Ansichtssache - Die Kolumne von Michael Gigerl: Viel Drang, aber wenig Sturm

Von Von Michael Gigerl, Kommentator & PULS 4 Chefredakteur Sport
Michael Gigerl
© PULS 4

Nachdem unser Nationalteam unter Teamchef Franco Foda vor rund einem Jahr nahezu famos losgelegt hat, wirkt die schnell aufgekeimte Euphorie im Land aktuell wieder etwas schaumgebremst. Zu Recht, wie ich meine...

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Nach der herben Enttäuschung durch die verpasste WM-Qualifikation unter Teamchef Marcel Koller durfte nämlich keiner glauben, dass mit einem Trainerwechsel sofort wieder alles und immer nach Wunsch läuft. Klar, die ersten fünf Spiele unter Foda waren schon sehr verheißungsvoll: Fünf Siege, darunter das 2:1 gegen Deutschland, Torverhältnis 12:2 - so was eignet sich bestens, um Aufbruchsstimmung zu erzeugen.

Das ist auch kontinuierlich gelungen - bis hin zum ersten Pflichtspiel unter Foda: Das 0:1 in Bosnien im September im ersten Spiel der Nations League war gemessen am Ergebnis UND der Leistung ein erster Showstopper.

Pflichtspiel Nummer zwei war da schon besser - zumindest definitiv was das Ergebnis angeht: das 1:0 gegen Nordirland hat Österreich zurück ins Rennen um den angestrebten Gruppensieg gebracht. Gut so. Allerdings bleibt eben fest zu halten, dass das Team auch in dieser Partie spielerisch hinter den Erwartungen bzw. unter seinen prognostizierten Möglichkeiten geblieben ist.

Auch das 0:2 zuletzt im Test gegen Dänemark war leistungstechnisch eine ziemlich maue Angelegenheit, hat aber zumindest die Erkenntnis gebracht, dass der "zweite Anzug" (nicht zu verwechseln mit B-Elf) noch nicht wirklich sitzt. In Abwesenheit von Leistungsträgern wie Alaba und Arnautovic konnten sich die Alternativen wie Schaub, Kainz oder Schöpf nicht nachhaltig empfehlen.

Zusammenfassend fällt aber vor allem eines auf: Österreich fehlt ein echter Knipser. Zumindest im Teamtrikot. Das beweist ja schon alleine die Einberufung von Marc Janko, der seinerseits der bis dato letzte echte Torjäger im Nationalteam ist bzw. viel mehr: war. Janko ist mit 35 Jahren allein schon altersbedingt ein Auslaufmodell. Aber wer soll in seine (tatsächlich großen) Fußstapfen treten?

ÖFB-Team fehlt ein echter Goalgetter

Okay, Marko Arnautovic ist immer für ein Tor gut. Immerhin sind es mittlerweile bereits 20 für Österreich, sprich gerade Mal acht weniger als Janko. Aber ganz ehrlich: Ein echter Knipser ist auch der West Ham-Legionär nicht. Aufgrund seiner überragenden Qualitäten macht er zwar immer wieder seine Tore, aber für mich ist er dennoch kein (Mittel-)Stürmer. Nicht als Spielertyp und schon gar nicht im Nationalteam: Da sehe ich ihn auf der linken Seite im Gespann mit seinem Spezi Alaba - da halte ich Arnautovic nämlich für am wertvollsten.

Und die Anderen? Die werden hoffentlich noch. Bei ihren Vereinen klappt es ja regelmäßig sehr gut mit dem Tore schießen. Und das auf höchstem Niveau: Burgstaller und Gregoritsch haben zusammen starke 24 Tore in der abgelaufenen Bundesligasaison erzielt. Im Nationalteam aber haben beide bisher jeweils nur einmal getroffen (bei insgesamt immerhin 27 Einsätzen). Ja und die "auf Abruf"-Stürmer Weimann, Alar und Hinterseer wissen überhaupt noch gar nicht, wie sich ein Treffer im Team anfühlt (bei insgesamt immerhin 28 Einsätzen).

Den ganz großen Goalgetter findet man leider auch in der aktuell sehr erfolgreichen U21-Nationalmannschaft nicht. Aber auch da ist vor allem mit Arnel Jakupovic zumindest Potential da. Und einen Hannes Wolf gibt´s ja auch noch, wenngleich ich auch den nicht zwingend als Mittelstürmer wahrnehme.

Fazit

Das Nationalteam hat viel offensives Potential, es fehlt nur der Goalgetter. Wobei ich glaube, dass man den nicht erst (er-)finden muss. Viel mehr würde ich mir wünschen, dass einem der genannten Herren auch im Trikot der Nationalmannschaft (endlich) der vielzitierte Knopf aufgeht.

Sie erreichen den Autor unter: michael.gigerl@puls4.com

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