Offseason-Recap:

Der 16. Spieltag stellte den bittersten Tag der Saison 2016/17 für die Tennessee Titans dar. Einerseits war mit der Auswärtsniederlage bei dem Divisionsrivalen Jacksonville Jaguars und dem zeitgleichen Sieg der Houston Texans das Verpassen der Play-Offs besiegelt. Der anschließende Heimsieg gegen Houston konnte daran auch nichts mehr ändern. Anderseits zog sich der Starting-Quarterback Marcus Mariota einen Bruch des rechten Wadenbeins zu und fiel so für den Rest für die Saison aus. Trotz alledem kann den Titans eine erfolgreiche Saison attestiert werden. Man beendete die Saison auf dem 2. Platz der AFC South mit einem 9-7 Record. Dies stellt eine enorme Verbesserung im Vergleich zum 3-13 Record von 2015. Daher kann die Titans mit Fug und Recht als das positive Turn-around-Team bezeichnen werden. Um den positiven Trend fortzusetzen, wurden in FA als auch im Draft bevorzugt die Schwachstellen verstärkt.

In der Free Agency wurde CB Logan Ryan von den New England Patriots verpflichtet, der dort als No. 2 CB neben Malcolm Butler durchaus überzogen konnte. Weiterhin wurde SS Jonathan Cyprien von den Jacksonville Jaguars verpflichtet, welcher seine Stärken besonders in Run Defense besitzt. Außerdem wurde für die Tiefe der D-Line NT Sylvester Williams von den Denver Broncos verpflichtet. Für die Offense wurden WR Eric Weems von den Atlanta Falcons und WR Eric Decker von den New York Jets verpflichtet, nachdem in der vorherigen Preseason Dorial Green-Beckham nach Philadelphia getradet wurde. Während Weems um seinen Platz im 53-Man-Roster kämpfen muss, dürfte Decker als Veteran und ehemaliger Pro Bowler gesetzt sein. Kurz von Beginn der Trainingscamps wurde auch OLB Erik Walden von den Indianapolis Colts verpflichtet.

Aufgrund des letztjährigen Trades mit den Los Angeles Rams besaßen die Titans 2 Draftpicks in der 1. Runde. Hierbei wurden an Position 5 WR Corey Davis von Western Michigan und an Position 18 CB Adoree´ Jackson von USC gezogen. In der 3. Runde wurde an Position 72 WR Taywan Taylor von Western Kentucky und an Position 100 TE Jonnu Smith von Florida International gedraftet. Weitere Draftpicks sind: Pick 155 LB Jayon Brown (UCLA), Pick 217 OL Corey Levin (TennesseeChattanooga), Pick 227 OLB Josh Carraway (TCU), Pick 236 OT Brad Seaton (Villanova), Pick 241 RB Khalfani Muhammad (California).

Coaching-Staff:

Mike Mularkey geht ins 2. vollständige Jahr als HC für die Tennessee Titans. Vor der Festanstellung als HC arbeitete er als Tight End Coach bzw. Offense Coordinator bei mehreren Teams wie z.B. Tampa Bay und Pittsburgh. 2004-2005 arbeitete das erste Mal als HC für Buffalo. Nach einer ordentlichen Saison mit 9-7 kam es im darauffolgenden Jahr zu Spannungen mit dem FO. Nach einer unterdurchschnittlichen 5-11-Saison kündigte er und nahm daraufhin Tight End bzw. OC-Stellen bei Miami und Atlanta an. 2012 übernahm Mularkey den HC-Posten in Jacksonville. Nach einer schrecklichen 2-14-Saison wurde Mularkey ohne Umschweife gefeuert. In Tennessee übernahm er 2014 zuerst die Position des Tight End Coaches. 2015 wurde er zum OC und Assist. HC gefördert und Ende 2015 übernahm er als Interimsheadcoach, nachdem Ken Whisenhurt entlassen wurde.

Der Offense Coordinator der Tennessee Titans ist Terry Robiskie. Er arbeitete bei mehreren Teams wie Cleveland, Washington und Atlanta. Wobei er besonders als Wide Reciever-Coach bekannt ist. Als OC konnte er vorher bisher nicht glänzen. Es wird sich zeigen, ob er die Offense der Titans weiter verbessern kann.

Die Stelle des Defense Coordinator bekleidet mit Dick LeBeau eine echte NFL-Legende. Er arbeitet seit den siebziger Jahren in der NFL. Er führte den Zone Blitz wieder ein und setzte ihn als DC als Basis für seine 3-4 Defense ein. Als DC baute er die Steelers-Defense in den frühen 2000-Jahren zu einer der dominantesten Defense dieser Periode auf, welche Steel Curtain 2.0 genannt wurde. Aber sein Zone Blitz-Konzept zählt zu den kompliziertesten Playbooks. Dies führte dazu, dass Rookies in Pittsburgh deutliche Anpassungsschwierigkeiten hatten. Weiterhin gilt der Zone Blitz nicht mehr als zeitgemäß, da er gegenüber dem aufkommenden Kurzpass-Spiels der Westcoast-Offense deutliche Nachteile besitzt. Aufgrund dessen wurde LeBeau von den Steelers zwangsretired. 2016 übernahm er die vakante Stelle als DC in Tennessee und 2017 zum Assit. Head Coach befördert. Und er konnte sich durchaus anpassen. Letzte Saison ließ er 50 % der Defensive Snaps aus Man Coverage spielen.

Offense: Totgesagte leben länger

Zu Beginn der Saison 2016/17 wurde Mularkey für Ausruf seiner Exotic Smashmouth Offense, die auf aggressivem Running Game basiert, belächelt. In Nachbetrachtung gibt der Erfolg ihm durchaus Recht. Tennessee verfügte 2016 mit Demarco Murray und Derrick Henry über eins der dominansten Running Games der NFL. Mit 137 yds/Game liegt man in Totale Yardage auf Platz 3, mit 4,6 yds/att belegt man die geteilte Position 4. Demarco Murray wurde 2016 nach einem frustrierenden Stint in Philadelphia zu den Titans getradet und konnte das Vertrauen rechtfertigen. Er rushte für 1287 yds und 9 Rushing TDs und einem Average von 4,4 yds/att. Derrick Henry, der Heisman-Trophy-Winner von 2016 und 2nd-Rnd-Pick, wurde seltener eingesetzt. Er konnte aber mit 450 yds, einem Average von 4,5 yds/att und 5 Rushing TDs ebenfalls überzeugen. Nach Football Outsiders war er sogar deutlich effektiver als Murray, mit einer DVOA von 18,9% liegt er auf Platz 4 gegenüber -4,6% von Murray. Vermutlich wird er in der kommenden Saison einige Snaps mehr sehen. Ein Wichtiger Bestandteil des Erfolgs stellt die O-Line dar. PFF rankt die O-Line als beste O-Line der Saison, während Football Outsiders sie mit 4,33 Adjusted Line Yards auf Platz 4 positioniert. Besonders wichtig für den Erfolg der O-Line sind die beiden jungen Tackles, RT Jack Conklin und LT Lewan Taylor. Conklin wurde sogar in seiner Rookie-Saison ins 1st team All-Pro gewählt. In der Pass-Protection wiederum belegt die O-Line bei Football Outsiders mit einer Adjusted Sack Rate von 5,7% nur Platz 16. Man ließ zwar nur 28 Sacks (Platz 6) zu, aber man ließ auch viele Hits und Hurries zu.

So stark das Running Game der Titans auch ist, so schwach ist das Passing Game. Man belegte mit 221,3 pass yds/Game nur Platz 25 in Passing Offense. Dies wiederum lag nicht an QB Marcus Mariota. Mit 3426 yds, 26 TDs, 9 INT und einem QBR von 95,6 spielte er eine ordentliche Saison und konnte sich gegenüber 2015 besonders in der Konstanz verbessern. Außerdem war Mariota in der abgelaufenen Saison mal wieder der effektivste Quarterback in der Red Zone. Innerhalb der gegnerischen 20-Yard-Line warf er in seiner gesamten Karriere 33 TDs und keine Interception. Weiterhin besitzt er die beste Adjusted 3rd down percentage in der Red Zone von 76,9 %. Ebenfalls gehört Mariota auch zu den der mobilsten QBs der NFL. Er rushte für 358 yds, 5,8 yds/ att und 2 Rushing TDs. Seine Scrambling Fähigkeiten sind deshalb nicht zu unterschätzen.

Das große Problem stellen viel mehr die Wide Receiver dar. Einzig Rishard Matthews konnte mit 945 yds, 14,5 yds/rec und 9 TDs wirklich überzeugen. Der zweitbeste Receiver war Delanie Walker mit 800 yds, 12,3 yds/rec und 7 TDs. Sowohl Tajae Sharpe als auch Kendall Wright konnten beide nicht überzeugen. Um das Problem zu beheben wurde als neuer Nr. 1 WR Corey Davis in der 1. Runde gedraftet. Seine große Stärke ist das Route Running. Mit 2,12 yards pro gelaufene Route gehört er zu den Top Ten der letztjährigen College Saison. Weiterhin kann er mit seiner Vielseitigkeit punkten, denn er kann sowohl outside als auch im Slot spielen, weiterhin kann er auch als Deep thread eingesetzt werden. Ein großer Nachteil ist seine Verletzungshistorie. Er konnte aufgrund von Verletzungen sowohl an den Bowl-Games als auch an der Combine nicht teilnehmen. Er soll aber zu Beginn der Trainingscamps wieder fit sein. Außerdem wurde Veteran Eric Decker für die Slot-Position geholt. Mit Decker hat man sich ein sehr wichtiges Red Zone Target geangelt, seit 2012 hatte kein Receiver mehr Red Zone TDs als er(41).

Auf der Tight End Position muss man sich bei Tennessee keine Sorgen machen. Delanie Walker stellt im Passing Game ein immer zuverlässiges Ziel dar. Außerdem ist er einer der besten Blocking TEs der NFL. Anthony Fasano verließ zwar Tennessee in der FA, Jonnu Smith überzeugte bisher in den Trainingscamps.

Es wird sich zeigen, ob die Titans das Passing Game endlich verbessern können und ob das Running Game immer noch so dominant auftritt wie letzte Saison.

Defense: Dawn of Titans

Nach der Offense kommt die Defense. Hier konnte man sich gegenüber letzter Saison steigern. Mit 23,8 Points allowed per Game lag man auf Platz 14, deutlich besser als der 27. Platz im Jahr davor. Aber auch hier gibt es, ähnlich wie bei der Offense, Licht und Schatten.

Fangen wir mit der Front Seven an. Mit 88,3 Yds/Game ließ man die zwei wenigsten Rushing Yards der NFL zu, weiterhin ließ man nur 10 Rushing TDs zu. Footballoutsiders listet die Run Defense auf Platz 10 mit -14.7% DVOA. Besonders hervor zu heben in der D-Line hierbei ist DE Jurrell Casey, der mit 5,0 Sacks und 44 tot. Tackles als Interior Line Men eine gute Saison spielte und dafür 2016 zum 2. Mal nach 2015 in den Pro Bowl gewählt wurde. Zu Beginn der Trainingscamps wurde sein Vertrag verlängert, mit 60 Mio. über 4 Jahre gehört zu den bestbezahltesten D-Liner der NFL. Weiterhin wurde der Vertrag von DL Karl Klug, Veteran und Fan-Liebling, verlängert.

Der Pass Rush ist ebenfalls gut aufgestellt. Mit 40 Sacks lag man auf Rang 6 in der abgelaufenen Saison. Hier sind die beiden Outside Linebacker Brian Orakpo und Derrick Morgan mit jeweils 10,5 bzw. 9,0 Sacks zu nennen. Weiterhin wurde OLB Erik Walden von den Indianapolis Colts verpflichtet. Der Veteran Edge Rusher produzierte 11,0 Sacks letzte Saison und könnte den Pass Rush weiter verstärken.

Das große Problem der Front Seven, oder der Defense allgemein, ist das Tackling. Mit 939 comb. Tackles lag man letzte Saison auf dem letzten Platz. Einzig Tackle Leader ILB Avery Williams konnte sich mit 104 Tackles auszeichnen. Dieses Problem muss dringend behoben werden, um nächstes Jahr eine Chance auf die Playoffs zu haben.

Nun kommen wir zum großen Sorgenkind der Tennessee Titans: Die Secondary. Letzte Saison ließ man pro Spiel 269,2 yds pro Spiel durch die Luft zu. Damit rangiert man auf Platz 30. Deshalb wurde die Secondary total umgekrempelt. CB Jason McCourty wurde nach einer inkonstanten Saison zu Beginn der FA gecuttet. Mit Perrish Cox und Valentino Blake wurde nach einer schwachen Saison ebenfalls nicht verlängert. Dafür wurde sowohl CB Logan Ryan als auch SS Jonathan Cyprien in der FA neu verpflichtet und CB Adoree´ Jackson in der ersten Runde gedraftet.

Ryan spielte in New England eine gute Saison, ließ nur 3 TDs zu und führte mit 92 Tackles die CBs in dieser Statistik an. Er wird vermutlich als Nr. 1 CB die Nachfolge von McCourty antreten. Als Nr. 2 CB wird vermutlich Adoree Jackson eingesetzt. Der First-Round-Draft Pick gilt als einer der besten Athleten des Drafts, ist aber noch etwas roh. Er wurde vielseitig im in der Coverage eingesetzt, aber er neigt dazu, zu aggressiv auf den Ball zu gehen und wurde deshalb auch oft bei langen Würfen geschlagen. Seine geringe Größe stellt ein weiteres Problem dar. Daher galt er für viele Experten vor dem Draft als reiner Slot Corner. Es wird sich zeigen, ob er sich als Outside Cornerback in der NFL durchsetzen kann. Mit SS Cyprien von Jaguars holten sich die Titans den vermutlich besten Box-Safety der NFL. PFF listet ihn als besten Run Defense Safety der letzten Saison. Dafür besitzt er deutliche Schwächen in der Coverage. Daher ist fraglich, ob er überhaupt die Passing Defense verbessern kann. Als Partner in Crime wird vermutlich FS Kevin Byard an seiner Seite starten. Letzte Saison wurde er am Anfang öfters als Strong Safety an der Line of Scrimmage eingesetzt, durch die Verpflichtung von Cyprien kann Byard wieder auf seine angestammte Free Safety Position zurückkehren.

Players to Watch

QB Marcus Mariota: Für viele Experten gilt Marcus Mariota nach Derek Carr als bester junger Quarterback. Trotz allem stellen sich zwei Fragen bei ihm: Wie hat er den Wadenbeinbruch von letzter Saison überstanden, sowohl physisch als auch mental? Und kann er seine eigenen Leistungen von der Vor-Saison bestätigen oder sogar verbessern? Sollte er aber seinen Weg weiter gehen, dann könnte er in näherer Zukunft zu einem Elite-QB aufsteigen.

WR Corey Davis: Viele Experten waren überrascht, dass Davis als erster WR von Titans gepickt wurde. In der kommenden Saison wird es für ihn darum gehen, dieses Vertrauen zurückzuzahlen und das schlechte Passing Game der Titans wiederzubeleben.

CB Logan Ryan: Nach einer guten Saison bei den Patriots als Nr. 2 CB kann Ryan in Nashville beweisen, dass er auch als Nr. 1 durchaus überzeugen kann. Weiterhin kann er zum Leader aufsteigen und die Secondary damit deutlich verbessern.

Schedule und Prognose

Jetzt kommen wir zu dem für mich schwersten Part: Die Prognose. Tennessee hat nach NFL den zweitleichtesten Schedule. Man spielt unter anderem gegen die AFC North und die NFC West. Vom Papier her einige machbare Gegner, aber wie man weiß, ist Papier geduldig. Es warten aber durchaus einige schwere Brocken wie Pittsburgh, Oakland und Seattle. Auch die Division internen Gegner sind durchaus zu beachten. Besonders die ersten 4 Spiele haben es in sich. Trotz aller oben erwähnten Verbesserungen bleib ich bei meiner Prognose eher konservativ und sage: 9-7, also derselbe Record wie letzte Saison. Dennoch sehe ich die Titans im Kampf um die Divisionskrone in der AFC South und damit um einen Play-Off-Platz.