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Borussia Mönchengladbach


Gründer: Julia | Mitglieder: 115 | Beiträge: 38
30.08.2010 um 13:50 Uhr
Geschrieben von aufmplatz
Spiel, Satz und Sieg, Borussia 1
Man glaubt immer wieder, schon alles erlebt, alles gesehen zu haben. Doch wer soll auch einen 6:3-Sieg in Leverkusen für möglich halten? Niemand. Und genau deshalb gehört dieser Trip in die Stadt ohne Hauptbahnhof zweifellos zu den großartigsten in diesem Jahrtausend.

Mein Bruder lächelt. Nachdem die gute, alte Stecktabelle auch nicht mehr das ist, was sie mal war, gehört dieses Stück Pappe mit 38 Zentimetern Durchmesser zu den besten Beilagen des Kicker-Sonderheftes seit Jahren. Am Niederrhein bekommt man beigebracht, dem Gastgeber eine kleine Aufmerksamkeit als Dankeschön für die Einladung mitzubringen. Da bot sich das Meisterschalen-Imitat geradezu mit Nachdruck an. Frei nach dem Motto: Wollt Ihr auch mal anfassen, liebe Leverkusener?

Es ist 12:26 Uhr. Der RE 13 nach Mönchengladbach fährt ein am Viersener Bahnhof. Nils sitzt schon drin. Er, mein Bruder und ich - die Kombination ist neu bei der 17. Auswärtsfahrt meines Lebens. Mit meinem Bruder im Alleingang ist die Quote geradezu sagenhaft. Ein Sieg in Cottbus, einer in Frankfurt und ein Fast-Sieg beim 2:2 in Hoffenheim. Waren neben den beiden Leverkusen-Mitfahrern noch andere Menschen mit dabei, sah es stets düster aus: Drei Niederlagen in drei Spielen, 1:11 Tore, jedesmal traf der Gegner mindestens dreifach.

Leverkusen präsentiert sich von seiner eher tristen Seite. Zu Fuß geht es vom Bahnhof Mitte zur BayArena. Die Dhünn ist voll von den Regenfällen der vergangenen Tage und Wochen. Gleiches gilt im übertragenen Sinne für unsere Hosen. 16 Jahre lang hat die Borussia nicht mehr gegen Bayer gewonnen. Warum sich das gerade an diesem Tag ändern sollte? Schlagkräftige Argumente haben wir kaum. Freitagabend stand ich mit einer Flasche Bier in der Hand neben Nils und philosophierte in alter Manier über das, was uns am Sonntag in Leverkusen wohl blühen würde. 40 Euro hatten wir überwiesen. Womöglich 40 Euro für eine ordentliche Klatsche. Ein Besuch im Dominastudio dürfte ähnlich schmerzhaft und mindestens so teuer sein.

5000 bis 6000 Gladbacher in Leverkusen

Nachdem ich früher ohne jede Erwartung zu Auswärtsspielen fuhr und die Wünsche mit der Zeit auf ein selbst erzieltes Tor steigerte, heißt die Losung nun: Wenigstens zwischendurch mal führen. Was die Zuschauer angeht, ist den Borussen knapp eine Stunde vor Anpfiff bereits der Führungstreffer gelungen. Die immer noch ziemlich neue BayArena ist so gut wie leer. Geschätzte 5000 bis 6000 Gladbacher werden bis zum Anpfiff einiges dazu beitragen, dass es doch noch voll wird. Derweil wirkt der kleine Stehplatzblock der Leverkusener in der gegenüberliegenden Ecke wie ein Gästeblock im eigenen Stadion.

Igor de Camargo hatte Anfang der Woche noch Hoffnungen auf ein Debüt am Wochenende geweckt. Ein Kapselriss im Sprunggelenk stoppte den belgischen Brasilianer erneut, der derzeit die Verletzungs- und sonstigen Querelen vergangener Millionen-Neuzugänge auf die Spitze treibt. Gleichzeitig streikte Karim Matmours Achillessehne, was bei allem Respekt so wenig Sorgenfalten auf die Stirn der Allgemeinheit zauberte wie Geschenke unterm Weihnachtsbaum. Für Matmour kommt Patrick Herrmann in die Startelf. Marco Reus rückt in die Mitte, so dass die Borussia beinahe so beginnt wie die deutsche Nationalmannschaft in ihren sieben WM-Spielen.

Von Reihe 9 aus macht das Spielfeld den Eindruck, es genüge nicht unbedingt offiziellen FIFA-, sondern lediglich den Bestimmungen des Deutschen Handballbundes. Auf gefühlten 40x20 Metern belassen es beide Mannschaften in der Anfangsviertelstunde bei zaghaftem Beschnuppern und geduldigem Tempo. In der 13. Minute steht Mo Idrissou im Abseits, seinen Querpass hat Michael Bradley ohnehin nicht im Tor unterbringen können. Nach dem Abseitsfestival von Nürnberg befürchte ich gleich die nächste Fahnen-Orgie. Um auf Nummer sicher zu gehen, holt sich Idrissou den Ball daraufhin erst am gegnerischen Strafraum. Vidal lässt sich mit der Nachlässigkeit eines faulen Kindes bei den Hausaufgaben den Ball abnehmen. Idrissou stakst an ihm vorbei. In der Mitte rauscht Herrmann heran und tippt den Ball über die Linie, bevor René Adler und Co. überhaupt realisiert haben, dass es gefährlich werden könnte. Das Mindestziel, die Führung, ist erreicht. Stolz reckt mein Bruder die Meisterschale in die Luft. Da ist das Ding. 1:0 für Gladbach.

Idrissou in Usain-Bolt-Manier

Nach einer Standardsituation verpasst Bradley das 2:0 und zeigt Gnade, wie sie an diesem Nachmittag Seltenheitswert hat. Nur vier Minuten nach dem Führungstreffer kommt es dan, wie es bei der Borussia eigentlich immer kommt. Arango verteidigt auf Außen nachlässig, Castro darf flanken und Derdiyok gegen die indisponierten Daems und Brouwers zum Ausgleich einköpfen. Ich bin gelassen wie selten bei einem Gegentor und wundere mich selbst, dass ich die Bescheidenheit so verinnerlicht habe. Wer mit wenig rechnet, darf schließlich nicht viel erwarten.

Doch diesmal ist es anders. In den Folgeminuten wird deutlich, dass die Borussia das Konterspiel der vergangenen Saison keineswegs verlernt, sondern lediglich vertagt hat. Idrissou spaziert in Usain-Bolt-Manier mit nur vier Schritten von der Mittellinie in den Leverkusener Strafraum. Dabei übersieht er zwar Marco Reus, bringt jedoch immer noch einen gefährlichen Flachschuss zustande. Gut eine halbe Stunde ist rum, als es mit der Herrlichkeit anscheinend ein für allemal vorbei ist. Kießling bogenlampt einen Kopfball von der Strafraumgrenze an die Latte. Bailly hat dabei Glück, dass ihm der Ball nicht auf den Rücken fällt. Noch hat niemand einen blassen Schimmer, dass die letzten ruhigen Minuten laufen, bevor diese Partie für dreißig Minuten plus Halbzeit zum ballgewordenen Wahnsinn auf Erden wird.

In der 39. Minute ist Bradley nah dran an seinem ersten Saisontor. Adler hält. Die anschließende Ecke verdient sich keineswegs das Sportschau-Prädikat "brachte nichts ein". Stattdessen stellt Reus den Bayer-Keeper mit einer Direktabnahme in Robben-Manier (gemeint ist der Spieler, nicht das Tier) vor die nächste Herausforderung. Als Marx einen Abpraller direkt wieder in Richtung Tor befördert sind aller guten Dinge tatsächlich einmal drei. Der Ball bahnt sich seinen Weg durch die Abwehr hindurch wie ein Auto im Mont-Blanc-Tunnel. Adler lässt abprallen und Roel Brouwers sorgt mit seinem ersten Saisontor für jede Menge Licht am Ende der Betonröhre. Schale in die Luft, Becker-Faust, 2:1 für den VfL.

Tippkickfigur Herrmann in den Winkel

Direkt im Anschluss zeichnet sich ab, dass dieses Fußballspiel keineswegs einen Platz in der Economy Class gebucht hat, sondern so mitreißend ist wie ein Fallschirmsprung ohne Fallschirm. Brouwers prüft Bailly mit einem riskanten Rückpass. Der Belgier kann mit Rechts nur halbhoch klären. Barnettas Schuss aus 35 Metern verfehlt das Tor nur hauchdünn.

Zu Teil 2
Aufrufe: 1492 | Kommentare: 5 | Bewertungen: 4 | Erstellt:30.08.2010
ø 9.5
KOMMENTARE
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Renato10
30.08.2010 | 21:21 Uhr
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Renato10 : 
30.08.2010 | 21:21 Uhr
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Renato10 : 
Dann ist gut

Jetzt könnt ihr wieder 16 jahre warten
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aufmplatz
30.08.2010 | 21:17 Uhr
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aufmplatz : 
30.08.2010 | 21:17 Uhr
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aufmplatz : 
Ich sach' ja auch nix. Aber glaub' mir: Wenn es mal anders läuft, dann bin ich streng genug.;)
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Renato10
30.08.2010 | 21:16 Uhr
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Renato10 : 
30.08.2010 | 21:16 Uhr
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Renato10 : 
Ist doch völlig in Ordnung, hab ich doch geschrieben
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aufmplatz
30.08.2010 | 21:13 Uhr
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aufmplatz : 
30.08.2010 | 21:13 Uhr
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aufmplatz : 
Objektivität ist auch nicht der Anspruch.;) Wer die sucht, muss sich den Artikel in der Rheinischen Post durchlesen.
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Renato10
30.08.2010 | 21:08 Uhr
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Renato10 : 
30.08.2010 | 21:08 Uhr
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Renato10 : 
Naja vielleicht nicht ganz objektiv geschrieben, aber ok, kann man dir wohl kaum übel nehmen nach diesem Spiel.

Aber war ein geiles Spiel und ich gönne euch es auch mal

Solange ihr dann alle 16 jahre mal gegen uns gewinnt ist das völlig in ordnung
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