Offseason Recap

Als man letztes Jahr am ersten Spieltag die Tampa Bay Buccaneers mit Pauken und Trompeten 42-14 vom Platz schoss, erhofften sich viele Fans endlich wieder eine gute Saison ihrer Titans. Am Ende der Saison stand man bei einer katastrophalen Bilanz von 3-13. Um nicht wieder eine ähnliche Enttäuschung zu erleben, drehten die Titans in der Offseason einige Steine um. Beginnen wir beim Quarterback, dem letztjährigen second-overall pick Marcus Mariota. Der junge Spielmacher hatte Höhen und Tiefen in seiner ersten Profi-Saison. Auf brillante Spiele (Buccaneers, Saints, Jaguars) folgten sehr dürftige Partien (Dolphins, Raiders, Jets). Besorgniserregend war außerdem die Tatsache, dass Mariota insgesamt vier Spiele aufgrund von Verletzungen verpasste. Um dies künftig zu verhindern, legte Mariota in der Offseason einige Pfund zu (steht jetzt bei 222 Pfund) und man versuchte die Offense Line im Draft und der Free Agency aufzubessern.

Dazu tradete man erst den ersten Pick des Drafts mit den Los Angeles Rams (für eine Masse an Draftpicks) und ging dann wieder von 15 auf 8 hoch, um Tackle Jack Conklin von Michigan State zu holen. Conklin wird wohl auf Right Tackle starten und sollte ein massives Upgrade zu Byron Bell darstellen, der letztes Jahr oftmals horrende Spiele ablieferte. Zuvor hatte man sich in der Free Agency schon die Dienste des Centers Ben Jones (ehemals Texans) gesichert. Jones ist kein Star, spielt aber grundsolide.

Als neue Wide Receiver verpflichtete man Rishard Matthews von den Dolphins und holte mit Tajae Sharpe einen interessanten Spieler in der fünften Runde des Drafts.

Äußerst interessant wird die Running Back Position. Hier kam DeMarco Murray für einen Viertrunden-Pick von den Eagles und man zog zudem Alabamas Abrissbirne Derrick Henry in der zweiten Runde des Drafts.

Für die Defense holte man in der zweiten Runde den Edge Rusher Kevin Dodd von Clemson und Nose Tackle Austin Johnson von Penn State. Außerdem verpflichtete man Linebacker Sean Spence und Cornerback Antwon Blake von den Steelers. Generell wollte man die schwache Secondary verbessern und holte außerdem noch Cornerback Brice McCain von den Dolphins und die Safeties Kevin Byard (dritte Runde) und Rashad Johnson (von den Cardinals).

Coaching Staff - Mike, Dick and Terry

Der Headcoach in Tennessee ist Mike Mularkey, nachdem er am 16. Januar vom Interimscoach (er übernahm während der Saison für Ken Whisenhunt) zum tatsächlichen Head Coach befördert wurde. Mularkey war hauptsächlich als Tight End Coach und Offensive Coordinator bei zahlreichen Teams unterwegs, bevor er seinen ersten Head Coach Job im Jahr 2004 bei den Buffalo Bills übernahm. Im ersten Jahr schaffte er mit seinem Team eine (zugegeben glückliche) 9-7 Bilanz, indem viele knappe Spiele gewonnen wurden. Allerdings folgte 2005 der Absturz und Mularkey warf nach einer 5-11 Saison wegen Differenzen mit der Klubführung das Handtuch. Danach war er wieder als Tight End Coach bzw. Offense Coordinator unterwegs. Seine zweite Chance als Headcoach bot sich 2012, als er die Jacksonville Jaguars übernahm. Nach einer grauenvollen 2-14 Saison wurde er allerdings gleich wieder entlassen. Danach coachte er die Tight Ends der Titans und sprang, wie oben beschrieben, als Interimstrainer während der letzten Saison ein. Es lässt sich festhalten, dass er bisher mit einer 18-39 Bilanz als Head Coach noch nicht überzeugen konnte.

Die defensive Seite des Balls coacht seit letztem Jahr Legende Dick LeBeau. Vor allem bekannt durch die Erfindung des zone blitzes und seiner atemberaubenden Steelers-Defense im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends, will LeBeau immer maximale Verwirrung beim Gegner stiften und ist für sein sehr kompliziertes Playbook bekannt. In den letzten Jahren kamen allerdings immer mehr Zweifel auf, ob die Philosophie des Defense-Gurus noch zur heutigen NFL passt. Kaum ein Rookie sieht wegen der Komplexität des Playbooks viel Spielzeit und sein Spielstil ist sehr anfällig gegenüber schnell geworfenen kurzen Pässen (siehe Pittsburghs Anfälligkeit gegen New Englands Spielstil). Dies war mitunter auch der Grund, weshalb LeBeau von den Steelers zwangsretired wurde. Da er sich aber immer noch fit fühlt, coacht der bald 79-jährige nun bei den Titans.

Der dritte im Bunde ist Offense Coordinator Terry Robiskie. Er kam dieses Jahr von den Falcons, wo er die Wide Receiver trainierte. Der 61-jährige ist überhaupt ein Mann, der ligaweit als guter Wide Receiver Coach geachtet wird (entwickelte unter anderem Julio Jones und Roddie White), aber als Offense Coordinator noch nicht glänzen konnte. Bei seinen bisherigen Stationen (Raiders, Browns) sprangen folgende Endplatzierungen der Offenses raus (nach net-yardage): #19, #19, #23, #23, #28

Offense - Mariota und das Donnerduo

Marcus Mariota spielte wie schon erwähnt eine solide Rookie-Saison mit Höhen und Tiefen, die er mit der Bilanz von 2818 Yards, 19 Touchdowns, 10 Interceptions und 252 Rushing Yards abschloss. Von ihm ist aber definitiv ein Leistungssprung zu erwarten, da viele NFL Spieler von ihrer Rookie Saison zu ihrer zweiten Spielzeit hin große Fortschritte zeigen.

Helfen dürfte ihm auch die runderneuerte Offense Line. Denn der Conklin Pick hat noch einen weiteren positiven Nebeneffekt: Jeremiah Poutasi kann die Position wechseln. Der letztjährige Drittrundenpick wird wohl auf Guard umschulen und dürfte sich dort wohler fühlen als auf der Tackle Position, wo er letztes Jahr einige Probleme hatte. Dazu noch der sehr überzeugende junge Left Tackle Taylor Lewan und der solide Ben Jones als Center und man ist hier deutlich besser aufgestellt als letztes Jahr. Einzig Guard Chance Warmack ist ein deutlich erkennbarer Schwachpunkt. Der ehemalige Erstrundenpick spielte bisher unter seinen Möglichkeiten.

Ein kleineres Fragezeichen steht hinter dem Receiving Corps der Titans. Dorial Green-Beckham zeigte gute Ansätze (549 Yards, 4 Touchdowns und 17,2 Yards/Catch), wird aber einen großen Sprung im zweiten Jahr hinlegen müssen, denn dahinter wird es mau. Mariotas Lieblings-Anspielstation, Tight End Delanie Walker, spielte zwar wieder eine klasse Saison (94 Receptions, 1088 Yards, 6 Touchdowns), wird aber mit seinen nun 32 Jahren auch nicht jünger. Bei den Wide Receivern setzt man hinter Green-Beckham auf Kendall Wright, der Berichten zufolge in der Offseason sehr hart an sich gearbeitet hat und Justin Hunter, der bis jetzt auch noch nicht überzeugen konnte. Außerdem sollen die Neuzugänge Matthews und Sharp für Kadertiefe sorgen. Falls die beiden schnell gut mit Mariota funktionieren (was im Fall von Sharp so zu sein scheint, nach Trainingscamp Berichten), wäre dies eine sehr große Hilfe für die Titans Offense. Man hat zuletzt zwar noch Altstar Andre Johnson geholt, doch der mittlerweile 35-jährige spielte zuletzt sehr schwach und es wird sich zeigen, ob er überhaupt in den finalen Kader schafft.

Verlassen kann sich der junge Quarterback dieses Jahr aber auf gute Running Back Unterstützung. Mit Murray und Henry stellt man eines der physischsten und imposantesten Duos der Liga. Die beiden sollen nach Aussagen aus Nashville ein thunder & thunder-Duo bilden. Interessant zu sehen sein wird, wie man die Snaps zwischen Murray und Henry aufteilt.

Defense - Attack on Titan(s)

Kommen wir nun zur Defense. Hier war man schlicht und ergreifend desaströs im Vorjahr. Die Titans haben letzte Saison im Schnitt 26,4 Punkte im Spiel erlaubt (#27 in der Liga) und hatten zwischendurch einen Lauf von fünf Spielen in Folge, in denen sie mehr als 30 Punkte zuließen. Man holte deswegen eine Reihe von Spielern (vor allem in der Secondary), hinter denen aber einige Fragezeichen stehen.

Die Front Seven war letztes Jahr nicht das große Problem. Man übte ordentlich Druck auf die gegnerischen QBs aus (39 Sacks, #12 der NFL) und ließ nur 3,9 Yards pro Laufversuch zu (#7 der NFL). Dazu dürften die Titans mit EDGE Kevin Dodd, NT Austin Johnson und dem wiedergenesenen Derrick Morgan, welcher die letzten drei Monate der letzten Saison mit Verletzung spielte, noch besser aufgestellt sein als letztes Jahr. Neben diesen Spielern hat man ja noch LB Brian Orakpo, LB Wesley Woodyard, den starken DT Jurrell Casey und DE DaQuan Jones. Skeptisch kann man lediglich bei der Position des Linebackers neben Woodyard sein, denn Avery Williamson ist keine überzeugende Alternative und Neuzugang Sean Spence konnte bei den Steelers bisher auch noch nicht zeigen, dass er ein guter und verlässlicher Starter ist.

Das Hauptproblem der letzten Saison war ein anderes - die Secondary. Man ließ pro Passspielzug im Schnitt 7,9 Yards zu - der viertschlechteste Wert der ganzen NFL - und gegnerische Quarterbacks erreichten im Durchschnitt ein QB-Rating von 101,3. Nur zwei andere Teams ließen durchschnittlich ein noch höheres Rating des gegnerischen Spielmachers zu. Diese Saison finden sich viele neue Gesichter auf Cornerback und Safety. Allerdings lässt keiner der Neuzugänge die Skepsis wirklich weniger werden.

Beginnen wir zuerst bei den Safeties. Der einzige nachgewiesene gute NFL Starter ist Safety DaNorris Searcy, nach ihm beginnen allerdings schon die Sorgen. Michael Griffin, der eine mehr als unterdurchschnittliche Saison spielte, ist nicht mehr im Team und als Ersatz wurde Rashad Johnson aus Arizona geholt. Johnson spielte eine ordentliche Saison, ist aber immer wieder anfällig für big plays. Ein weiterer Neuzugang auf Safety ist Drittrundenpick und Lokalmatador Kevin Byard. Ob er schon in seiner Rookie-Saison groß helfen kann wird sich zeigen, da Byard von einem kleinen College (Middle Tennessee) kommt und sich Secondary Spieler als Rookies traditionell schwer tun.

Bei den Cornerbacks wird es schnell sehr düster. Jason McCourty verpasste fast die ganze Vorsaison aufgrund einer Leistenverletzung und war auch vorher nicht als Shutdown-Corner bekannt. Trotzdem hat man bei ihm noch die wenigsten Bedenken. Sein Pendant dürfte Perrish Cox sein, der schon von vier Teams entlassen wurde und letzte Saison vor allem durch eine Masse an missed tackles (23!) und sieben zugelassenen Touchdowns glänzte. Mit Brice McCain und Antwon Blake hat man zudem zwei sehr fragwürdige Cornerbacks verpflichtet. Insbesondere Blake spielte eine unterirdische Saison für die Steelers (zweitschlechtester CB der NFL nach PFF) und viele Pittsburgh-Fans waren heilfroh, als er einen neuen Arbeitgeber gefunden hatte.

Special Teams - Kicken hui, covern pfui

Zuerst ein Blick auf Kicker und Punter. Hier ist man ordentlich aufgestellt, denn Kicker Ryan Succop verwandelte 14 seiner 16 Versuche und traf außerdem bei 29 der 31 Extrapunkte. Lediglich die langen Field Goals waren problematisch, denn er traf nur einen seiner drei Versuche über 50 Yards. Punter Brett Kern spielte auch sehr solide, zeigte einen starken Fuß (#13 in net yardage per punt) und platzierte viele Punts innerhalb der 20-Yard Line.

Die große Schwachstelle der Special Teams waren die Coverage Units. Hier schafften die Gegner im Schnitt 4,8 Yards mehr bei Punt Returns und 6,6 Yards mehr bei Kickoff Returns.

Players-to-watch

Mit Mariotas Entwicklung steht und fällt die Saison, deswegen ist es nur logisch, dass der QB hier gelistet ist. Außerdem wird es spannend zu sehen sein, ob sich Green-Beckham zu einem Spitzen-WR entwickelt und wie die Snaps zwischen den RBs Murray und Henry aufgeteilt werden.

Auf der defensiven Seite bleibt die Frage, wer CB Nr.2 neben McCourty wird. Kann Brice McCain diese Rolle übernehmen oder ergattert sie Perrish Cox? Außerdem muss Kevin Dodd beweisen, dass er nicht nur ein One-Year-Wonder im College Football war, sondern auch bei den Profis dominieren kann.

Schedule und Prognose

Der Spielplan sieht auf den ersten Blick machbar aus, allerdings gehen viele der vermeintlich einfachen Gegner auf dem Papier ebenfalls stark verbessert in die Saison (Jaguars, Raiders, Colts). Man hat zwar einige sinnvolle Verstärkungen in O-Line und Front Seven investiert, aber der Kader der Titans weist noch teils eklatante Lücken auf (Wide Receiver, Secondary) und auch Mariota muss sich in seiner zweiten Saison steigern, weshalb ich hier letztendlich ein 6-10 prognostiziere.