Einleitung

Wir befinden uns in der 2. Runde der NBA-Playoffs 2014. Die Serie zwischen den Clippers und den Thundern aus Oklahoma ist 2:2 ausgeglichen. Die letzten 49 Sekunden brechen an, Los Angeles führt mit 104:97.

Nur noch diese wenigen Sekunden fehlen den Clips, um alles schlechte, was in den letzten Wochen rund um den Sterling-Skandal geschehen ist, vergessen zu machen und um mit einer 3:2 Führung das erste Mal in der gesamten Franchisegeschichte den Western-Conference-Finaleinzug im eigenen Haus perfekt zu machen.

Was ist in den letzten Wochen für ein Trubel gewesen? Nachdem man mit einem Rekord der Franchise von 57 Siegen bei nur 25 Niederlagen den 3. Platz in der Conference sichern konnte, kam in den Playoffs der große Knall. Der Owner, der eigentlich hinter dem Team stehen sollte, traf rassistische Äußerungen welche verletzend gegenüber einen Großteil seiner Spieler war. Dass man dies nicht so einfach als vergessen abstempeln konnte, zeigte der deutliche Protest der Spieler, die ihre Sweatshirts mit den Clipperslogo vor dem Spiel auf den Boden warfen. Auch von den Medien und Experten gab es immer wieder Stimmen die einen tiefen Play-Off-Run aufgrund von Unreife und zu viel Show für unwahrscheinlich hielten. Unter dem neuen Coach Doc Rivers hat man zwar schon einen deutlichen Schritt nach vorn getan, aber trotzdem schien man einfach noch nicht bereit für den ganz großen Wurf.

Und nun war man dem Erfolg so nahe. Nur noch diese mickrigen 49 Sekunden bei einen riesig wirkenden 7-Punkte-Vorsprung, dass muss doch reichen! Aber es kam anders: Nachdem Kevin Durant einen Dreier versenkte und Westbrook im Fastbreak den Rückstand auf zwei Punkte verkürzte, verlor der bis dahin so überragende Floor-General Chris Paul ( 8 Turnover bei 61 Assists in der Serie) auf amteurhafte Weise den Ball und foulte Westbrook bei dessen Dreierversuch. Dieser netzte alle Freiwürfe sicher ein. Beim letzten verzweifelten Versuch von CP3 seine Fehler wieder auszubügeln verlor er wieder den Spalding und somit auch den Sieg aus seiner Hand. Im letzten Spiel machten KD und Co. den Sack dann endgültig zu. Wieder sollten die Experten und Medien recht behalten. Wieder ist man für eigene Ansprüche deutlich zu früh ausgeschieden.

Was ist neu?

]Das Grundgerüst der vergangenden Saison ist geblieben. Die von Doc Rivers persönlich ernannte Big Three, um Allstar.Double Chris Paul und Blake Griffin sowie einen der besten Rebounder und Rim-Protector DeAndre Jordan, ist weiterhin das Fundament für den heiß ersehnten Titel. Die restliche Starting Five ist mit JJ Redick und Matt Barnes ebenfalls nicht verändert worden.

Allerdings hat sich auf der Bank so einiges getan. Während letztes Jahr Darren Collision als Backup hinter Paul einen guten Job gemacht hat, muss sich dieses Jahr nun Jordan Farmar die Ehre geben, den Superstar zu entlasten. Dass er dazu durchaus brauchbar sein kann, hat er letztes Jahr bei den Stadtrivalen, den Lakers, mit 10,1 Punkten und 4,9 Assists bei 22,2 Minuten pro Spiel bewiesen. Aber ein Risiko bei seiner Verpflichtung ist trotzdem gegeben, da er wegen seiner verletzungsanfälligkeit letzte Saison die Hälfte aller Spiele verpasste.

Im Drama um Lebron James, Carmelo Anthony, Chris Bosh, Kevin Love und Co. ging fast unter, dass die Clippers sich den wertvollsten Neuzugang Kaliforniens sichern konnten. Rivers sagte treffend: "I thougt one of things we needed all year - you could see it, all talked about it - was size. We needed more size and we needed more skill." Und dass bringt Spencer Hawes zur genüge. Er ist nicht nur ein Center den man innerhalb der Zone wiederfindet, sondern mit beeindruckenden 41,6 % von der Dreierlinie und soliden 78,6 % von der Freiwurflinie im letzten Jahr ist er endlich dass, was den Clips auf der Centerposition fehlt: Eine Gefahr in der Offense. Als sehr mobiler und wurfstarker Big, der zudem über gutes Passing und eine weite Range verfügt, dürften die Clippers, die in den letzten Jahren auf den Backup-Positionen im Frontcourt notorisch schwach besetzt waren, ein klares Upgrade gefunden haben.

Zudem gewann man nach den Abgängen von Willie Green und Jared Dudley durch Chris Douglas-Roberts, Joe Ingles und Jared Cunningham an Tiefe auf dem Flügel. Beim Draft hat man sich an 28. Stelle mit CJ Wilcox einen jungen Shooting Guard geholt, der als einer der besten Scorer im Draft gilt. Seine Scoringfähigkeit hat er letzte Saison bei den Washington Huskies mit 18,3 Punkten in 35,4 Minuten pro Spiel unter Beweis gestellt. Zudem sollte er mit seinen 23 Jahren schon etwas in der Lage sein, für ein paar Impulse von der Bank zu sorgen.

Umfeld

Sterling ist weg. Der Mann, der in den letzten Play-Offs von den Medien sowie Spielern und Teambesitzern hart an den Pranger gestellt wurde, musste eher weniger freiwillig sein Posten als Owner räumen und ihn den Microsoft-Mitbesitzer Steve Ballmer überlassen. Dieser entpuppte sich als richtiger Hardcore-Fan. Mit seinem Feuer aus Liebe und Leidenschaft zum Sport sowie zum Verein, ist er jemand der als prominenter Fan an der Seitenlinie anfeuern und als Motivationsspritze dienen kann. Ob sich dass Team davon mitreißen lässt, muss man natürlich abwarten, allerdings ist er im Bereich "Umfeld" ein klares Upgrade zu seinem Vorgänger.

Auch auf der Trainerbank hat sich einiges geändert. Doc Rivers ist natürlich weiterhin der Head-Coach, mit seiner Unterschrift unter einen 5-Jahres-Vertrag hat er sich sogar langfristig an das Team gebunden. Aber jetzt hat er 3 neue Assistenten. Diese sind Lawrence Frank, Sam Cassel und Mike Woodsen. Die beiden Letzteren sind in ihrer Laufzeit als Spieler sogar für die Clippers aufgelaufen. weshalb davon auszugehen ist dass sie zumindest über etwas Know-How verfügen sollten.

Stärken

So langweilig es jetzt auch klingen mag: Die Offense ist die größte Stärke des Teams. Mit 108,0 Punkten pro Spiel (1. Platz in der Liga) und 47,3 % Shooting Percentage (3. Platz in der Liga) stellen die Clips eine der besten Ofennse der NBA dar. Und das, obwohl der Starting Backcourt des Teams in Person von Chris Paul und JJ Redick zusammen 67 Saisonspiele verpasste. Sowohl in Puncto Effektivität der genommenen Würfe als auch der Turnover Ratio rangierten die Clippers in den Top 5 der Liga, durch die Verpflichtung von Hawes sollte das Team zudem eine zusätzliche Option im Angriff hinzugewonnen haben. Interessant könnte derweil zu beobachten sein, wie sich die Abgänge der Assistant Coaches Tyronne Lue und vor allem Alvin Gentry bemerkbar machen, schließlich trainierte Gentry während seiner Zeit als Head-Coach der Suns selbst eine der effektivesten Offensiven der NBA. Mit Mike Woodsen und Lawrence Frank hat Rivers in der neuen Saison zwar erneut zwei Assistant Coaches mit Head-Coach-Erfahrung an seiner Seite, beide gelten diesmal aber eher als Defensivspezialisten

Schwächen

Womit wir auch gleich beim nächsten Teil wären. Denn so effektiv das Team an einem Ende des Courts agierte, so viele einfache Fehler erlaubten sich die Männer in Weiß und Rot unter ihrem eigenen Korb. Mit Rang sieben in der defensiven Effizienz waren die Clippers zwar als eines von nur drei Teams sowohl in den offensiven als auch den defensiven Top-Ten vertreten, konnten ihre Top-Leistungen in der Defensive aber nicht wirklich konstant abrufen. Mit nur 33,2 % der zugelassenen Dreiern rangierte Los Angeles zwar auf Rang eins der Verteidigung gegen den Dreipunktewurf, profitierte somit aber auch von einem Faktor, der wohl mehr als jeder andere Statistik einfach zu einem großen Teil von Glück und Unvermögen des Gegners abhängt.

Die größte Baustelle des Teams stellt weiterhin das Rebounding dar. Mit nur 72,5 % gesicherten Defensivrebounds gehörten die Clippers zu den fünf schwächsten Mannschaften und zerstörten so häufig ihre eigene gute Defense gegen den Wurf. Mit Jordan stand zwar der beste Rebounder der gesamten Liga in Los Angeles unter Vertrag und bekam in Griffin zusätzliche Unterstützung einer zweiten Double-Double-Maschine, die Problematik betrifft allerdings weniger das aktive Rebounding als das Ausboxen der Gegenspieler. Ein Umstand, auf den Rivers in der Offseason besonders stark eingegangen sein dürfte, schließlich predigte der Coach bereits während seiner Zeit in Boston die Wichtigkeit des Positionsspiels im Rebounding und ermöglichte so Spielern wie Rajon Rondo oder Paul Pierce regelmäßig hohe Rebounding-Zahlen. Dass Small Forwards wie Barnes oder Hedo Turkoglu nach der Hawes-Verpflichtung seltener auf der Vier aushelfen werden sollten, dürfte der Reboundingschwäche des Teams jedoch bereits entgegenwirken.

Spieler im Fokus

Die Frage nach den MVP im Team konnte man bis zum letzten Jahr ziemlich sicher beantworten: Chris Paul. Er ist vielleicht nicht der talentiertesten Point Guard, aber sein unnachahmlichen Leaderqualitäten machen ihm zu dem wer er ist: Der beste Floor General der NBA.

Während seiner Abstinenz in der regulären Saison konnte sich jedoch ein anderer Spieler noch mehr in den Fokus spielen: Blake Griffin. Nachdem er sich sowieso schon sichtlich verbessert hat, führte er die Mannen von L.A. ohne ihren Leader zu einen Record von 13-6. Damit stellte er eindrucksvoll seine Wichtigkeit fürs gesamte Team unter Beweis, die sich vor CP3 nicht verstecken muss. Keine Frage: Dieses Allstar-Double sind die MVP's der Mannschaft.

Der Fokus wird allerdings auf einen anderen Spieler liegen. Während die Zeit von Reggie Bullock noch immer nicht gekommen zu sein scheint und auch die Rookies Ingles und Wilcox in der Preseason eher sporadisch zum Einsatz kamen, wird wohl Chris Douglas-Roberts die Rolle als Backup Nummer 1 hinter Matt Barnes übernehmen. Eine Position, welche bei den Clips als die vermeintlich schwächste gilt.

Mit einen neu hinzugefügtem Dreier in seinen Arsenal überzeugte der Wing im letzten Jahr bei den Bobcats, traf fast 39 % von Downtown und zeigte ansprechende Leistungen in der Defensive von Coach Clifford. Aufgrund der großen Konkurenz wird Douglas-Roberts sich wohl keinen langsamen Start wie Dudley im letzten Jahr erlauben dürfen. Sollte der Swingman seine Chance jedoch nutzen, könnte er ein elementarer Besandteil der 10-Mann-Rotation der Clippers werden.

Fazit und Prognose

Die Clippers sind stärker als im Vorjahr. Durch Hawes wurde die Frontcourt-Rotation signifikant verbessert, zudem konnten sowohl der Verlust von Point Guard Collision als auch die Abgänge der Assistant Coaches adäquat aufgefangen werden. Dass Paul die gesamte Saison ohne Verletzung durchstehen kann erscheint eher unwahrscheinlich, allerdings dürfte JJ Redick dem Team in dieser Spielzeit regelmäßiger zur Verfügung stehen. Nach 57 Siegen und dem dritten Platz in der Western Conference sollte Los Angeles in dieser Spielzeit somit an den 60 Siegen knabbern können und spätestens nach der Verletzung von Kevin Durant den zweiten Rang im Westen anvisiert haben. So mancher sieht die Clippers in diesem Jahr als Mitfavourit auf den Titel und traut dem Team durchaus die Meisterschaft zu. Die Conference Finals sollten daher das Mindestziel der Franchise sein. Ein Aus in den Semifinals will der Clipper Nation jedenfalls nicht mehr sehen.