Zlatko Junuzovic im Interview: "Das war der schlimmste Moment meiner Karriere"

Junuzovic ist der namhafteste Neuzugang bei Red Bull Salzburg.
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SPOX: Wie lange im Vorhinein wussten Sie, dass der Spielbetrieb eingestellt wird?

Junuzovic: Das war uns relativ früh bewusst. Bereits im Herbst gab es die ersten Anzeichen, dass es nicht lange gutgehen wird. Im Winter folgte der erste Punkteabzug, zur Rückrunde wurden uns 22 Zähler abgezogen. Plötzlich denkst du an deine eigene Zukunft und diese Gedanken machen dich fertig. Es war keine angenehme Zeit, vor allem nicht in meinem Alter.

SPOX: Wie war die Stimmung unter ihren Teamkollegen? Stieg der Konkurrenzkampf an, um sich für andere Vereine zu empfehlen?

Junuzovic: Dadurch, dass wir alle im selben Boot saßen, kamen wir ziemlich gut miteinander aus. Wir gingen beispielsweise oft gemeinsam Abendessen, und tauschten uns viel aus. Es war für jeden schwierig, konzentriert Fußball zu spielen und sich anzubieten. Es ging ja medial drunter und drüber, laufend wurde über den GAK berichtet.

FK Austria Wien für Zlatko Junuzovic gut verstärkt

SPOX: In der österreichischen Bundesliga werden Sie auf Ihren Ex-Verein Austria Wien treffen, bei dem Sie von Ex-Sportdirektor Franz Wohlfahrt im Frühjahr sogar ein Angebot vorliegen hatten. Wie bewerten Sie die Entwicklung in Wien Favoriten?

Junuzovic: Ich habe die Austria immer noch gut in Erinnerung. Dort konnte ich enge Freundschaften schließen, die bis heute halten. Die zweieinhalb Jahre haben mich geprägt, und ich habe dadurch die Chance bekommen, mich bei Werder Bremen zu beweisen. Im vergangenen Jahr haben bei der Austria vermutlich mehrere Dinge nicht funktioniert. Aber mit den Spielern, mit denen sie sich jetzt verstärkt haben, werden sie in der kommenden Saison eine große Rolle spielen. So ein Jahr wird ihnen nicht noch einmal passieren, mit der Austria wird zu rechnen sein.

SPOX: Sie haben ihre Zeit bei Bremen schon angesprochen. Sind Sie mit ihrer Karriere als Legionär zufrieden?

Junuzovic: Sechseinhalb Jahre bei Werder Bremen können sich sehen lassen. Die Zeit war sehr lehrreich, ich habe mich in der deutschen Bundesliga weiterentwickelt und bin zum Kapitän gereift. Der Abschied von den Fans fiel mir schwer, der Verein honorierte meine Leistungen. Ich bin sehr glücklich, all diese Momente erlebt zu haben. Natürlich hätte ich mir den einen oder anderen internationalen Auftritt gewünscht, aber das hat nicht sollen sein.

SPOX: Warum hat es nie dazu gereicht?

Junuzovic: Es ist komisch, denn generell taten wir uns im Herbst immer schwer, ehe wir in der Rückrunde Jahr für Jahr aufgeholt haben. Dafür habe ich bis heute keine Erklärung. Wir waren zwei, drei Mal knapp davor, uns für die Europa League zu qualifizieren.

Zlatko Junuzovics Leistungsdaten bei Werder Bremen

SaisonSpielePunkteschnittToreAssistsMinuten
2017/18261,54251.845
2016/17311,305102.586
2015/16331,234132.646
2014/15351,216153.084
2013/14271,12242.406
2012/13310,97322.581
2011/12150,73031.200

SPOX: Ihr Ex-Trainer Alexander Nouri hat sich gerne öffentlich über Politik geäußert. Vor allem mit der Aussage "Ich habe nichts gegen Europa, ich bin ja nicht die AfD" sorgte er für Aufsehen. War Politik in einem ruhigen Moment in der Kabine auch einmal ein Thema?

Junuzovic: Es liegt ihm sehr am Herzen, gewisse Dinge anzusprechen. Aber das war ganz allein seine Sache, in der Kabine ging es klarerweise nur um Sportliches.

SPOX: Sie haben während Ihrer Zeit in Bremen studiert. Womit haben Sie sich dort beschäftigt?

Junuzovic: Vor zwei Jahren habe eine Sportmanagement-Ausbildung abgeschlossen. Auch jetzt versuche ich mich in Salzburg so gut es geht zu erkundigen, welche Dinge im Verein im Hintergrund passieren. Fußball hat bislang mein ganzes Leben begleitet, das wird auch immer so sein. Ich versuche mich auch in diesem Aspekt weiterzuentwickeln und zu orientieren, um eventuell ein Tätigkeitsfeld für die Zeit nach der Karriere ins Auge zu fassen.

Zlatko Junuzovic über EM 2016: Negative Erfahrungen für Zukunft hilfreich

SPOX: Wir haben vor einigen Wochen ein Interview mit einem ihrer ehemaligen Mannschafts-Kollegen geführt. Raten Sie einmal, von wem das folgende Zitat stammt: "Das wird jedem Spieler für sein restliches Leben nachhängen. Ich fühle immer noch die pure Enttäuschung."

Junuzovic: Hmm, schwierig. (Denkt nach) Ist es jemand aus dem Nationalteam? Geht es um die EURO 2016?

SPOX: Bingo! Das Zitat stammt von Martin Hinteregger.

Junuzovic: Ja klar, das muss vom Hinti kommen. (lacht)

SPOX: Hat er Recht? Hängt Ihnen der EM-Auftritt noch nach?

Junuzovic: Keine Frage, die Enttäuschung war riesig. Ich finde aber mittlerweile, dass diese Erfahrung notwendig war. Für solch ein Turnier waren wir einfach nicht reif genug, so sind wir leider auch aufgetreten. Mit der Qualität der Spieler und der gesamten Mannschaft hätten wir uns das ganz anders vorgestellt. Schlussendlich haben wir es uns aber nicht verdient, weiterzukommen, mit dem muss man leben.

SPOX: Sie können der EM in Frankreich mittlerweile auch etwas Positives abgewinnen?

Junuzovic: Ich finde, dass unsere Nationalmannschaft jetzt wieder gut aufgestellt ist. Ich glaube auch felsenfest daran, dass wir uns für die nächste Europameisterschaft qualifizieren werden. Diese negativen Erfahrungen, die wir in Frankreich sammelten, werden dieser Mannschaft für das nächste Turnier helfen.

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