Mario Götze wechselt also zu den Bayern. Ein Knaller. Vielleicht DER Knallertransfer der Bundesligageschichte. Und Bayern zeigt einmal mehr, wo sie derzeit in Europa stehen: ganz weit oben. An Götze waren so gut wie alle großen Vereine dran, am Ende wurden es die Bayern. Trotz der Dortmunder Erfolge der letzten Jahre, trotz Jürgen Klopp, trotz 'Echter Liebe' - trotz lancierter Angebote von anderen Größen der Branche.

Der FC Bayern hat in der Konstellation Sammer/Guardiola und mit dem aktuellen Kader ein Paket geschnürt, das höchsten Ansprüchen gerecht wird. Währenddessen muss Dortmund in dieser Saison erkennen, wie weit der Weg zur Weltspitze wirklich ist (in welcher sich der BVB auch nicht sieht). Das kraftraubende Spiel lässt sich nicht in drei Wettbewerben durchziehen ohne die nötige Kaderbreite zu haben. Das ist keine Kritik, das ist nur natürlich. Aber Dortmund hat das Potenzial, diesen nächsten Evolutionsschritt zu machen - die Champions League-Saison hat das gezeigt. Doch der Transfer von Götze zeigt auch - wie zuvor schon die Abgänge der Schlüsselspieler Sahin und Kagawa - dass nicht jedes Mitglied der hochtalentierten Truppe bereit ist, die Geduld für diesen Weg mitzubringen.
Man darf gespannt sein, wie ausgeprägt diese Geduld (jetzt) bei den Sportfreunden Lewandowski und Hummels sein wird. Den Abgang eines Schlüsselspielers konnte Dortmund bislang immer gut auffangen; ein Exodus könnte den Genickbruch bedeuten.

Dass die Emotionen im Lager der BVB-Fans jetzt hochkochen ist nur natürlich. Dass das Champions League-Halbfinale gegen Real Madrid vor der Tür steht, macht die Sache nicht besser und vergällt vielen das Auskosten dieses Erfolges. Aber müssen deshalb vollkommen abgedroschene Phrasen hervorgeholt werden? Warum genau soll der Transfer von Götze verwerflicher sein als der von Reus zu Dortmund vor der Saison? Weil Reus ein Dortmunder Jung' ist? Götze kommt aus dem Allgäu und hat als Kind in Bayernbettwäsche geschlafen. Wenn Bayern sich verstärkt, geschieht das für gewöhnlich in anderen Dimensionen als andernorts in Deutschland - aber das hat nichts mit Moral zu tun. Gladbach wäre sicher auch gerne mit Reus in seine erste Europapokalsaison seit langen gegangen. Aber weder Gladbach noch Dortmund, weder Reus noch Götze wurden gezwungen das Geld zu nehmen - und für beide bedeutete ein Wechsel einfach den nächsten logischen Schritt in ihrer Karriere.

Bleibt die Verwunderung über den Zeitpunkt der Bekanntgabe. Das Ablenkungsmanöver mag plausibel erscheinen, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendjemand in München Lust hat, am Tag des großen Spiels gegen Barcelona über Götze zu reden.

Was mich am meisten wundert ist jedoch die Tatsache, dass die Dortmunder Führung so wenig aus der Causa Nuri Sahin gelernt hat. Die Summen sind zwar andere, aber wieder kann ein absoluter Leistungsträger für relativ wenig Geld den Verein verlassen, ohne dass der BVB irgendeine Handhabe hätte. Ich bin mir bewusst, dass Spieler vom Kaliber eines Götze sich für die Zukunft alles offen halten wollen - aber das man aus einem bis 2016 datierten Vertrag knapp ein Jahr nach der Unterschrift für 37 Millionen herauskommt, erscheint mir fahrlässig. Da gäbe es sicher bessere Modelle. Aber gut.

Im Nachhinein bekommt die von Klopp getätigte Aussage, er fürchte eher schottische als spanische Verhältnisse eine ganz neue Note. Eine mit Beigeschmack.