"Bei der Technik passt etwas noch nicht ganz"

Von APA
Gregor Schlierenzauer ist erst bei 80 Prozent
© GEPA

Gregor Schlierenzauer kehrt im Rahmen der Vierschanzen-Tournee erstmals seit zwei Jahren auf seine Heimschanze, den Innsbrucker Bergisel, zurück.

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Im APA-Gespräch erzählte der Rekordsieger im Weltcup über seinen aktuellen Weg der kleinen Schritte ("Ich muss derzeit einen Elfmeter mit 80 Prozent schießen"), die kommenden Olympischen Spiele und eine mögliche Karriere-Fortsetzung bis 2022.

Frage: Sie kehren nach dem vorzeitigen Aus 2016 auf den Bergisel zurück. Was bedeutet dieses Comeback für Sie?

Gregor Schlierenzauer: "Ich freue mich natürlich extrem. Wieder daheim zu springen, das taugt mir, da nehme ich viel mit. Die Schanzen, die jetzt in Österreich hintereinander kommen, auch der Kulm, da kann uns nichts Besseres passieren, als bei dieser Stimmung und dem Rückhalt der Fans, dort Gas zu geben. Daheim erwartet man sich, dass man ein bisschen besser reinstartet, weil man alles kennt. Schauen wir, ob mir der weitere Schritt gelingt, oder ob es noch dauert."

Frage: Geduld zählt auf dem Weg zurück nun offenbar nun zu Ihren wichtigen Tugenden.

Schlierenzauer: "Das ist ganz logisch. Kamil Stoch hat eineinhalb Jahre gebraucht, bei der WM am Kulm (Jänner 2016, Anm.) hat es ihn mit 110 Metern rausgebrannt. Das war sein Tiefpunkt. Aber er hat ein Rezept gefunden, weil er etwas umgestellt hat, und jetzt funktioniert es wieder. Bei mir ist mental sehr viel passiert, es ist körperlich sehr viel passiert, aber jetzt ist alles in positivem Aufschwung. Ich fühle mich sehr fit und bin für alle Schandtaten bereit, das ist mir das Wichtigste."

Frage: Dieser aktuelle Weg der kleinen Schritte müsste doch eigentlich Ihrem Naturell widersprechen?

Schlierenzauer: "Teilleistungen haben gezeigt, dass ich auf einem guten Weg bin. Im Wettkampf, wenn das Rennpferd raus will und einen Schritt dazu machen möchte, geht der Schuss eher nach hinten los. Das ist ein Zeichen, dass bei der Technik etwas noch nicht ganz passt. Ich muss zur Zeit einen Elfmeter mit 80 Prozent schießen. Und das ist kein gutes Gefühl. Aber ich weiß, wenn ich 80 bis 85 Prozent habe, bin ich schon in den Top Ten oder bei den Top Ten. Das ist das, was ich mitnehme, und das ist das Befriedigende. Und jetzt gilt es natürlich, den Fehler oder die technische Umstellung so einzuschleifen, dass im Wettkampf, wenn ich die Startnummer anhabe und das dazutun möchte, was mich jahrelang ausgezeichnet hat, dass das dann auch funktioniert."

Frage: Wissen Sie, woran im Detail zu arbeiten ist?

Schlierenzauer: "Ich weiß, wo anzusetzen ist, und das ist sehr positiv. Es kann schnell gehen im Skispringen, oft hat man eine kleine Umstellung oder eine andere Schanze, und dann ist der Effekt da, 'aha, so geht's', oder es dauert länger. Aber ich bin überzeugt, dass ich da sehr bald dran bin."

Frage: Können Sie ihr Manko etwas näher definieren?

Schlierenzauer: "Weil die Anzüge so eng geworden sind, fällt auf, dass der Sprung vom Tisch sehr sauber kommen muss. Bei größeren Athleten wie bei mir ist das fehleranfälliger, kleinere Athleten tun sich da leichter. Es ist eine Geschichte der Balance, wie man zum Schanzentisch hinkommt, damit der Sprung von der Kante so weggeht, dass ich nicht auf die Ski drauffalle, sondern ich mich mit den Ski vom Tisch weglupfe, und es mich dann wegsaugt, wie wir sagen, und um das geht's."

Frage: Werden sie weiterhin auf ihre zwei Coaches Christoph Strickner (Stams-Trainer, Anm.) und Harald Rodlauer (ÖSV-Co-Trainer, Anm.) setzen?

Schlierenzauer: "Natürlich werde ich mit zwei Coaches weiterfahren. Beide können helfen, das ergänzt sich. Das klingt dann auch wieder so 'wow, der hat zwei Trainer'. Aber das haben die anderen auch. Beim Skispringen muss halt einer am Schanzentisch stehen und einer den Flug beobachten, weil das auch sehr wichtig ist. Und genau um diese Dinge geht es, dass man da gemeinsam Schritt für Schritt die Kleinigkeiten erkennt."

Frage: Wo sollen die Schritte hinführen? In rund fünf Wochen beginnen die Olympischen Spiele.

Schlierenzauer: "Für mich geht es um Historie, denn alles andere ist erledigt. Historie ist für mich, einfach gut skizuspringen und die Folge daraus ist der Erfolg. Da bin ich auf einem sehr guten Weg. An der Spitze geht es eng zu, man darf sich keine Fehler erlauben, das sieht man etwa bei Simon Ammann. Es ist noch sensibler geworden durch die Materialumstellungen. Aber für mich gilt es, den Weg weiterzugehen und an den Rädchen zu drehen, dann bin überzeugt, dass das Pendel sehr schnell ins Positive umschlägt."

Frage: Spüren Sie Druck wegen der nahenden Winterspiele?

Schlierenzauer: "Wenn es sich nicht ausgeht, dass man auf Toplevel springen kann, dann geht auch die Welt nicht unter. Dann kommt nächstes Jahr die Heim-WM, und dann kann ich mir durchaus noch einmal Olympische Spiele vorstellen. Ich fühle mich zur Zeit sehr, sehr gut, mir macht es irrsinnig Spaß. Ich verspüre null Druck, dass ich sage, bis dahin muss es passen, weil sonst war's das mit meiner Karriere, im Gegenteil. Ich habe nichts zu verlieren, sondern tue alles für mich, und das taugt mir sehr."

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