätzen verhelfen", meinte der Salzburger. Sein Landsmann Jan Hörl glaubt aus der Erfahrung des vergangenen Winters, als er nach dem dritten Platz in Engelberg "alles zerreißen" wollte und in ein Tief schlitterte, gelernt zu haben.

Mit der von der FIS verordneten Materialänderung hin zu reglementierten Keilen, die hinten in die Sprungstiefel gesteckt werden, hatte der 22-Jährige mehr Probleme als seine Teamkollegen. Vor dem Auftakt gab er sich aber zuversichtlich. "Ich brauche mich auf keinen Fall zu verstecken, ich fahre mit gutem Gefühl nach Wisla."