Die Fußstapfen des Königs

Nach seinem Wechsel von Borussia Dortmund zum FC Arsenal verglich sich Pierre-Emerick Aubameyang mit Thierry Henry. Es ist der ambitionierteste Vergleich, den er wählen konnte. Doch was machte Henry so besonders? Und kann Aubameyang in seine Fußstapfen treten?
Arsenal vs. ManCity, heute 20.45 Uhr, live auf DAZN

Der Vergleich

„Ich bin ein schneller Spieler und schieße auch Tore – ein bisschen wie Henry.“ Mit diesem Statement startete Pierre-Emerick Aubameyang seine Zeit als Spieler des Arsenal Football Club. Und dann übernahm er auch noch Henrys legendäre Rückennummer 14.

Direkt nach seinem Wechsel für rund 64 Millionen Euro von Borussia Dortmund verglich sich Aubameyang also mit Thierry Henry. Mit Arsenals Rekordtorschützen. Dem, dem sie vor dem Emirates Stadium eine Statue gebaut haben. Dem, den die Fans zum besten Arsenal-Spieler aller Zeiten gewählt haben.

Henrys Fußstapfen sind groß, aber um zu verstehen wie groß, muss man seine Geschichte kennen. Sie handelt von einer Umschulung, Unschlagbarkeit, einer Enttäuschung, einer emotionalen Rückkehr und sie geht so:

Die Ankunft

Rund 16 Millionen Euro zahlte Arsenal im August 1999 für den 21-jährigen französischen Außenstürmer Henry, mehr als jemals zuvor für einen Spieler. Doch sein Landsmann und Arsenal-Trainer Arsene Wenger war sich sicher, dass dies eine gute Investition sei, und wenn sich einer sicher sein durfte, dann er. Er kannte Henry schließlich bestens. Als Wenger einige Jahre zuvor die Profis der AS Monaco trainierte, holte er den damaligen Jugendspieler Henry aus dem Pariser Umland an die Südküste.

18 war Henry bei seinem Debüt für Monaco, doch da war Wenger bereits nach Japan weitergezogen. Während er erst Nagoya Grampus Eight trainierte und dann zu Arsenal wechselte, entwickelte sich Henry bei Monaco zum Stammspieler. Er debütierte im Nationalteam und gewann mit Frankreich 1998 im eigenen Land die Weltmeisterschaft. Drei Treffer steuerte Henry bei, doch im Finale saß er nur auf der Bank.

Ein halbes Jahr später wechselte Henry zu Juventus Turin – und enttäuschte. Er spielte auf der linken Außenbahn, teilweise sogar als Außenverteidiger, doch dort war er verloren. „Auf dem Flügel verschwendest du deine Zeit“, soll Wenger Henry damals gesagt haben, „du bist ein Mittelstürmer!“

Und Arsenal suchte einen Mittelstürmer, denn Nicolas Anelka hatte den Verein in Richtung Real Madrid verlassen. Also unterschrieb Flügelstürmer Henry einen Fünfjahresvertrag bei Arsenal und Wenger machte ihn zu einem Mittelstürmer. Seinem Mittelstürmer.

Doch Henry traf anfangs nicht und traf auch weiterhin nicht. Schmächtig war er und etwas eingeschüchtert von der physischen Spielweise der Premier League. „Die Fans haben sich gefragt, ob er wirklich der Richtige für Arsenal ist“, erzählt Chris Wheatley, Arsenal-Korrespondent von GoalUK, „aber er hat alle eines Besseren belehrt.“ In seinem achten Premier-League-Spiel erzielte Henry schließlich seinen ersten Treffer, im 13. den zweiten und in den folgenden 18 Spielen erzielte er 14 weitere. Henry war angekommen und machte in der darauffolgenden Saison einfach weiter. Henry war genau der Richtige.

1.Oktober 2000 / FC Arsenal Manchester United 1:0

„Wir ahnten bald, dass Henry ein sehr guter Spieler ist. Aber als er dieses Tor gegen Manchester United erzielte, wussten wir alle: Wow, wir haben einen der besten der Welt!‘“ – Akhil Vyas, Arsenal Supporters Trust

Der Mitspieler

Genau wie Henry wechselte auch der deutsche Rechtsverteidiger Moritz Volz im Sommer 1999 zu Arsenal. Er kam als 16-Jähriger aus der Jugendabteilung des FC Schalke 04 und spielte bei Arsenal zunächst in der U18. 2001 rückte er in den Profikader und trainierte dort zwei Jahre lang mit Henry. Bei SPOX erinnert sich der EPL-DAZN-Experte Moritz Volz.

Im Training hat er sich manchmal nicht einmal die Schnürsenkel zugebunden und trotzdem unglaubliche Dinge gemacht. Nach den Einheiten feilte er oft noch alleine an seinen Abschlüssen. Er war ein Perfektionist. Wenn man ihm den Ball nicht exakt zuspielte oder Fehler machte, ließ er einen das spüren und dabei konnte er sehr hart sein. Das war manchmal furchteinflößend, doch kurz danach war alles wieder vergessen. Ich habe ihn als sehr integrativen, freundlichen und offenen Menschen kennengelernt, der gerne ein Lächeln auf den Lippen trägt. Außerhalb des Platzes war er ein absoluter Sport-Freak. Er kannte sich in allen Sportarten aus und wusste immer über alles Bescheid.“

Der Machtwechsel

Bis 2001 hatte Manchester United sieben von neun Premier-League-Titeln gewonnen. Einzig die Blackburn Rovers (1995) und Arsenal (1998) durchbrachen überraschend – und in der Abschlusstabelle jeweils nur mit einem Punkt Vorsprung – Uniteds Dominanz. „Arsenal war bei Henrys Ankunft in einer Lage wie Dortmund vor ein paar Jahren in Deutschland. Aus der Windschattenposition heraus grub Arsenal dem Marktführer das Wasser ab“, sagt Raphael Honigstein, der als Journalist und Autor seit Jahren den englischen Fußball verfolgt.

Nach Henrys erster Saison betrug Arsenals Rückstand auf United 18 Punkte, nach der zweiten zehn, in der dritten war Arsenal Meister und gewann den FA Cup.

Mit 24 Toren kürte sich Henry außerdem erstmals zum Torschützenkönig der Premier League. „Er war unser Messi oder Ronaldo, er hat für die speziellen Momente gesorgt und wir haben alle zu ihm aufgeschaut“, erinnert sich Akhil Vyas von der Fanvereinigung Arsenal Supporters Trust. „Henry war der beste von vielen sehr guten Spielern“, sagt Honigstein, „er war das wichtigste Mosaiksteinchen.“

16. November 2002 / FC Arsenal – Tottenham Hotspur 3:0

„Mein Lieblingstor von Henry ist sein Solo gegen Tottenham, weil es in so einem wichtigen Derby war. Er lief über den halben Platz, spielte fünf oder sechs Gegner aus, traf und rutschte dann auf den Knien Richtung Tottenham-Kurve. Die Fans haben ihm wütend den Mittelfinger entgegenstreckt.“ Chris Wheatley, Arsenal-Korrespondent von GoalUK

Die Unschlagbaren

Um den Mittelstürmer Henry baute Wenger seine größte Mannschaft. Dennis Bergkamp als hängende Spitze, Freddie Ljungberg und Robert Pires auf den Flügeln, Patrick Vieira im defensiven Mittelfeld. Sie spielten nicht, sie malten Angriffe auf den Platz. In unfassbarer Leichtigkeit. „Es war ein Dream-Team, ein bisschen wie die Harlem Globetrotters“, sagt Wheatley.

In der Saison 2003/04 tourte dieses Dream-Team durch Englands Stadien, siegte und siegte und siegte. Doch Anfang April drohte auf einmal der Bruch: Arsenal scheiterte innerhalb weniger Tage in der Champions League am FC Chelsea, im FA Cup an Manchester United und lag in der Premier League zweimal gegen den FC Liverpool zurück. Doch der Retter war zur Stelle: Henry! Obwohl angeschlagen lief er auf und drehte das Spiel mit einem Dreierpack.

9. April 2004 / FC Arsenal – FC Liverpool 4:2

 „Ich habe in meiner Karriere ein Tor geschossen, das mehr war als ein Tor, und zwar das 3:2 in diesem Spiel gegen Liverpool. Es war das einzige Mal in meinem Leben, dass ich mit einem Tor einem Stadion Leben einhauchte. Ich fühle es immer noch, wenn ich es sehe.“ Thierry Henry

Bis zum Saisonende verlor Arsenal in der Premier League kein Spiel mehr und wurde als erster englischer Verein seit Preston North End in der Premieren-Spielzeit 1888/89 ungeschlagen Meister: „The Invincibles“

Der Henry-Style

Auch individuell war diese Premier-League-Saison Henrys beste für Arsenal. Er erzielte 30 Tore, mehr als in jeder anderen. Zum zweiten Mal gewann Henry die Torjägerkanone und verteidigte sie in den beiden folgenden Jahren.

Am liebsten zog er mit dem Ball am Fuß von der linken Seite durch die gegnerische Abwehrreihe in den Strafraum und schoss ihn dann mit dem rechten Innenrist in die lange Ecke.

„Abschlüsse im Henry-Style“, nennt Wheatley diese Aktionen. Die Verteidiger wussten, was kommen wird. Aber sie konnten es trotzdem nicht verhindern. Zu unwiderstehlich waren Henrys Läufe, zu energisch. Sobald er mit flatterndem Trikot losrannte, war er nicht zu fassen.

Der Mitspieler

22. Oktober 2005 / FC Arsenal Manchester City 1:0

„In meiner Erinnerung sticht keines seiner zahlreichen Tore heraus. Henry hat so viele unglaublich schöne Tore geschossen, dass ich sie irgendwann nicht mehr als etwas Besonderes wahrgenommen habe. Gut erinnern kann ich mich dafür an eine seiner wenigen nicht gelungenen Aktionen, als er gemeinsam mit Pires versuchte, den Cruyff-Elfmeter nachzustellen. Und dabei kläglich scheiterte.“ – Raphael Honigstein, Journalist und Autor

Von 2000 bis 2006 spielten Robert Pires und Henry gemeinsam für Arsenal. Mit der französischen Nationalmannschaft gewannen sie die WM 1998 und die EM 2000. Bei SPOX spricht Pires über seinen ehemaligen Kollegen.

„Wenn ich an Thierry denke, erinnere ich mich immer als erstes an unseren Elfmeter gegen Manchester City. Es war meine Schuld, dass es nicht geklappt hat, aber jetzt lachen wir beide darüber. Ich hatte auf und neben dem Platz ein perfektes Verhältnis mit Thierry. Das jetzige Zusammenspiel zwischen Henrikh Mkhitaryan und Pierre-Emerick Aubameyang erinnert mich sehr stark an meines mit Thierry. Er war aber nicht nur ein wunderbarer Stürmer, sondern auch ein starker Charakter. Wenn es auf dem Platz Probleme gab, war er immer derjenige, der mit den Gegnern, dem Schiedsrichter oder dem Trainer sprach. Spieler wie Thierry sind sehr wichtig für eine Mannschaft.“

Der Kapitän

Im Sommer 2005 verließ Kapitän Patrick Vieira den Verein überraschend zu Juventus Turin. Die Binde bekam Henry. „Er brüllte nicht herum“, sagt Honigstein, „sondern übernahm Verantwortung, indem er gut spielte.“ Und so führte er Arsenal in eine der emotionalsten Spielzeiten seiner Vereinsgeschichte.

Es war die letzte Saison in Highbury, Arsenals fast hundertjähriger Heimat im Norden Londons. „Dieses Stadion hat etwas Besonderes“, erklärte Henry damals.

Im Herzen des Viertels Highbury, zwischen all den Backstein-Reihenhäusern, die Eingangshalle aus Marmor, die Tribünen nahe am Spielfeld, der Rasen stets perfekt getrimmt. „Die Fans lieben das Stadion und wir auch“, sagte Henry. Ganz besonders er.

Vor dem Umzug ins Emirates Stadium wollte Henry Highbury ein Abschiedsgeschenk machen: den Henkelpott. England hatten Arsenal und Henry längst erobert und Europa sollte folgen.

Die Enttäuschung

In der Gruppenphase der Champions-League-Saison 2005/06 erzielte Henry einen Doppelpack gegen Sparta Prag und löste damit Ian Wright als Arsenals Rekordtorschützen ab. Im Achtelfinale schoss er das entscheidende Tor gegen Real Madrid, beim 2:0-Sieg gegen Juventus Turin im Viertelfinale traf er ebenfalls und legte das andere Tor auf. Im Halbfinale gewann Arsenal gegen den FC Villarreal und im Finale von Paris wartete der FC Barcelona.

Torhüter Jens Lehmann flog wegen einer Notbremse früh vom Platz, trotzdem ging Arsenal durch Sol Campbell in Führung, dann hatte Henry die große Chance auf das 2:0 – und vergab. „Angeblich war er nicht auf das Spiel fokussiert, weil ihn Barcelona schon damals verpflichten wollte“, sagt Journalist Wheatley. Gerüchten zufolge offenbarte Henry das seinen Kollegen sogar direkt nach dem Spiel in der Kabine. „Es war eine von Henrys schlechtesten Vorstellungen, die ich je gesehen habe“, findet Wheatley.

In der Schlussphase drehte Barcelona das Spiel und Arsenal reiste ohne den Henkelpott zurück nach Highbury. „Es ist der einzige große Wermutstropfen seiner Arsenal-Karriere“, sagt Honigstein.

Die Fans nannten Henry gerne „The King of Highbury“, aber seine finale Krönung blieb aus. In dieser Frühlingsnacht von Paris, unweit von Henrys Geburtsort Les Ulis, dort wo seine Geschichte begann. Es ist der herzzerreißend-romantische Reiz des Unvollendeten, den Henrys Arsenal-Karriere seitdem mit sich trägt.

Der Abschied

Mit Sol Campbell, Ashley Cole, Dennis Bergkamp und Robert Pires verließen nach der Finalniederlage vier Stammspieler der Meistermannschaft von 2004 den Verein. Ersetzt wurden sie durch junge, zwar talentierte aber unerfahrene Spieler. Spieler wie Gael Clichy, Cesc Fabregas, Theo Walcott oder Robin van Persie.

In der folgenden Champions-League-Saison scheiterte Arsenal bereits im Achtelfinale an der PSV Eindhoven. Henry litt unter Verletzungsproblemen und verlor den Glauben an die Mannschaft. Er war 29 und hatte nicht mehr viel Zeit, den ganz großen Titel zugewinnen: die Champions League.

Und dann kam der 25. Juni 2007. Acht Jahre, 370 Pflichtspiele und 226 Tore nach seiner Ankunft verließ Henry Arsenal, er wechselte für rund 24 Millionen Euro zum FC Barcelona. „Ich war an diesem Tag bei einer Hochzeit eingeladen, aber so wütend, dass ich nicht hingehen konnte“, erinnert sich Arsenal-Fan Vyas. Henrys Abschied schockte den ganzen Verein.

Die Fans fühlten sich betrogen. Sie dachten, Henry würde seine Karriere bei Arsenal beenden. Sie waren sich sogar sicher. Ein Jahr zuvor hatte Henry seinen Vertrag schließlich um vier Jahre verlängert und gesagt: „Ich werde nie in Spanien spielen und das ist mein letzter Vertrag.“ Und dann ging er. Nach Spanien. Der überraschende Abschied von Arsenals Vizepräsidenten David Dein und die damit einhergehende Unklarheit über Arsene Wengers Zukunft seien die Gründe dafür, erklärte Henry. Und, ja, der Traum vom Henkelpott.

„Meine Beziehung mit Arsene ist so außergewöhnlich, man kann sich das gar nicht vorstellen. Ich habe mit ihm über private Dinge gesprochen, über alles. Und diese Beziehung ist größer als mein Wechsel nach Barcelona.“

Thierry Henry bei seinem Abschied

Das Exil

Henry brach auf und fand, was er suchte. Durch einen 2:0-Finalsieg gegen Titelverteidiger Manchester United gewann er mit Barcelona 2009 die Champions League. Es war nur einer von sechs Titeln in diesem Jahr, dem erfolgreichsten, das je ein Verein spielte: außerdem noch die Meisterschaft, der Pokal, der nationale und europäische Supercup und die Klub-WM. „Ich bin nach Barcelona gekommen, um alles zu gewinnen“, sagte Henry. „Aber den Champions-League-Titel wollte ich schon so lange, er hat mir gefehlt.“

Dieser Triumph versöhnte Henry mit seiner Karriere und die voranschreitende Zeit versöhnte Arsenals Fans mit Henry. Nur ein Jahr nach seinem Wechsel wählten sie ihn zum besten Arsenal-Spieler aller Zeiten. „Im Rückblick hat seinen Abschied jeder verstanden“, sagt Vyas.

In der Zwischenzeit empörte Henry aber eine andere Fangruppe: die der irischen Nationalmannschaft. Im Playoff-Rückspiel der Qualifikation für die WM 2010 erzielte er nach einem offensichtlichen Handspiel den entscheidenden Treffer zum Weiterkommen Frankreichs gegen Irland. Nach der WM erklärte er als Rekordtorschütze seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft und verabschiedete sich aus Europa. Henry wechselte in die nordamerikanische MLS zu den New York Red Bulls.

Die Rückkehr

Im Januar 2012 sagte sein Herz: „Ja!“ Während die MLS pausierte, kehrte Henry per Leihe für etwas mehr als einen Monat zu Arsenal zurück. Kurz zuvor hatte Arsenal eine lebensgroße Henry-Statue vor dem Emirates Stadium enthüllt. „Was er hier abgeliefert hat, kann ihm keiner mehr nehmen“, sagte Wenger, „aber er kann seine Statue noch ein bisschen größer machen.“ Und das machte er.

Am 9. Januar feierte Henry sein Comeback für Arsenal, in einem FA-Cup-Spiel gegen Leeds United wurde er in der 68. Minute beim Stand von 0:0 eingewechselt. Schon zu diesem Zeitpunkt führte er in der Abstimmung zum Spieler des Spiels, alleine durch seine Präsenz im Stadion.

Zehn Minuten später spielte Alex Song einen Steilpass links in den Strafraum. Dorthin, wo Henry immer so gerne gelaufen war. Und dann schoss er den Ball mit dem Innenrist in die lange Ecke. Dorthin, wo er ihn immer schon so gerne geschossen hatte. Henry breitete die Arme aus, lief die Tribüne entlang und dann direkt in die Arme von Wenger. 1801 Tage nach seinem letzten Tor für Arsenal traf er erneut und die englische Times titelte: „Der König ist zurück“

Doch der König war eigentlich nur ein Fan. „Zum allerersten Mal habe ich erlebt, wie es ist, ein Tor für einen Klub zu schießen, von dem ich gleichzeitig Fan bin“, sagte Henry, „und das war ein unglaubliches Gefühl.“ In sechs weiteren Einsätzen durfte er dieses Gefühl noch einmal erleben – bei seinem letzten Premier-League-Spiel für Arsenal. In Sunderland wurde Henry eingewechselt und erzielte das Siegtor.

11. Februar 2012 / AFC Sunderland – FC Arsenal 1:2

Dann verließ Henry Arsenal erneut, diesmal für immer. „Henry ist die wichtigste Verpflichtung, die Wenger jemals getätigt hat, für die Fans ist er ein Gott“, sagt Wheatley, „und zweifelsohne Arsenals bester Spieler aller Zeiten.“ 

Das war Henrys Geschichte bei Arsenal und sechs Jahre später begann die von Aubameyang. Mit dem Vergleich.

Der Erbe

Seit Henrys erstem Abschied war Arsenal von einem Titelkandidaten zu einem Champions-League-Platz-Anwärter geschrumpft. In der vergangenen Saison gelang nicht einmal das, Arsenal spielt mittlerweile in der Europa League. Gleichzeitig dürsteten die Fans nach einem neuen König, einem neuen Henry. Aubameyangs Ankunft stillte diesen Durst, zumindest etwas. Auch Medien und Fans verglichen Aubameyang sofort mit Henry. „Der Transfer löste eine große Euphorie aus“, sagt Journalist Honigstein. 

„Ich habe kein Problem mit seinem Vergleich, denn großes Selbstvertrauen und hohe Ansprüche an sich selbst sind gut“, findet Vyas, „aber jetzt wollen wir Aubameyang auch wie Henry spielen sehen.“

Aubameyangs Arsenal-Debüt gegen den FC Everton drei Tage nach seinem Vergleich verlief vielversprechend: Bei der Mannschaftverkündung im Emirates Stadium wurde sein Name besonders laut bejubelt und dann traf er beim 5:1-Sieg auch noch.

Mit einer Ablösesumme von rund 64 Millionen Euro wurde Aubameyang zum teuersten Spieler der Vereinsgeschichte. Genau wie 1999 Henry, der damals Bergkamp ablöste.

Aubameyang kam jedoch in einer gänzlich anderen Karrierephase als damals Henry. Er ist sieben Jahre älter und ein etablierter Stürmer. Bei Borussia Dortmund war Aubameyang sogar dabei, das zu werden, was Henry bei Arsenal ist: Rekordtorjäger. Das belegen die Statistiken. Aber sie belegen auch, dass Henry und Aubameyang abgesehen von den angesprochenen Ähnlichkeiten Tempo und Torgefahr wenig gemeinsam haben.

Während Aubameyang ein klassischer Strafraumstürmer ist, war Henry ein Allrounder: Er traf auch aus der Distanz oder per Freistoß. „Beeindruckend war nicht nur die Anzahl seiner Tore, sondern auch ihre Varietät“, sagt sein ehemaliger Mitspieler Moritz Volz. „Er konnte alles.“ Gerne ließ sich Henry ins Mittelfeld fallen, um von dort auf die gegnerische Abwehrreihe zuzudribbeln. „Henry kam dem Ball entgegen und nahm mehr am Spiel teil“, analysierte Wenger jüngst die Unterschiede zu Aubameyang. Henry war anders als Aubameyang nicht nur präziser Vollstrecker, sondern auch kreativer Chancenkreierer und Vorlagengeber.

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Außerdem ist Henry viermaliger Torschützenkönig der Premier League, dreifacher Pokalsieger, zweifacher Meister und hat eine Statue vor dem Emirates Stadium. Er ist der König. „Wenn Aubameyang nur die Hälfte von dem, was Henry für den Verein getan hat, tun würde, wäre es schon sehr gut“, sagt Arsenal-Fan Vyas. Schwierig genug.