Ramona Siebenhofer im Interview: "Das Klima kann für unseren Sport ein Problem werden“

Ramona Siebenhofer nach ihrem ersten Weltcup-Sieg.
© GEPA

Gleich zwei Mal innerhalb von 24 Stunden hat Ramona Siebenhofer in der vergangenen Weltcup-Saison einen Sieg gefeiert. Die 28-Jährige zählt auch heuer zu den größten Hoffnungen im starken ÖSV-Speed-Team, genauso wie beim Speed-Auftakt in Lake Louise (20.30 Uhr im Eurosport-Channel live auf DAZN und im LIVETICKER).

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Im Interview mit SPOX spricht Siebenhofer über fehlende Trainerinnen im Skisport, die Auswirkungen der Klimakrise auf den Weltcup und das Gefühl, im Training die Langsamste zu sein.

In der vergangenen Saison feierten Sie in Cortina Ihre ersten beiden Weltcupsiege. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Wochenende?

Ramona Siebenhofer: Ich weiß selbst nicht genau, was dort besser geklappt hat als bei anderen Rennen. In Cortina war ich mir vor allem in der Linienwahl sicher. Ich machte Zeit über die Aerodynamik wett, weil ich viele Passagen in der Hocke fuhr. Die Abstimmung hat perfekt gepasst. Es waren zwei wunderschöne Tage. Wenn ich zurückblicke, spüre ich noch immer diese coolen Emotionen. Dass ich meinen Sieg am zweiten Tag wiederholen konnte, war die Krönung.

In Cortina finden in der kommenden Saison die Weltmeisterschaften statt. Gibt das zusätzliche Motivation fürs Training?

Siebenhofer: Ich habe durchaus etwas Gusto bekommen, nachdem ich auf dem Podest ganz oben stand. Bei der einen oder anderen Einheit im Sommer konnte ich mich etwas mehr aufraffen. Ich will in der aktuellen Saison noch mehr aus mir herausholen.

Wie verlief die Vorbereitung auf den Speed-Winter?

Siebenhofer: Neben dem einen oder anderen Virus hatte ich absolut keine körperlichen Beschwerden. Wir mussten für unser Speed-Trainingscamp in Chile aufgrund der Schneebeschaffenheit ausweichen, aber für einen Plan B war das mehr als in Ordnung.

Gute Trainingsbedingungen zu finden, wird auch aufgrund der Klimakrise in Zukunft immer schwieriger. Machen Sie sich Gedanken um die Umwelt?

Siebenhofer: Das Problem ist nicht erst in den letzten drei, vier Jahren, sondern schon viel früher entstanden. Das Klima kann für unseren Sport ein Problem werden. Auch wenn ich keine Expertin bin, macht es intuitiv etwa mehr Sinn, den Schnee aus dem Vorjahr zu konservieren, anstatt grüne Pisten neu beschneien zu müssen. Der Weltcup hat bestimmt nicht den besten ökologischen Fußabdruck. Ich kann und will kein Vorbild sein, dafür sitze ich viel zu viel im Auto und im Flugzeug. Ich versuche aber dennoch, das im Alltag etwas zu kompensieren.

Inwiefern?

Siebenhofer: Für mich bedeutet das, vermehrt regionale Produkte zu kaufen oder den Fleischkonsum zu reduzieren. Meine Eltern betreiben einen Bauernhof. Dadurch weiß ich, wie wertvoll ein Stück Fleisch eigentlich ist und wie viel Arbeit da drin steckt. In den letzten Monaten entwickelte sich mit Fridays For Future eine coole Community. Das Bewusstsein in Sachen Klimaschutz ist gerade bei jüngeren Leuten viel größer geworden. Das Thema betrifft uns ja alle. Jeder kann einen kleinen Beitrag leisten.

Ramona Siebenhofer: "Abfahrtskugel ist das große Ziel"

Zurück zum Sportlichen. In der vergangenen Saison räumte das ÖSV-Speed-Team in der Gesamtwertung im Abfahrtsweltcup das Podium komplett ab. Was spricht dafür, dass die Kristallkugel auch in dieser Saison nach Österreich geht?

Siebenhofer: Wir sind ein kleines Team, waren in Chile etwa zu fünft. Wenn du da in einem Trainingslauf Letzte wirst, drehst du an allen Schrauben, um wieder vorne dabei zu sein. Es wird schwierig, denn die Konkurrenz schläft nicht. Im vergangenen Jahr spielte uns sehr viel in die Karten. Ich versuchte im Sommertraining in jeder Einheit an meine Grenzen zu gehen. Auch beim Material wollte ich mit meinem Ausrüster Fischer etwas bewegen. Vor allem bei frühlingshaften Bedingungen lief es für mich in der Vergangenheit nicht ideal. Zudem wird die Arbeit mit dem Trainerteam immer hochwertiger, weil wir uns besser kennen. Die Abfahrtskugel ist das große Ziel.

Mit Christian Mitter gibt es einen neuen Damen-Cheftrainer. Wie sahen die ersten Schritte der Zusammenarbeit aus?

Siebenhofer: Er ließ unserer Gruppe um Roland Assinger (ÖSV-Damen-Speed-Cheftrainer, Anm.) viel Spielraum, weil es in den letzten Jahren gut funktioniert hat. Ich kenne Christian aus der Steiermark. Im dortigen Verband startete er in meiner Jugend seine Trainerkarriere. Er steht für Einzelgespräche immer zur Verfügung. Die Früchte seiner Arbeit wird man erst in den nächsten Jahren sehen, wenn er sich in den großen Verband eingearbeitet hat.

Würden Sie sich als Rennläuferin vermehrt weibliche Trainerinnen wünschen?

Siebenhofer: Es geht weniger ums Geschlecht, die Kompetenz muss passen. Gerade in diesem Business haben es Frauen schwer. Sie müssten etwa Torstangen transportieren, Netze aufbauen, Lebensmittelfarbe auftragen. In Chile schaufelten unsere Trainer einen kompletten Super-G vom Neuschnee aus. Es ist ein harter Brocken Arbeit. Deshalb gibt es vermutlich auch so wenige Trainerinnen.

Was wollen Sie in der neuen Speed-Saison im Weltcup erreichen?

Siebenhofer: Mir ist wichtig, mein gesamtes Potenzial auszuschöpfen. Ich will bei jedem Rennen um den Sieg mitfahren. Momentan glaube ich, dass ich das Niveau dafür habe. Die Konkurrenz ist aber stark, da muss man realistisch bleiben.

Ramona Siebenhofer.
© getty
Ramona Siebenhofer.

Hinweis: Das Interview fand im Rahmen eines ÖSV-Medientermins Mitte Oktober 2019 statt. Das gesamte Interview ist als Podcast bei Après Ski zu hören.

Ramona Siebenhofer: Podestplätze im Ski-Weltcup

SaisonOrtDisziplinPlatz
2018/19Cortina d'AmpezzoAbfahrt1
2018/19Cortina d'AmpezzoAbfahrt1
2018/19GrödenAbfahrt3
2015/16Lake LouiseAbfahrt3
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