SK Rapid Wien - Mert Müldür im Interview: "Es ist ganz normal, dass alle Druck machen"

Von Fabian Santner
Mert Müldür hat derzeit gut lachen
© GEPA

Vor einem halben Jahr spielte Mert Müldür noch in der zweiten Mannschaft des SK Rapid Wien in der Regionalliga vor 100 Zuschauern, jetzt steht er kurz davor, im Ibrox Park vor über 50.000 Fans gegen die Glasgow Rangers (Do., 21 Uhr im LIVETSTREAM auf SPOX Österreich) aufzulaufen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Das ist schon sehr cool", bemerkt der erst 19-jährige Verteidiger der Grün-Weißen etwas schüchtern, fügt jedoch gleich selbstbewusst an: "Aber deswegen gebe ich mich nicht zufrieden, ich will trotzdem ständig an mir arbeiten und mein nächstes Ziel erreichen."

Dabei hat Müldür in den letzten Monaten so viele Ziele erreicht, wie manch einer in seiner ganzen Fußballerkarriere nicht. Am Ende der vergangenen Saison erhielt er der 1,88-Meter große Defensivspezialist vom damaligen Trainer Goran Djuricin seine ersten Bundesliga-Einsätze, kurz darauf legte ihm Sportdirektor Fredy Bickel seinen ersten Profivertrag vor.

Doch damit nicht genug: Im Sommer wurde er in die A-Nationalmannschaft der Türkei einberufen und in der laufenden Spielzeit entwickelte sich Müldür unter Ex-Coach Djuricin zum Fixstarter in der Rapid-Defensive.

Im SPOX-Interview erzählt er unter anderem, was Rapid für ihn so speziell macht, wie er über die turbulenten letzten Wochen in Hütteldorf denkt und warum er für die Türkei und nicht für Österreich spielt. Außerdem schätzt er Rapids Chancen gegen die Rangers ein.

SPOX: Was sagen Sie zur Verpflichtung von Didi Kühbauer als neuen Rapid-Trainer?

Mert Müldür: Ich kannte ihn bis vor kurzem noch nicht persönlich, sondern nur aus der Liga. Ich weiß, dass er mit St. Pölten sehr erfolgreich war. Ich bin schon gespannt, wie es unter ihm mit dem Spiel am Donnerstag gegen die Glasgow Rangers losgeht. Dann wird man Schritt für Schritt weiter schauen.

SPOX: Glauben Sie, dass mit dem neuen Trainer weniger Druck auf der Mannschaft lasten wird als unter Goran Djuricin?

Müldür: Wenn man so viele Punkte liegen lässt, ist immer ein Druck da, vor allem bei einem so großen Verein wie Rapid. Es ist ganz normal, dass die Fans Druck machen, dass von überall Druck kommt, den wir dann auch spüren. Ich weiß nicht, wie es am Donnerstag sein wird, das lassen wir auf uns zukommen.

SPOX: Sie sind schon Ihr ganzes Fußballer-Leben bei Rapid, haben vor kurzem Ihren ersten Profivertrag unterschrieben. Verfolgen Sie eigentlich einen Karriereplan, der Sie vielleicht auch einmal woanders hinführen wird?

Müldür: Ich habe in der U7 bei Rapid angefangen, habe alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen und bin jetzt bei den Profis. Ich bin nie bei einem anderen Verein gewesen. Für mich war es immer am wichtigsten, dass ich es in die erste Mannschaft von Rapid schaffe und Profi werde. Ich bin sehr glücklich, dass mir das gelungen ist, aber ich gebe mich damit nicht zufrieden. Wenn ich etwas erreicht habe, schaue ich, dass ich meine nächsten Ziele so schnell wie möglich erreiche. So gesehen habe ich immer Schritt für Schritt meine Ziele und schaue nur von Woche zu Woche, darum kann ich noch gar nicht sagen, wie es in Zukunft ausschauen wird.

muelduer-600
© GEPA

Mert Müldür: "Spanien und Deutschland sind Traumligen"

SPOX: Ist ein Wechsel ins Ausland ein Thema?

Müldür: Sicher. Das Ausland ist auf jeden Fall irgendwann ein Thema für mich. Aber zunächst einmal möchte ich mit Rapid Titel feiern und erfolgreiche Zeiten haben.

SPOX: Gibt es - neben Rapid - einen Traumverein zu dem Sie gerne wechseln würden?

Müldür: Einen Traumverein gibt es nicht, aber es gibt Traumligen, in die ich mir einen Wechsel gut vorstellen könnte und das wären Spanien und Deutschland.

SPOX: Was macht Rapid so besonders?

Müldür: Auf jeden Fall die Fans. Als ich gegen Spartak Moskau getroffen habe (das Tor wurde im Nachhinein als Eigentor gewertet, Anm.), war es einfach ein extrem cooles Gefühl, dass 20.000 Leute meinen Namen schreien. Bei dem Tor kam dazu, dass es nicht "irgendein Tor" war, sondern dass wir das Spiel auch gewinnen konnten. Das war einfach super, dass mein erstes Europa-League-Spiel so endete.

SPOX: Sie wurden in dieser Saison schon als Innenverteidiger und auch als Außenverteidiger eingesetzt. Auf welcher Position fühlen Sie sich am wohlsten?

Müldür: In der zweiten Mannschaft von Rapid habe ich letzte Saison auch ab und zu Sechser gespielt. Meine eigentliche Position ist schon Innenverteidiger, aber ich habe in den letzten Wochen vom Trainer die Chance bekommen rechts hinten zu spielen. Mir macht das gar nichts aus, dort wo ich eingesetzt werde, spiele ich, alles Weitere sieht man dann eh auf dem Platz.

SPOX: Wenn Sie den Spieler Mert Müldür charakterisieren müssten, was wären seine Stärken, was seine Schwächen?

Müldür: Ich denke, dass mein Spielaufbau ganz gut ist, und technisch bin ich generell auch nicht so schlecht (lacht). Auch meine Schnelligkeit ist ganz okay, aber körperlich habe ich sicher noch Luft nach oben.

SPOX: Was machen Sie, um sich da zu verbessern? Legen Sie etwa Zusatzeinheiten im Kraftraum ein?

Müldür: Die englischen Runden mit einem Spiel an jedem dritten Tag machen es schwer, zusätzlich für sich etwas zu machen. Aber immer wenn sich irgendwo ein Zeitfenster ergibt, versuche ich schon, mich besonders in diesem Bereich weiterzuentwickeln.

SPOX: Haben Sie fußballerische Vorbilder?

Müldür: Ja, für mich ist das seit Jahren Sergio Ramos, der ja auch auf meiner Position spielt und nicht nur körperlich sondern auch spielerisch stark ist.

SPOX: Sie wurden Anfang Sommer in die A-Nationalmannschaft der Türkei einberufen. Wie ist es dazu gekommen und gab es auch Kontakt zum ÖFB?

Müldür: In der U17 habe ich das erste Mal eine Einberufung von der Türkei bekommen, Österreich war bis dahin kein Thema, weil ich nie etwas Konkretes vom ÖFB erhalten habe. Ich war ein-, zweimal auf Abruf, aber hab nie eine Einberufung bekommen. Ich spielte dann für die türkische U17 und auch an der U19-EM für die Türkei teilgenommen. Auch da hätte ich theoretisch für Österreich spielen können, wurde aber nicht einberufen. Dann ist die Einberufung für das A-Team gekommen und das war für mich natürlich eine große Ehre. So eine Chance kann man nicht ablehnen. Wäre von Österreich eine Einberufung gekommen, wäre es eine ganz andere Situation, aber so blieb nur die Option, für die Türkei zu spielen.

SPOX: Das heißt, Sie haben die Entscheidung für sich getroffen, für die Türkei zu spielen?

Müldür: Ich hatte zwar noch keinen Einsatz (damit wäre er theoretisch auch noch für Österreich spielberechtigt, Anm.), aber wenn beim nächsten Lehrgang wieder eine Einberufung für die Türkei kommt, werde ich wieder hingehen.

SPOX: In der Liga läuft es für Rapid derzeit nicht rund, in der Europa League allerdings schon, was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für den Leistungsunterschied?

Müldür: Es gibt sicher viele Gründe, warum es einfach anders ist, Europa League zu spielen, aber der Hauptgrund ist sicher der Druck. Wenn du gegen Spartak Moskau spielst, hast du von Anfang eine andere Erwartungshaltung als in der Liga, weil das auch eine große Mannschaft ist. Deswegen kannst du es viel ruhiger angehen und das spielen, was du immer spielst. Eigentlich sollte das in der Liga ja auch gehen, bislang hat das aber nicht funktioniert. Wir müssen jetzt schauen, dass wir das in allen Wettbewerben auf die Reihe kriegen.

SPOX: Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie daran denken, dass Sie vielleicht im Ibrox-Park gegen die Ranges auflaufen werden?

Müldür: Für mich persönlich ist das natürlich etwas sehr Schönes. Ich kann mich noch erinnern, vor sechs, sieben Monaten habe ich noch am West-1-Platz gegen Regionalliga-Mannschaften gespielt, jetzt bin ich vielleicht kurz davor im Ibrox-Park gegen die Rangers zu spielen. Das ist schon sehr cool. Aber deswegen gebe ich mich nicht zufrieden, ich will trotzdem ständig an mir arbeiten und mein nächstes Ziel erreichen.

SPOX: Wie schätzen Sie die Chancen gegen die Rangers ein?

Müldür: Ich glaube, da ist vieles möglich. Wir haben schon gegen Spartak Moskau gezeigt, was wir können. Die Rangers werden vor dem eigenen Publikum zwar topmotiviert sein, aber das sind wir auch und können sicher einen, vielleicht sogar drei Punkte nach Hause mitnehmen.

SPOX: Glauben Sie nicht, dass es für die Vorbereitung auf das Spiel ein Problem sein könnte, dass der Trainer so kurz davor gewechselt wurde?

Müldür: Das ist der erste Trainerwechsel überhaupt, den ich persönlich miterlebe. Ich habe daher ehrlich gesagt keine Ahnung, wie das sein wird. Ich bin mir aber sicher, dass Dietmar Kühbauer es sehr gut hinkriegen wird. Es ist sicher normal, dass er etwas Zeit brauchen wird. Ich glaube aber trotzdem, dass es schon am Donnerstag gut laufen wird.

Mert Müldür beim SK Rapid Wien: Seine Statistiken

SaisonSpieleToreVorlagenMinuten
2018/191101682
2017/18200124
Artikel und Videos zum Thema