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09.04.2014 | 6518 Aufrufe | 11 Kommentare | 2 Bewertungen Ø 7.0
Themenwoche: Spielmacher
Spielmacher-Debatte in der NBA
Beitrag zur mySpox Themenwoche #1

Autor: Timo Janisch (StateFarm)

Der Sport ist Teil der Gesellschaft und wie alles auf der Welt entwickelt sich auch im Sport alles ständig weiter. Regeln werden geändert, Spielpläne überarbeitet und Ausrüstung verbessert. Doch auch der Sport an sich verändert sich. Im Fußball zum Beispiel wird eine Position, die jahrelang als eine der wichtigsten der gesamten Sportart galt, zur Zeit neu definiert: Der Spielmacher. Wer ist nun der exemplarische "Zehner"? Thiago? Xavi? Pirlo? Genau diese Diskussion gibt es aber nicht nur im Fußball! Im Handball, im American Football und im Basketball streiten Experten, Trainer und Fans nun seit Längerem, wo die Aufgaben eines Spielmachers liegen und welche Anforderungen dieser erfüllen muss. Ich beschränke mich in diesem Blog auf die Diskussion im Basketball. Im nachfolgenden Text werde ich also die heutigen und früheren Aufgaben des Spielmachers in der NBA beleuchten, die Aufgaben des <strong style="font-family: Arial, sans-serif; font-size: small;">Point Guards.</strong>

"Ask not what your teammates can do for you. Ask what you can do for your teammates."



Dieser Satz stammt von Magic Johnson, dem vielleicht besten Point Guard aller Zeiten und Legende der Los Angeles Lakers. Aber was genau meint der fünffache NBA-Champion mit dieser Aussage? Er bringt damit genau auf den Punkt, was damals in den 1980er Jahren die Aufgabe eines Point Guards war. Das Passen. Die Rolle der damaligen Spielmacher basierte zwar auch auf dem Punkten, das Scoring, vor allem aber wurde von den damaligen "Einsern" verlangt, dass sie ihre Mitspieler gekonnt in Szene setzen konnten und so einfache Punkte kreierten. Auch in den 90er Jahren dominierten sogenannte "Pass-First Guards" wie John Stockton, Mark Jackson, Tim Hardaway oder Kevin Johnson. Auch wenn sie immer mehr selber punkteten, lag ihr primäres Ziel darin, ihren Mitspielern einfach Punkte zu schenken. Um die 10 Assists pro Spiel verbuchte ein absoluter Weltklasse-Akteur damals. Sie hatten es damals aber auch einfacher als heute, denn seinerzeit war die NBA noch geprägt von "echten" Centern wie Hakeem Olajuwon oder Alonzo Mourning, die unter den Körben patrouillierten und dort schnell einfache Punkte machen konnten. Doch nach der Jahrtausendwende verändert sich der Aufgabenbereich des Point Guards drastisch.

Scoring wird wichtiger

Es ist Allen Iverson, der den Wandel einläutet. Der Erste, der sich als Point Guard vor allem über seine Schnelligkeit und Athletik definiert und infolgedessen als primärer Scorer auftritt. Zwar ist Iverson bereits seit 1996 in der NBA aktiv und setzt auch seine Mitspieler häufig in Szene, aber in seiner Prime in den frühen 2000ern verändert er die NBA. In der Saison 2000/2001 verbuchte er 31 Punkte und 4,6 Assists pro Spiel und wird folgerichtig zum Wertvollsten Spieler der Saison gewählt. Der damalige Guard der Philadelphia 76ers legt zu dieser Zeit den Grundstein für die heutige Generation der Point Guards - viele nahmen sich ihn zum Vorbild. Die Vision vom "verlängertem Arm" des Coachs auf dem Spielfeld sollte bald Geschichte sein, nur noch wenige Spieler spielen noch heute, 13 Jahre nach Iverson's MVP-Saison und vier Jahre nach seinem letztem Spiel als "Pass-First Guards". Die neue Generation setzt immer mehr auf Athletik und Muskeln, echte Energizer und keine smarten Typen sind nun gefragt in der NBA. Typen, die das Spiel ihrer Mannschaft nicht strukturieren, sonder solche, die für Punkte en masse sorgen. Typen, die auch mal für krachende Highlight-Dunks sorgen und durch ihre Athletik auch in der Verteidigung zumindest nicht großartig unter Durchschnitt agieren.

Muskelmasse = Klasse?

Seit Mitte/Ende der 2000er spült der Draft jedes Jahr immer mehr dieser Guard in die Liga. Ein Paradebeispiel ist Russell Westbrook von den Oklahoma City Thunder, ein Muskelprotz, dessen Spiel typisch für den neuen Point Guard ist. Er lenkt das Spiel nicht mehr und nimmt (einfache) Sprungwürfe, stattdessen zieht er selbst oft in die Zone und schließt dort ab. Er versucht seinen Verteidiger abzuschütteln und direkt am Korb abzuschließen. Viele hochklassige Point Guards wie eben jener Russell Westbrook, John Wall, Eric Bledsoe, Derrick Rose, Damian Lillard oder Kyrie Irving sind vom diesem Spielertyp. Problem: Die Nähe des Korbes, die Zone, ist das Reich der Big Men, diese sind in der Regel um die 2,10m groß, Point Guards maximal 1,95m. Wenn nun also die vergleichsweise kleinen Guards auf diese Kolosse treffen, steigt für die zwar schnelleren Guards das Verletzungsrisiko stark an. Einige Beispiele: Derrick Rose, Kreuzbandriss (2012) und Meniskusriss (2013). Russell Westbrook, Meniskusriss anschließend drei OP's (2013). John Wall, etliche Verletzungen, 62 verpasste Spiele seit 2010. Die Spieler müssen für ihre Korbabschlüsse selbstverständlich springen, in der Luft verlieren sie durch Kontakt mit den Big Men die Balance und knicken oft beim Aufkommen böse um. Sportmediziner führen dabei an, dass die heute massiv trainierten Oberkörper-Muskeln mit ausreichend Luft versorgt werden müssen, was nicht zuletzt auf die Kosten der Beinstabilität geschieht. Natürlich beruht das Repertoire dieser Spieler nicht nur auf dem Abschluss der Zone, auch sie suchen ihre Mitspieler, werfen den Dreier einigermaßen sicher und können auch aus der Mitteldistanz abschließen, nur definieren sie sich mehr durch den Zug in die Zone.

Muskelprotz Russell Westbrook ist ein Vertreter der

Russell Westbrook - ein Vertreter der "Generation Muskelmasse"

Der ideale Point Guard Typ...

...ist dieser Typ sicher nicht, zu hoch das Verletzungsrisiko, zu hoch die Gefahr von einem Big Men geblockt zu werden, zu niedrig also die Wahrscheinlichkeit, dort viele viele Würfe zu treffen. Der ideale Point Guard Typ ist nach Meinung vieler Experten und der meisten Fans der, welcher extrem klug spielt, sprich harten Körperkontakt gekonnt vermeidet, ruhig spielt und ein großes Repertoire in der Offensive besitzt. Die Defense muss bei ihm ebenfalls stimmen und das allerwichtigste: Nicht wie die eben genannten Spielertypen teilweise "Hals über Kopf" auf die gegnerische Abwehr zu stürmen, sondern gekonnt die Verteidigung lesen, genau wissen, wann man selber werfen muss und wann man seinen Mitspielern leichte Punkte verschafft. Solche Spielertypen sind natürlich rar gesät.


Tony Parker (San Antonio Spurs) ist ein Kandidat, ebenso Stephen Curry (Golden State Warriors). Parker ist ein oft unterschätzter Spieler, allerdings fehlt es dem Franzosen an dem für "Einser" heute so wichtigen Dreier (nur 0,4 Dreipunktetreffer pro Spiel) und die nur leicht überdurchschnittlichen Assists die er spielt, was aber auch mit seinen wenigen Minuten die er aufgrund des tiefen Kaders der Spurs spielt, zusammenhängt. Bei Curry ist das Gegenteil der Fall: Er ist momentan einer der besten Dreierschützen der Liga, kreiert massig Assists (8,8 pro Spiel) und der 8. beste Scorer der Liga (zweitbester Guard), allerdings leistet er sich zu viele Ballverluste (3,8 pro Spiel), was selbstverständlich nicht unbedingt für einen klugen Spielstil steht. Und doch gibt es den (fast) perfekten Point Guard. Chris Paul heißt dieser und steht für die Los Angeles Clippers auf dem Parkett. Paul ist momentan der wohl beste Point Guard der Welt, spielt unfassbar kontrolliert und bedacht, bereitet elf Korberfolge seiner Mitspieler pro Spiel direkt vor, verliert trotz 94 Ballkontakte pro Spiel nur 2,4 mal den Ball. Seine Übersicht ist von großer Klasse und seine Alley-Oop Anspiele auf die Teamkollege Blake Griffin und DeAndre Jordan lassen sich wunderbar ansehen. "CP3" ist einfach der kompletteste und beste Point Guard der NBA.


Der wahrscheinlich beste Point Guard der Welt Chris Paul (links) im Duell mit einem der besten aller Zeiten, Steve Nash

Der wahrscheinlich beste Point Guard der Welt Chris Paul (links) im Duell mit einem der besten aller Zeiten, Steve Nash

Back to the roots



Zurück zu den Wurzeln. Zu den Wurzel des Point Guard Spiels, das denken sich einige wenige aktive NBA-Spieler. Denn ja, es gibt sie noch, die, die sich selbst als reinen Aufbauspieler verstehen und deren Hauptaufgabe es ist, für ihre Mitspieler etwas zu kreieren. Rajon Rondo von den Boston Celtics verkörpert diesen Typus. Für ihn zählt zu allererst, was er für seine Mitspieler machen kann, zweistellige Assists pro Spiel über mehrere Jahre hinweg belegen das. Doch wie kam er dazu? Durch fähige Mitspieler, genauer gesagt durch zukünftige "Hall of Famer", Kevin Garnett, Paul Pierce und Ray Allen heißen sie in seinem Fall. Keiner der drei spielt noch in Boston, Rondo steht nun mehr in der Verantwortung und muss daher selber mehr Initiative ergreifen, auch das könnte auf Kosten seiner Vorlagen gehen. Noch ein Beispiel ist Steve Nash von den Los Angeles Lakers, der durch seine Zeit bei den Dallas Mavericks und Phoenix Suns zur absoluten Legende geworden Kanadier ist der vielleicht Letzte verbleibende "Pass-First Guard" der alten Schule, schließlich spielt er schon seit den 1990er Jahren in der NBA. Ständige Verletzungen und das für einen Leistungssportler sehr hohe Alter zwingen ihn gerade langsam aber sicher zum Karriereende. Auch Ricky Rubio von den Minesota Timberwolves ist ein glänzender Vorbereiter, allerdings trifft er seine Würfe nur so selten, dass er positive Effekt durch die Zahlreichen Vorlagen dadruch quasi verpufft. Ein recht neues Talent am "Old-School Himmel" ist dagegen Kendall Marshall, auch er spielt wie Nash für die Lakers, ist erst 22 Jahre alt und erhält im schwachen Lakers-Kader die Chance sich zu etablieren. Sein Scoring-Repertoire ist wie bei den meisten primären Passgebern nicht wirklich ausgereift, dafür spielt er aber sehr präzise Pässe und verbucht so trotz schwacher Mitspieler 9,4 Assists pro Spiel.


Rajon Rondo - Einer der letzten verbliebenen

Rajon Rondo (rechts) ist einer der letzten verbliebenen Vertreter des "Pass First Guard"

Fazit



Der Wandel vom klassischen "Pass-First Guard" zum athletischen Energizer als bevorzugten Spielmacher-Typ ist in der NBA quasi vollzogen. Auch wenn dieser Spielstil mit einigen Risiken verbunden ist, sehen viele Point Guards dieses körperbetonte Spiel als ihre größte Chance, um in der immer athletischer werdenden NBA Fuß zu fassen. Einige wenige setzten die alte Spielmacher-Tradition fort, allerdings brauchen sie auch die richtigen Mitspieler und die richtige Teamsituation, um erfolgreich zu sein. Noch weniger Spieler verfügen über die Klasse und Übersicht, ihr Spiel aufzuziehen wie es Chris Paul tut: Harten Körperkontakt vermeiden, Mitspieler klug in Szene setzten, genau wissen, wann man selber werfen muss und nur seltene Ballverluste. Es bleibt spannend abzuwarten, was die nächsten Jahre für die Position des Point Guards bringen.





Dies ist also mein Beitrag zur Themenwoche "Spielmacher" auf SPOX. Ich habe ihn aus der Sicht von Basketball-Fans recht oberflächlich geschrieben, da der Fußball im Mittelpunkt der Themenwoche steht und auch die zahlreichen Fußball-Fans und "Nicht-Basketballer" den Text verstehen sollen.. Ich hoffe sehr, dass er mir gelungen ist, über Kommentare, Bewertungen, konstruktive Kritik und eure Meinung zur Entwicklung der Point Guard Position freue ich mich besonders. Danke.

Bildquelle: spox.com



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