Wohlfahrt und die fehlende Spielphilosophie

Ein Kommentar von Fabian Zerche
© GEPA

Franz Wohlfahrt will sich auf keine Spielphilosophie festlegen, weil sich diese ja bald ändern könnte. Und damit verfehlt er den Sinn einer ebensolchen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Lange ist Franz Wohlfahrt noch nicht Sportdirektor der Austria, den Unmut vieler Viola-Aficionados hat er aber schon jetzt auf sich gezogen. Das Anforderungsprofil für etwaige Neuzugänge erklärte Wohlfahrt vor wenigen Tagen im Gespräch mit SPOX recht platt. "Spezielle Voraussetzungen gibt es nicht." Aber: "Wir wollen nicht irgendwen holen. Er muss das Kommando übernehmen und fit sein." Na gut, Fitness ist die Essenz des Profifußballers.

Und auch mit seinen Aussagen in der aktuellen SportWoche macht sich Wohlfahrt in der kritischen Austria-Szene keine Freunde. Auf die Frage der Kollegen, wie sehr er die Spielphilosophie des Vereins prägen will - am Beispiel Ralf Rangnick und Red Bull - hatte Wohlfahrt noch keine passende Antwort parat. "Eine wichtige Frage, aber es ist noch zu früh, eine Philosophie von mir umzusetzen. Ich muss ja erst schauen, welche Spieler wir dafür im Kader haben."

Seltsam anmutende Thesen, denn eine klare Spielphilosophie und Aufarbeitung des vorhandenen Spielermaterials sind branchenüblich fester Bestandteil jeder Bewerbungs-Präsentation eines Sportdirektors. Vorbereitet wirkt Wohlfahrt nicht. Und auch ob eine klare, kontinuierliche Linie gezeichnet wird, darf schon jetzt bezweifelt werden. Denn auch in Zukunft will sich Wohlfahrt keiner Philosophie verschreiben. "Es bringt nichts, die (Philosophie, Anm.) jetzt nach außen zu tragen. Vielleicht habe ich in vier Monaten eine andere Vorstellung, weil ich sehe, dass 14, 15 Spieler dafür im Kader sind."

Fragwürdige Statements, die sich nicht nur häufen, sondern auch einen schalen Beigeschmack hinterlassen. Denn der Sinn einer Spielphilosophie ist beständiges Feilen an ebendieser - um dem Verein ein Gesicht zu geben und ganzheitliche Integration von Jugendspielern und Neuzugängen, deren Attribute im besten Fall zu dieser passen (siehe Kampl/BVB) zu beschleunigen. Die Philosophie sollte nicht einfach so passieren und auch nicht sprunghaft zu "was halt gerade modern ist" wechseln.

Was Wohlfahrt aber ungefähr vorhaben dürfte, nahm Austria-Präsident Wolfgang Katzian vorweg. Dieser argumentierte Wohlfahrts Bestellung damit, dass der vormalige ÖFB-Keeper für dominanten und ballbesitzorientierten Fußball stehe. Ein Widerspruch in sich, denn seit Sommer propagieren die Veilchen Pressing, schnelles Umschalten, BVB 2.0. "Das System der Dortmunder war ein Vorreiter-System, für jenes, das Salzburg jetzt pflegt. Ich habe mich in beiden Systemen gut eingelesen und will mit der Austria ähnlich spielen, wie Dortmund es macht", so Trainer Gerald Baumgartner zu SPOX. Vielleicht sollten sich alle Beteiligten noch einmal zusammensetzen.