Es ist eine Weile her, seit ich zum letzten Mal hier gebloggt habe. Teilweise liegt es daran, dass mir zu meinem Verein ähnlich viel eingefallen ist wie seinen Spielern auf dem Platz gegen ihre Gegner. Teilweise liegt es daran, dass es hier ähnlich viel dummes Störfeuer gab wie bei uns im Vereinshintergrund. Der Unterschied zwischen mir und "denen" ist der, dass ich in diesem Zusammenhang kein Profi bin. Wobei... bei "ihrem" Anblick kommen mir da gelegentlich Zweifel, ob "sie" denn nun Profis sind oder nicht.

Nun denn, da sind wir: Auf dem Relegationsplatz, zwischen dem ersten und dem letzten Spiel. Vielleicht dem Allerletzten. Diesen beiden Spielen sind fünf Niederlagen in Serie vorausgegangen, und man kann nicht ehrlich sagen, dass wir die Chance Relegation wirklich verdient haben. Wobei das durchaus auch auf die Vereine zutrifft, die ihre Chance auf diese Chance nicht genutzt haben. Manche nehmen das als Argument dafür, dass es keine Relegation geben sollte, sondern einfach alle drei Letzten ab- und die drei Ersten der darunter stehenden Liga entsprechend aufsteigen sollten. Darüber kann man geteilter Meinung sein - man dürfte sich in dem Zusammenhang auch fragen: "wieso gerade drei? Wieso nicht zwei? Oder vier oder fünf?"

Es ist, wie's ist. Zwei gehen, zwei kommen, und vielleicht auch drei. Vielleicht auch nicht. Weder wir noch die Fürther haben im ersten Relegationsspiel hinlänglich bewiesen, wieso die erste Liga die richtige Perspektive ist. An dieser Stelle weiss man deshalb als HSVer nicht, ob man nun nach vorne schauen kann - oder eben nicht. 90 Minuten, die angeblich Fussball sein sollen, trennen uns derzeit davon. Plus Nachspielzeit. Und dann?

Die Perspektive unmittelbar danach ist ligaunabhängig: es wird darum gehen, die Weichen für den Neustart zu stellen. In ein paar Tagen schon wird man über diese Weichenstellung abstimmen können, wenn man Mitglied ist: es kommt zur Abstimmung über HSV+. Und die Gegner tun alles mögliche, um eine 75%-Mehrheit zu verhindern. Kein Trick ist ihnen zu schade.

Nun ist es durchaus legitim, gegen diese Änderung zu sein; sicher ist allerdings, dass es nicht so weitergehen darf. Und zwar unabhängig davon, ob es in Liga 1 oder in Liga 2 weitergeht. Man kann sich darüber ärgern, dass der eigene Vorschlag untergegangen ist, aber so wie wir Fans muss auch ein AR-Mitglied mit Niederlagen leben können. Diese Erkenntnis scheint sich nicht bei allen durchgesetzt zu haben. Der knapp verfehlte Abstieg könnte die Leute an die Urnen treiben; der nicht verhinderte Abstieg könnte jene fernhalten, die diese Veränderung wollten, um ihn zu verhindern - und es nicht geschafft haben, wenn wir am Sonntag nicht wenigstens ein Tor schiessen.

Manche halten ja einen Abstieg für eine Art "reinigendes Gewitter". Demzufolge müsste der 1. FC Nürnberg besonders dreckig sein, hat er doch nun schon die achte Reinigung vor sich, so viel wie kein anderer Verein. Aber haben ihn diese vielen Reinigungen gesäubert? Hat dieses Denkmodell, dem so viele anhängen, jemals irgendeinem betroffenen Verein wirklich geholfen? Bis jetzt kenne ich eigentlich keinen Verein, dem ein Abstieg eine Wiedergeburt verschafft hätte, die wirklich von Dauer war. Nicht umsonst redet man von Fahrstuhlmannschaften. Und nicht umsonst haben einige Vereine sehr lange gebraucht, um wieder hochzukommen. Länger geblieben ist keiner davon. Unter einem "reinigenden Gewitter" würde ich etwas anderes verstehen.

Vor ein paar Wochen - es scheint viel länger her zu sein, ist es aber nicht - gab es Zeiten, da konnte man hoffen, dass man viertletzter würde. Die "Leistung" begeisterte aber schon da nicht. Es gab durchaus Momente, in denen ich mich gefragt habe, ob es nicht besser wäre, direkt abzusteigen. Nicht zuletzt, weil ich fürchtete, dass die Relegationsspiele so ähnlich aussehen würden wie das erste nun auch ausgesehen hat. Und damit das Unvermeidliche nur hinausgezögert würde. Andererseits hofft man ja. Dass es ja vielleicht doch klappt. Beim HSV hofft man oft wider besseres Wissen, schon seit längerem. Aber man hofft trotzdem.

Sinn ergibt das ganze natürlich nur, wenn es am Ende nicht so weitergeht, wie es bisher weiterging. Mit denselben Gestalten an den berühmten Hebeln der Macht, mit demselben farblosen Geschwätz wie immer, und mit denselben geistigen Selbstbefriedigungen, dass "wir in die EL oder die CL gehören - eigentlich." Und, die schlimmste Vorstellung von allen: mit denselben Spielern und einem neuen Trainer. Dass ein Oliver Kreuzer und ein Raffael van der Vaart sinngemäss aussagen, dass sie auch in der zweiten Liga dabeibleiben wollen, empfinde ich als direkte Drohung. Von beiden. Und ich möchte ihnen dabei zurufen: "Was zum Teufel hat euch zweien der HSV eigentlich getan?" Natürlich sind sie nicht die alleinigen Schuldigen. Aber ein Sportdirektor, der sich derartig der Sünde der Schwafelei hingibt, und ein Kapitän, der nicht vorangeht sondern in der Masse unter, sind ganz offensichtlich nicht in der Lage, die ihnen zugedachte Position auszufüllen. Auch ein Heiko Westermann und ein Marcell Jansen haben nichts mehr bei uns verloren. Spieler, die so auftreten, bekommt man auch für weniger Geld. Und manche tun dafür sogar noch mehr - und nützlicheres.

Canhanoglu sollte sich überlegen, ob er wirklich nach Leverkusen wechseln will. Son glaubte auch, er würde mehr und besser spielen. Bei uns wird er es; bei anderen wird er Edeljoker auf der Bank. Die Verführung ist natürlich gross, aber... was will man als Spieler wirklich? In Liga 2 wird man ihn dennoch kaum halten können; aber wenigstens geht er dann nicht für lau.

Ich hoffe, dass er in Fürth am Sonntag etwas zaubert. Aber ich habe mich schon gefragt, ob wir einen Zylinder haben, gar nicht zu reden von dem Kaninchen, dass man daraus hervorholen soll.

Wir werden sehen.