Bevor es in der kommenden Woche im Champions-League-Achtelfinale zum FC Arsenal geht, steht am Freitagabend das Duell mit dem VfL Wolfsburg an. Die Wölfe sind unter ihrem neuen Trainer Dieter Hecking noch auf der Suche nach einer eigenen Standortbestimmung und basteln noch an ihrer Spielphilosophie.

Jupp Heynckes bangt noch um zwei Stammkräfte. Innenverteidiger Dante (Magen-Darm-Grippe), sowie Javi Martinez (Prellung am Zeh) setzten zum Wochenbeginn mit dem Training aus, ihr Einsatz ist noch ungewiss.

Denkbar ist, dass Heynckes beide vor dem Duell in der Champions League auf Nummer Sicher geht und beide schont. Mit dem gegen Arsenal gesperrten Boateng sowie Luiz Gustavo stünden entsprechende Alternativen bereit.

Taktisches System

Wolfsburg hat auch nach dem Trainerwechsel sein 4-2-3-1-System beibehalten. Kennzeichnend ist dabei das kompakte Zentrum durch die häufig einrückenden Flügelspieler Ivan Perisic und Vieirinha. Ein weiteres wesentliches Merkmal sind die offensiven Außenverteidiger.



Schäfer (20 Flanken in der Rückrunde) und Fagner (19) interpretieren ihre Rolle sehr offensiv. Zum Vergleich: Die Münchner Außenverteidiger Alaba (5) und Lahm (11) haben im gleichen Zeitraum zusammen genommen weniger Flanken als je einer der Wolfsburger Außenverteidiger abgegeben.

Die Innenverteidigung wird mittlerweile von Naldo und Alexander Madlung gebildet - zwei der 13 zweikampfstärksten Spieler der Bundesliga. Madlung gewinnt im Schnitt 66,7% seiner Zweikämpfe, Naldo kommt sogar auf 69%.

Ein typischer Wolfsburger Angriff sieht oftmals so aus:



Schäfer (Kreis) hat sich hinter dem gegnerischen Außenverteidiger postiert, der Pass von Diego (Viereck) in den Raum stellt Schäfer dann hinter die gegnerische Viererkette. Vom Außenverteidiger ist er dann mit fairen Mitteln nicht mehr zu verteidigen.

Ebenfalls anhand eines Beispiels aus der Partie gegen Fürth am vergangenen Wochenende kann man sehen, wie sich das Einrücken der Wolfsburger Flügelspieler bemerkbar macht:



Vieirinha (Kreis) ist beim Pass von Diego aus dem Mittelfeld Zentral vor dem Strafraum. Der defensive Mittelfeldspieler vor ihm verliert ihn aus den Augen, während der Außenverteidiger (Viereck) es verpasst hat, mit einzurücken und so letztlich nutzlos auf seiner Seite steht. Vieirinha zieht anschließend mit dem Ball in den Strafraum und legt für Dost zur Wolfsburger Führung auf.

Vorsicht ist außerdem bei Standards geboten: Drei der letzten vier Wolfsburger Tore fielen nach Ecken oder Freistößen, vor allem Madlung war hier zuletzt brandgefährlich vor dem gegnerischen Tor.

In der Defensive ist Dieter Hecking um Kompaktheit bemüht, Perisic und Vieirinha müssen viel Defensivarbeit leisten. Dennoch ist die Wolfsburger Hintermannschaft alles andere als Sattelfest: In vier Rückrundenspielen ließ man bereits 54 Torschüsse zu.

Nur gegen das in Führung liegende und dezimierte Hannover hatten die Wölfe mehr Torschüsse als der Gegner - und das obwohl die anderen Rückrundengegner Stuttgart, Augsburg und Fürth hießen.

Datenanalyse

Zehn Punkte und neun Tore aus zehn Spielen - so lautet die Heimbilanz des VfL Wolfsburg. In beiden Kategorien belegen die Wölfe damit den drittletzten Platz in der Heimtabelle, nur Augsburg und Fürth sind zuhause noch schlechter.

Dabei sind die Wölfe auswärts ähnlich harmlos wie zuhause. 13 Tore erzielten sie auf des Gegners Platz (10,6 Torschüsse/Spiel), neun zuhause (11,7). Allerdings lässt Wolfsburg auswärts im Schnitt mehr Torschüsse zu (13,8) als zuhause (11,6).

Allerdings läuft die Mannschaft aus der Autostadt auswärts fast drei Kilometer mehr (117,9 Kilometer) als zuhause (115,1) pro Spiel, und hat eine fast vier Prozent höhere Fehlpassquote vor eigenem Publikum (21,3% gegenüber 17,7% auswärts).

Betrachtet man den Einfluss von Dieter Hecking ist festzuhalten, dass sich zumindest bei den Passwerten noch keine allzu große Veränderung eingestellt hat. 317 Pässe brachte Wolfsburg in der Hinrunde im Schnitt an den Mitspieler (Fehlpassquote 19,1%), 325,3 sind es durchschnittlich bislang in der Rückrunde (Fehlpassquote 20,3%).

Bei den Zweikämpfen und der Laufbereitschaft stimmt dagegen der Einsatz der Mannschaft unter Hecking. Während der VfL vor der Winterpause durchschnittlich 116,3 Kilometer absolvierte, sind es im neuen Jahr 1,5 Kilometer mehr pro Spiel.

Außerdem gewannen die Wölfe in der Hinrunde in über einem Drittel der Spiele weniger Zweikämpfe als der Gegner, in der Rückrunde war man dem Gegner in dieser Kategorie bislang immer überlegen.

Wissenswertes

- Während Bayern zuhause gegen Wolfsburg eine fast makellose Bilanz hat (13 Siege in 14 Spielen), sah es auswärts gegen die Niedersachsen zuletzt eher durchwachsen aus. In den letzten neun Partien ist die Bilanz komplett ausgeglichen: Drei Bayernsiegen stehen drei Unentschieden und drei Wolfsburger Siege gegenüber.

- Gefahr aus dem Münchner Mittelfeld: Einige Mittelfeldspieler des Tabellenführers dürften sich ganz besonders auf das Duell am Freitag freuen. Franck Ribery (10 Scorerpunkte in 11 Spielen), Thomas Müller (4 in 6), Arjen Robben (4 in 5) und Bastian Schweinsteiger (9 in 19) treffen in schöner Regelmäßigkeit gegen die Wölfe.

- Wolfsburg ist zwar die drittbeste Auswärtsmannschaft der Liga, zuhause dagegen sind die Niedersachen das drittschwächste Team. Von 10 Spielen haben die Wölfe zuhause nur zwei gewonnen.

- Unangefochtener Mittelpunkt des Wolfsburger Spiels ist Mittelfeldregisseur Diego. In den vier Partien nach der Winterpause hatte der Brasilianer im Schnitt 76,8 Ballkontakte pro Spiel - unangefochtener Topwert beim VfL. Darüber hinaus war er an sechs der letzten acht Wolfsburger Tore direkt beteiligt.

Fazit

Nur ein Gegentor auswärts erscheint fast surreal, aber bislang ist die Mannschaft von Jupp Heynckes auf fremdem Platz kaum bezwingbar. Interessant wird sein, wie fokussiert das Team mit dem Arsenal-Spiel im Hinterkopf ist - vielleicht ist es dahingehend ein Vorteil, dass das Duell bereits am Freitagabend steigt.

Wichtig wird die Defensivarbeit von Thomas Müller und Franck Ribery auf den Flügeln sein. Gleichzeitig muss man, wenn die Wolfsburger Außenverteidiger aufgerückt sind, die sich bietenden Lücken sofort ausnutzen.

Ein eventueller Einsatz von Luiz Gustavo als Staubsauger vor der Viererkette wäre taktisch eventuell sogar ein Vorteil gegen das kompakte Wolfsburger Offensiv-Zentrum.