Das Umfeld bei Bayer war eigentlich immer überwiegend ruhig. Selbst während der katastrophalen Rückrunde unter Labbadia war - in meiner rein subjektiven Betrachtung - die Stimmung nach außen weit weniger gereizt. Die Fans des SVB sind zudem nicht grade als solche bekannt, die sich mit einem ermauertem 1:0 zufrieden geben. Heute gegen Augsburg kamen zum ersten Mal auch von den Ultras Anti-Dutt Sprechchören und selbst Holzhäuser wurde zum Gehen aufgefordert. Aber wie konnte sich sie Situation soweit entwickeln und welche Rolle spielten die Beteiligten? Ich versuche heute einfach die Situation aus meiner Perspektive mit Blick auf die Beteiligten zu analysieren.

Robin Dutt
Die Verpflichtung von Dutt war, auch angesichts vom Erfolg anderer Coaches der jungen Generation, überwiegend positiv aufgenommen worden. Nur wenige Fans zeigten sich kritisch: Dutt kennt in Freiburg nur ein System - lange Bälle auf Cisse. Wie will er eine Spiel- und kombinationsstarke Mannschaft wie die Werkself erfolgreich trainieren? Die Ersten Aussagen von ihm allerdings ließ auf anders hoffen:
- Wir wollen kombinieren und offensiven Fußball zeigen
- Castro spielt bei mir nur zentral
- Balitsch ist ein rechter Verteidiger
- Ich kann mit Leverkusen anders spielen als in Freiburg

Dresden relativierte die meisten. Auch in der Folgezeit lieferte er sich zu teilweise fragwürdigen Aussagen hinreißen, teilweise wurden diese von den Medien allerdings auch falsch zu Gunsten größerer Schlagzeilen verdreht. Das letzte Beispiel kam im Vorfeld des heutigen Spiels gegen Augsburg: angeblich hat Dutt gesagt, dass Bayer für Augsburg das ist, was Barca für Bayer am Dienstag war. Auf der Bayer Seite wurde die Situation später allerdings wie folgt dargestellt: Andreas Rettig, früher Mitarbeiter bei Bayer 04 Leverkusen und jetzt Sportlicher Leiter beim FC Augsburg, stellte eben diesen Vergleich auf. Robin Dutt wurde hierauf angesprochen und seine Antwort war: Ja, wir sind der eindeutige Favorit. Dadurch kommen wir direkt zu den Medien.

Die Medien
Michael Ballack ist ein Star, der schon immer polarisierte. Jegliche Aussagen über ihn sind oftmals ein gefundenes Fressen für die Medien. So war es der Sportschau beim heutigen Spiel auch wichtiger die Michael Ballack Sprechchöre zu zeigen anstatt die Anti-Dutt Rufe oder das Banner (dessen Inhalt ich nicht kenne, stand einige Reihen weiter oben) zu thematisieren. Jede Aussage über eben diesen aus dem Bayer Umfeld ist somit ein gefundenes Fressen. Die Aussage von Holzhäuser: "Das Projekt Ballack ist gescheitert" beherrschte eine Woche lang die Gazetten, die Aussage "Ich würde Ballack wieder verpflichten" wurde allerdings nur vom express aufgegriffen. Dazu kommen kleine Sticheleien, von denen selbst SPOX (ob absichtlich oder nicht) nicht absieht. Allen ist bekannt, dass Andre Schürrle im Zweikampf mit Molinaro fiel und Kinhöfer dafür die Rote Karte zückte. Molinaro wurde für 3 Spiele gesperrt, legte Einspruch ein und aus dem VfB Umfeld kam Unverständnis, dass Bayer der DFL Untersuchungsunterlagen zugeschickt haben soll. SPOX bezeichnete im Schiri Check 5 die rote Karte als Fehlentscheidung, da Molinaro den Andre nicht im Gesicht getroffen hat. Hierdurch bezeichneten diese indirekt sowohl die Entscheidung des DFL als falsch sowie Schürrle als Schauspieler (immerhin hatte er sich danach das Gesicht gehalten). Schürrle veröffentlichte am Tag nach dem Spiel auf Twitter folgendes Bild:
Quelle: Twitter
Zugegeben, dies ist kein Bild wie das von Subotic, aber wie „Gesicht nicht getroffen" sieht das nicht aus.

Rudi Völler
Völler versucht immer wieder die Wogen zu glätten und das ruhige Umfeld aufrecht zu erhalten. So relativierte er viele Aussagen von Holzhäuser, ist nach wie vor bei den Fans beliebt, stärkt Dutt immer wieder den Rücken und ist immer wieder um das Ansehen Bayers in der Öffentlichkeit bemüht. So stutzte er Kadlec und Friedrich nach deren Trikot Aktion zurecht, kritisierte die Fans nach dem Nürnberg Spiel und stutzte Michael Becker (Berater von Ballack) zurecht. Alleine der Eindruck über seine Entscheidungsbefugnisse schwankt immer mehr. Auf dem Organigramm ist die Rolle von Völler als „Direktion Sport" angegeben. Ihm untersteht der Kadermanager Michael Reschke, die Scouting Abteilung von Jonas Boldt und Cheftrainer Robin Dutt. Holzhäuser wird als „Sprecher der Geschäftsführung bezeichnet. Er selber erklärt aber bei jeder Gelegenheit, dass alle Transfers seine Transfers sind und auch, dass er die Verhandlungen für Vertragsverlängerungen führt. Was bleibt da an Entscheidungsgewalt für Völler?

Wolfgang Holzhäuser
Dieses öffentliche Auftreten in einer sehr markanten Art und Weise von ihm ist - zumindest für mich - recht neu. Er sagte zudem vor einigen Monaten, dass ein Manager aus dem Süden auch als Präsident noch seine Meinung über aktuelles Geschehen in der Öffentlichkeit verbreitet. Anscheinend nahm er den Wechsel von Hoeneß mit seiner Abteilung Attacke in das Amt des Präsidenten zum Anlass, selber in einer vergleichbaren Position die Öffentlichkeit mehr zu seinem Zweck zu nutzen. Hierdurch trägt er meiner Meinung nach eine Hauptrolle für die entstandenen Unruhen im Umfeld.

Die Fans
Zugegeben, die Fankultur in Leverkusen ist nicht einfach. Gegen Barca eine Wahnsinnsstimmung, Auswärts richtig Spaß, zu Hause gegen Gegner aus den unteren Tabellenregionen leere Ränge und generell schnell viele Pfiffe. Umso höher anzurechnen ist es Robin Dutt, dass er Ende letzten Jahres den Kontakt zu den Fans suchte und sich vor dem ersten Rückrundenspiel 2x 6-8 Stunden mit Vertretern der Fans zusammensetzte und sehr offen auch kritische Fragen (bspw. in Bezug auf Baltisch) beantwortete. Im Nachhinein bot er an, auch in Zukunft Fragen zu per Email zu beantworten, was auch dankend angenommen wurde. Zudem änderten sich auch die Fans. Der Capo beispielsweise stimmt Gesänge an, sobald sich Pfiffe zu andeuten, Ironische Schmähgesänge wie gegen Nürnberg ("Einer geht noch, einer geht noch rein") blieben aus und bis zum heutigen Spiel wurde auch nicht mehr gegen Dutt gesungen. Allerdings trug auch diese Seite zur Unruhe bei.

Fazit
Die neue Rolle von Holzhäuser mit Aussagen, die andere im Verein (bspw. Dutt, Völler) anders sehen und die öffentliche Kritik gegen Spieler (Running Gag der Bayer Fans "Für nen Alibi-Fußballer gar nicht schlecht" im Bezug auf Holzhäusers Kritik gegen Renato Augusto) und somit zumindest ein indirektes Eingreifen in das Hoheitsgebiet von Völler und Dutt. Die Schlichtungsversuche von Völler wirken hier teilweise wie eine verstörte Beziehung zwischen Holzhäuser und ihm. Die Sympathien der Fans allerdings sind bei Völler. Auch hierdurch entstanden die „Holzhäuser raus" rufe heute im Stadion. Die Unruhen im Umfeld allerdings sind wohl eine Kombination aus allen Beteiligten.