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Taktikecke


Gründer: Taktiker | Mitglieder: 190 | Beiträge: 21
12.05.2010 um 16:09 Uhr
Geschrieben von Taktiker
Wege der Zukunft - Mittelstürmer
Nachdem ich letzte Woche pausiert habe, geht es diese Woche noch einmal weiter in der Reihe und ich beschäftige mich mit der Position des Mittelstürmers. Während der vergangenen Jahre ist das Spiel athletischer, vielschichtiger und komplizierter geworden. Es gab Veränderungen auf und neben dem Platz, das Trainerteam wurde vergrößert, Videoanalysten und Sportpsychologen eingestellt. Auf dem Platz gab es eine riesige Neuorientierung, der Libero verschwand, der Spielmacher ist inzwischen eine Rarität, doch darüber vergisst man das fast vollständige Verschwinden des Torjägers.

Er wird in der klassischen Form nicht mehr benötigt, denn heutzutage muss ein Stürmer den Ball behaupten, beim Kombinationsspiel mitmachen, der Defensive helfen, dazu kopfball- und/oder dribbelstark sein, ein guter Schuss in- und außerhalb des Strafraums wird vorausgesetzt. Dazu benötigt er weiterhin die "typischen Torjägerqualitäten", also Coolness vorm Tor und eine besondere Antizipation für Spielsituationen.

Ich werde nun die aktuelle Entwicklung und ihre Folgen erklären, und auch einige "moderne" Spielertypen kurz vorstellen.

Stirbt der klassische Torjäger aus?
Die Antwort darauf ist ein klares JA. Das beste Beispiel für einen Torjäger im klassischen Sinne ist Gerd Müller. Er lauerte immer auf Fehler der Abwehr, Abpraller oder Pässe der Mitspieler, er stand scheinbar immer an der richtigen Stelle und kann eine unglaubliche Torquote vorweisen.

Doch dieser Spielertyp ist im modernen Fußball ausgestorben, fraglich ist zudem ob Müller heutzutage nicht schon in den Jugendmannschaften durchs Sieb gefallen wäre. Der Schlüsselspieler für die Zukunft ist kein Spezialist, sondern eine Art Alleskönner. Wie schon beschrieben haben sich die Aufgaben eines Stürmers in den letzten Jahren und gerade in jüngster Zeit extrem verändert. Zwar wird es auch weiterhin Stürmer mit besonderem "Riecher" für die Tore geben, allerdings müssen diese wesentlich mehr fürs Team arbeiten, in der Defensive helfen und Lücken reißen.

Es ist kein Platz im Team für einen reinen Torjäger, das bloße Lauern auf Tore reicht nicht aus. Ein Stürmer muss am Angriffsspiel teilnehmen, den Ball zurückgewinnen und sich in das taktische Konzept einfügen. Die letzte Generation klassischer Torjäger ist gerade aktiv.

Ruud van Nistelrooy gehört zu den letzten klassischen Torjägern, die Weltformat erreichten. Sein Hauptaufgabenfeld ist in und um den Strafraum, er bewegt sich hauptsächlich zwischen den gegnerischen Abwehrspielern und lauerte auf Steil- und Fehlpässe, Abpraller, Flanken und Hereingaben. Technisch ist er nicht unbegabt, aber auf Weltklasseniveau hätte er heutzutage wesentlich mehr Probleme als noch vor 10 Jahren.

Der klassische Torjäger wird abgelöst von vielseitigeren Spielertypen, von denen ich im folgenden die wichtigsten erklären werde.

Der kopfballstarke Alleinunterhalter
Gerade bei spielerisch unterlegenen Teams sehr beliebt. Ein groß gewachsener, kopfballstarker Stürmer, der die hohen und häufig ungenauen Bälle aus der Defensive gewinnen und behaupten kann. Meistens ist er eine Art Ich-AG, spielt als einziger Stürmer gegen zwei Innenverteidiger und muss den Ball halten können bis die Mitspieler nachgerückt sind. Hierfür benötigt er eine enorme Physis, Kopfballstärke, Technik und vor allem Durchsetzungsvermögen, außerdem muss er resistent gegen mögliche Kritik sein, denn es gibt immer Spiele in denen er "völlig abgemeldet ist".

Populär machte diese Art von Stürmer Jose Mourinho, in London ließ er bei Chelsea lange Bälle auf Drogba spielen, dieser musste dann genau wie oben beschrieben die Luftduelle gewinnen und den Ball halten, um dann auf die nachrückenden abzulegen. Aus der Bundesliga ist z.B. Jan Koller sehr bekannt, der mit seiner enormen Physis prädestiniert für diese Rolle war. Aktuell zeigt Aristide Bancé bei Mainz 05 wie effektiv diese Taktik sein kann.


Der Zonenspieler
Er ist besser bekannt unter dem Namen "hängende Spitze". Schon immer gab es Spieler, die, obwohl sie nominell als Mittelstürmer aufgestellt waren, sich ins eigene Mittelfeld zurückfallen ließen und damit die gegnerischen Manndecker "herauszogen" und große Löcher zurückließen. Bestes Beispiel aus der Vergangenheit ist Nandor Hidegkuti, der zu Zeiten der ungarischen Wunderelf sich als nomineller Mittelstürmer tief fallen ließ und so das Spiel ungarische Spiel gestaltete und Platz für die Mitspieler schuf.

Aktuelle Bundesligabeispiele gibt es zuhauf, in beinahe jedem 4-4-2 gibt es inzwischen einen hängenden Stürmer, erfolgreich damit waren zuletzt z.B. Cacau oder Thomas Müller.

Wichtige Fähigkeiten sind Spielverständnis, ein gutes Auge und Passspiel, Laufstärke, Torgefährlichkeit und Vielseitigkeit, weil sich die hängenden Spitzen häufig auch auf die Außenbahnen fallen lassen oder als verkappte Spielmacher agieren.

Eine Weiterentwicklung des Zonenspielers ist...

Die "falsche Neun"
Der Begriff selber ist in Deutschland noch nicht verwendet worden, er beschreibt die weiterentwickelte Spielweise einer hängenden Spitze, mit ein paar einfachen Änderungen. Die falsche Neun (aus dem Englischen: false nine) bezeichnet einen meist als alleiniger Innenstürmer agierenden Spieler. Dieser agiert dabei allerdings nicht als klassische Sturmspitze, sondern als Fake-Mittelstürmer. Deswegen auch falsche Neun, wobei die Neun für die klassische Rückennummer des Mittelstürmers steht.

Dieser Spieler agiert allerdings nicht als Stoßstürmer, sondern lässt sich nach kurzer Zeit ins eigene Mittelfeld zurückfallen. Üblicherweise besitzt die Mannschaft noch zwei offensive Außenspieler, allerdings herrscht auf der Mittelstürmerposition vorerst ein Loch. Der Spieler spielt also einen verkappten Spielmacher. Für die gegnerische Mannschaft ergeben sich große Probleme, da (a) die Innenverteidiger keine direkten Gegenspieler mehr haben und (b) die andere Mannschaft üblicherweise eine Überzahl im Mittelfeld bekommt und weitaus einfacher kombinieren kann als mit klassischen Stürmern. Nun ist es üblicherweise so, dass die Innenverteidiger nicht stur ihre Zone halten, sondern immer ein Stück weit mitgehen um es dem Stürmer zu erschweren angespielt zu werden. Das Spiel einer falschen Neun jedoch verwirrt die meisten Verteidiger, denn egal was sie tun sie sind vorerst im Nachteil.

Die erste so agierende Mannschaft war der AS Rom mit Francesco Totti als falsche Neun, aktuell tut sich besonders der FC Barcelona mit Lionel Messi in genau dieser Rolle hervor, Nachahmer werden folgen.

Mit diesem Teil endet meine Serie "Wege der Zukunft". Ich hoffe Euch hat die Serie gefallen und ihr habt dabei etwas gelernt. Ich habe auf jeden Fall jede Menge gelernt, und werde auch weiterhin auf spox.com bloggen, nur diese Serie geht mit diesem Teil zu Ende.

Danke für die zahlreichen Diskussionen mit Euch, das hat wirklich Spaß gemacht.
Aufrufe: 21419 | Kommentare: 34 | Bewertungen: 33 | Erstellt:12.05.2010
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KOMMENTARE
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roniacmilan
12.05.2010 | 20:24 Uhr
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12.05.2010 | 20:24 Uhr
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@ivorer
batigol

@taktiker
man sieht das du richtig ahnung von fussball hast!!
das gleiche sage ich auch immer wieder. das wichtigste bei einem MS heutzutage ist lange bälle zu bekommen. deswegen ist edin dzeko ja auch so stark. gibt eig. keinen der das so gut macht wie er. vllt noch drogba und crouch.
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ivorer9
12.05.2010 | 18:55 Uhr
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ivorer9 : 
12.05.2010 | 18:55 Uhr
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ivorer9 : 
hernan crespo - für mich der beste mittelstürmer aller zeiten!
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Wilor
12.05.2010 | 16:21 Uhr
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Wilor : 
12.05.2010 | 16:21 Uhr
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Wilor : 
Mal wieder ein Klasse Blog 10 Punkte schade das die Serie Endet!
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Taktiker
12.05.2010 | 16:10 Uhr
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Taktiker : 
12.05.2010 | 16:10 Uhr
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Taktiker : 
Für weiterführendes Wissen zu dem Thema solltet Ihr auf jeden Fall die folgenden Links besuchen (auf Englisch):
Für weiterführendes Wissen zu dem Thema solltet Ihr auf jeden Fall die folgenden Links besuchen (in Englisch):

Über die Falsche Neun

Zum Ende des klassischen Torjägers

Aussterben des Torjägers, Zonalmarking



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