Klaus Schmidt im Interview: Europa-League-Playoff eine "Augenauswischerei"

Klaus Schmidt kritisiert die Bundesliga-Reform.
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Dank Klaus Schmidt ist beim SV Mattersburg wieder Ruhe eingekehrt. Der 51-Jährige übernahm die Burgenländer im vergangenen August und vergrößerte den Abstand zum Tabellenletzten, Admira. Im Interview mit SPOX erklärt Schmidt, warum ihm das neue Bundesliga-Format nicht schmeckt, obwohl er der Reform seinen Job zu verdanken hat.

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Außerdem erinnert er sich an die Zeit mit Josef Hickersberger in der Wüste und erklärt, warum er seine spanischen Spieler in den Schnee schickt.

SPOX: Herr Schmidt, freuen Sie sich, dass es am kommenden Wochenende wieder los geht?

Klaus Schmidt: Jede Vorbereitung hat am Ende eine gewisse Zähigkeit. Es kribbelt bei uns allen schon wieder, und wir freuen uns, nach einer guten Vorbereitung mit einem Heimspiel ins Frühjahr zu starten.

SPOX: Mit Daniel Kerschbaumer und Jefte Betancor haben zwei Spieler den Verein im Winter verlassen. Sind Sie dennoch gerüstet für die kommenden Aufgaben?

Schmidt: Wir hatten einen großen Kader, sind aber weder in einem europäischen Wettbewerb, noch im Cup vertreten. Am Ende des Tages waren stets 17, 18 Spieler unzufrieden, weil sie nicht zum Zug kamen. Dem konnten wir mit einer Leihe und einem Verkauf ein wenig entgegenwirken.

SPOX: Im Trainerteam gab es merkliche Veränderungen.

Schmidt: Markus Schmidt (Amateure-Trainer, Anm.) hat uns dankenswerterweise im Herbst als Co-Trainer unterstützt und uns die Zeit gegeben, ein umfangreiches Trainerteam zusammenzustellen. Mit Thomas Höller bekomme ich vom WAC einen kompetenten Mann an meine Seite. Bernd Eibler wird unsere Lücke, die wir in der Video-Analyse hatten, schließen. Zusammen mit Gerald Linshalm als neuen Konditionstrainer haben wir ein neues Trio im Trainerstab, das auf seine Aufgaben brennt und sich auf die ersten Pflichtspiele in der Bundesliga freut.

Klaus Schmidt leistet auch an der Seitenlinie vollsten Körpereinsatz.
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Klaus Schmidt leistet auch an der Seitenlinie vollsten Körpereinsatz.

Klaus Schmidt: "Untere Teams werden stiefmütterlich behandelt"

SPOX: Nach vier Spielen kommt erstmals die Punkte- und Ligateilung zum Tragen. Sie gelten als Kritiker des neuen Modus. Was gefällt Ihnen an der Reform nicht?

Schmidt: In meinen Augen wird die sogenannte Meistergruppe eine interessante Runde spielen. Den Teilnehmern der sogenannten Qualifikationsrunde bleibt bloß die Möglichkeit, einem Abstieg zu entgehen. Das Playoff um einen Europa-League-Startplatz sehe ich mehr als Augenauswischerei. Man müsste als Sieger dieser Qualifikationsrunde ab Ende Mai drei Spiele in sechs Tagen erfolgreich bestreiten, um sich zu qualifizieren - ein Ding der Unmöglichkeit.

SPOX: Mit der Reform soll die Spannung in der Liga länger erhalten bleiben.

Schmidt: Das mag richtig sein, denn nach der Punkteteilung werden die unteren Teams nur durch wenige Punkte getrennt sein. Doch wenn man sich vor Augen hält, wie schwer es ist, in der 16er-Liga finanziell zu überleben, stehen mehr oder weniger in jedem Spiel Existenzen auf dem Spiel. Dieser Umstand wird durch die Punkteteilung noch verschärft.

SPOX: Fünf Vereine nahmen in dieser Saison bereits einen Trainerwechsel vor. Ist der Druck in dieser Saison um so viel größer geworden?

Schmidt: Ich muss dazusagen, dass ich ein Günstling dieser Entwicklung bin. Ich habe von der Schwächephase profitiert und wieder einen Job in der Bundesliga bekommen. Aber es ist klar, dass unter diesem Modus der Feuerstuhl, auf dem wir Trainer uns befinden, deutlich heißer geworden ist. Das wird sich mit diesem Modus in der Zukunft nicht ändern.

SPOX: Dennoch gewinnt man den Eindruck, dass Sie sich in Mattersburg gut eingelebt haben. Fühlen Sie sich wohl, obwohl Sie eigentlich gerne Zeit in den Bergen verbringen?

Schmidt: (lacht) Ich habe mich hier schnell sehr wohl gefühlt, weil mir die tägliche Arbeit und der Umgang mit den Leuten sehr gefällt. Das Burgenland hat auch seinen Charme. Und wenn ich in die Berge will, kann ich ja meiner Heimat einen Besuch abstatten.

SPOX: Ihr Heimatort Aflenz ist rund eineinhalb Autostunden von Mattersburg entfernt. In der Winterpause haben Sie Ihren Arbeitsort kurzerhand dorthin verlegt und die gesamte Mannschaft auf eine Schneewanderung mitgenommen. Wie kam es dazu?

Schmidt: Das hat weniger damit zu tun, dass ich dort daheim bin. In unserem Kader befindet sich der eine oder andere Spanier, der den Schnee nicht so kennt wie wir Österreicher. Im Training ist es ganz hilfreich, immer wieder neue Impulse zu setzen. Ich konnte aber meine Kontakte in der Heimat ausspielen, und wir hatten einen herrlichen Tag in den Bergen.

Mattersburg-Trainer Schmidt: "Will ein Vorbild sein"

SPOX: Verbieten Sie Ihren Spielern, in der Winterpause auf Skiurlaub zu fahren?

Schmidt: (lacht) Das ist einem Österreicher aus meiner Sicht gar nicht zumutbar. In den letzten Jahren haben sich die Winterurlaube der Spieler aber ohnehin weg vom klassischen Ski-Urlaub bewegt. Heute bevorzugen Sie Sonne, Strand und Meer.

SPOX: Ein gutes Stichwort: Sie selbst waren in der Saison 2010/11 in Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten als Co-Trainer tätig. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?

Schmidt: Sehr vieles. Das war zu einer Zeit, wo noch nicht jeder wusste, wo etwa Dubai liegt. Mir wurde im Umgang mit der neuen Kultur erst klar, wie sehr die Muslime dort nach ihrer Religion leben. Mein damaliger Chef, Josef Hickersberger, wusste damit bestens umzugehen. Ich konnte mir sehr viel von ihm abschauen und denke heute noch oft an diese Zeit zurück.

SPOX: Versuchen Sie, Ihrer Mannschaft - abseits vom Fußballerischen - Werte mitzugeben?

Schmidt: Ständig! Ich will meinen Spielern beispielsweise vermitteln, dass die Bäume nach Siegen nicht in den Himmel wachsen. Nach Niederlagen wiederum will ich auch nicht alles schlecht reden. Es geht mir auch darum, als Trainer ein gewisses Vorbild zu sein. Wir sollten alle dankbar sein dafür, dass wir mit unserem Hobby unseren Lebensunterhalt verdienen.

SPOX: Was ist für Sie das Schönste, und was das Schlimmste am Trainerjob?

Schmidt: Das ist innerhalb von wenigen Sekunden erklärt: Das Schönste ist, wenn du am Samstagabend ein Spiel gewinnst. Das Schlimmste ist der Abend und die Nacht danach, wenn du ein Spiel verloren hast.

SPOX: Bislang haben Sie immer strauchelnde Vereine aus der Krise geführt. Würde es Sie reizen, einmal einen größeren Verein zu übernehmen? Eventuell sogar im Ausland?

Schmidt: Das ist der Traum jedes Trainers. Doch selbst wenn man auf unseren Markt blickt, merkt man, wie wenige Jobs es gibt. Der ein oder andere österreichische Trainer hat den Sprung ins Ausland geschafft. Das sind definitiv auch meine Vorbilder, aber dafür darfst du dir keine Fehler erlauben. Die Luft im Trainergeschäft ist verdammt dünn.

SPOX: Spüren Sie eine gewisse Genugtuung, wenn Sie sehen, dass Altach aktuellen in der Tabelle hinter Mattersburg liegt?

Schmidt: Überhaupt nicht. Denn ohne meine Zeit in Altach wäre ich heute nicht Mattersburg-Trainer. Der Altach-Trainer Klaus Schmidt hat nicht alles richtig gemacht, sonst würde er dort noch immer arbeiten. Jeder Rückschritt bringt Erfahrung mit sich, die einem in der Zukunft hilft.

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