Red Bull Salzburg bringt Liverpool ins Schwitzen: Zurück zu den Wurzeln

Erling Haaland & Dominik Szoboszlai jubeln.
© GEPA

Der FC Red Bull Salzburg hat sich trotz einer Niederlage beim FC Liverpool auch im zweiten Champions-League-Spiel der Vereinsgeschichte teuer verkauft. An der Anfield Road bekam das Team von Trainer Jesse Marsch eine halbe Lehrstunde, spielte danach aber phasenweise sogar besser als der Titelverteidiger. Eine Systemumstellung brachte die Reds gehörig ins Wanken. Zum Teil waren sie aber selbst schuld.

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"Es war ein richtig beschissener Beginn." Innenverteidiger Maximilian Wöber sprach nach dem 4:3 an der Anfield Road an, was in den Köpfen der Bullen vor sich ging. "Wir sind wie blinde Hühner herumgelaufen."

Durch Treffer von Sadio Mane, Andy Robertson und Mo Salah führte der FC Liverpool am Mittwochabend nach 36 Minuten bereits mit 3:0. Die Reds waren physisch überlegen, spielten "High-Speed-Fußball", wie es Trainer Jürgen Klopp später in der Pressekonferenz nannte, und rissen das Spiel in allen Bereichen an sich.

"Wir haben ihnen auf den Seiten zu viele Räume angeboten", analysierte Wöber in der Mixed Zone des Anfield Stadium. "Es dauerte zu lange, um die drei Gegentore abzuschütteln."

Red Bull Salzburg: Formationswechsel gegen Liverpool

Liverpool hatte zu diesem Zeitpunkt bis zu 75 Prozent Ballbesitz und dominierte die Gäste nach Belieben. Dann reagierten die Salzburger: Marsch und sein Trainerteam bereiteten einen Notizzettel vor und reichten diesen Takumi Minamino. Der Japaner sollte das Mittelfeld neu anordnen.

Aus der Viererkette mit Zlatko Junuzovic und Enock Mwepu als Doppel-Sechs, Dominik Szoboszlai auf dem linken und Minamino auf dem rechten Flügel sollte eine Raute gebildet werden.

Junuzovic hielt seine Position, Minamino bildete die Spitze auf der Zehnerposition. Mwepu spielte vor der Pause kurz auf dem linken Flügel, tauschte dann aber mit Szoboszlai und bespielte die rechte Seite.

Der taktische Kniff zeigte sofort seine Wirkung. Hee-Chan Hwang traf in der 39. Minute zum 3:1 und hauchte seiner Mannschaft wieder Hoffnung ein.

"Alle hatten plötzlich das Gefühl, dass etwas geht", sagte Wöber. "Die Nervosität war abgelegt, auf einmal zeigten wir den schönen Fußball, der uns auszeichnet."

Obwohl Liverpool nur ein Tor kassierte, gab es weitere Anzeichen, dass Salzburg noch einmal ins Spiel finden würde. Der Spielstand im Stadion zeigte nach Hwangs Treffer plötzlich ein 3:3 an.

Salzburgs Comeback gegen Liverpool: "Das waren nicht wir"

Nach einer konzentrierten Besprechung zur Halbzeit und dem Erfolgserlebnis vor der Pause besonnten sich die Salzburger auf ihre Wurzeln. "Wir haben uns gesagt, das waren nicht wir", gab Marsch Einblicke in die Ansprache. "Wir hatten ganze vier Fouls. Das war einfach nicht aggressiv genug."

Im zweiten Spielabschnitt sollten nicht nur doppelt so viele Fouls, sondern auch die doppelte Anzahl an Toren folgen.

Zunächst führte Szoboszlai einen Freistoß nahe der Mittellinie schnell aus und brachte Hwang auf dem linken Flügel ins Spiel. Dieser lieferte eine herrliche Hereingabe auf Minamino, der 24-Jährige nahm den Ball volley und sorgte für den Anschlusstreffer.

Mit derselben Aktion brachte Marsch Erling Haaland ins Spiel, der Norweger verwertete eine starke Vorlage von Minamino von der rechten Seite aus kurzer Distanz. Das Comeback an der Anfield Road war perfekt.

Die Salzburger eskalierten vor dem Gästesektor, auch Marsch stürmte zu den feiernden Fans. Die darauf folgende Gelbe Karte nahm er gerne in Kauf.

Jürgen Klopp: "Salzburgs Geheimnis ist gelüftet"

Auf der anderen Trainerbank ärgerte sich Liverpool-Coach Klopp über das Verhalten seiner Mannschaft. "Das ist erlaubt. Normalerweise auch kein Problem", sagte der Deutsche nach der Partie angesprochen auf die Systemumstellung der Salzburger.

Für ihn war aber nicht alleine die neue Formation der Salzburger entscheidend für den Ausgleich. "Das hätte für uns keine Relevanz gehabt, hätten wir nicht die Bälle abgegeben. Sie hatten einen Mittelfeldspieler weniger und wir verlieren mehr Bälle. Das macht keinen Sinn", monierte er gegenüber DAZN.

Die Bullen machten vor allem im Zentrum die Räume eng, Szoboszlai und Mwepu verließen häufig ihre Flügel. "Wir wurden wie ein Magnet in die Mitte gezogen, anstatt uns auf den Halbräumen anzubieten und die Flügel zu besetzen", ärgerte sich Klopp über "falsche Entscheidungen", die Salzburg wieder ins Spiel kommen ließen. Schon in der ersten Halbzeit versuchte er, sein Team auf die Änderungen aufmerksam zu machen, drang aber nicht entscheidend durch.

Klopp weiter: "Wir haben eine Lektion bekommen. Größter Respekt für Salzburg. Ich wusste im Vorhinein, dass es nicht möglich ist, Salzburg 5:0 oder 6:0 aus dem Stadion zu schießen. Jetzt wissen es alle, ihr Geheimnis ist gelüftet."

Anzeige in Anfield in der 40. Minute beim Stand von 3:1.
© SPOX
Anzeige in Anfield in der 40. Minute beim Stand von 3:1.

Dominik Szoboszlai: "Ein Punkt wäre geil gewesen"

Klopp selbst reagierte seinerseits ebenfalls mit einer Systemänderung, "um ihnen Sachen zum Nachdenken zu geben". Wijnaldum verließ in der 64. Minute das Feld, mit Origi wurden die Hausherren nochmals offensiver.

Fünf Minuten später setzte Fabinho gegen Szoboszlai bei einem zweiten Ball energisch nach, Firmino legte per Kopf auf Salah ab, der Ägypter sorgte mit seinem zweiten Treffer für die Entscheidung.

"Wir zeigten zu Beginn der Partie zu viel Respekt. Nach der Systemänderung waren wir viel besser. Ein Punkt wäre schon geil gewesen", meinte Szoboszlai nach der Partie. "In der zweiten Halbzeit waren wir die bessere Mannschaft."

Jesse Marsch: "Ich bin Salzburger"

Am Ende gab es viele Gratulationen für die Leistung der Salzburger, obwohl sie ohne Zählbarem am Donnerstag in die Heimat reisen. "Mit der neuen Formation konnten wir zurück ins Spiel. Das Tor war der Schlüssel, denn darauf konnten wir aufbauen", bilanzierte Marsch, der festhielt: "Wenn wir auf unsere Art und Weise Fußball spielen, haben wir immer eine Chance."

Mehrmals animierte er seine Spieler in der zweiten Halbzeit zu einem höheren, schnelleren Pressing. "Wir brauchen Konzentration, Selbstvertrauen und Intelligenz auf dem Platz", forderte er für die kommenden Aufgaben.

Nach der Länderspielpause geht es in der Champions League am 23. Oktober mit dem Heimspiel gegen SSC Neapel weiter, ehe zwei Wochen später das Auswärtsspiel bei den Italienern auf dem Programm steht. "Wir müssen von der Niederlage lernen, um uns eine Chance zu geben, diese Gruppenphase zu überstehen. Wir wollten unseren Stil spielen. Hoffentlich können wir gegen Napoli von Beginn an so spielen. Das ist unser Ziel."

Champions League: Die Tabelle in Salzburgs Gruppe E

Salzburg liegt nach zwei Spieltagen auf Platz drei. Das direkte Duell gegen den punktegleichen FC Liverpool ging verloren. Nun wartet das Doppel gegen Napoli.

Platz

Team

Sp

S

U

N

Tore

Punkte

1.

SSC Neapel

2

1

1

0

2:0

4

2.

FC Liverpool

2

1

0

1

4:5

3

3.

Red Bull Salzburg

2

1

0

1

9:6

3

4.

KRC Genk

2

0

1

1

2:6

1